pte20091006040 Unternehmen/Wirtschaft, Handel/Dienstleistungen

Halal-Fleisch: Einzelhändler sehen Umsatzboom

Deutsche Ketten fürchten jedoch Probleme mit Tierschützern


Halal-Lebensmittel auf dem Vormarsch (Foto: pixelio.de, Niko Korte)
Halal-Lebensmittel auf dem Vormarsch (Foto: pixelio.de, Niko Korte)

London (pte040/06.10.2009/13:55) Nach shari'ah-konformen Produkten in der Finanzindustrie springen nun auch immer mehr Lebensmittelriesen auf den Zug mit Artikeln auf, die nach den Regeln des Koran hergestellt werden. Obwohl das Segment trotz oder gerade wegen der Wirtschaftskrise schon in Ländern wie Großbritannien und Frankreich floriert und Mrd.-Umsätze winken, zeigen sich Händler in der Bundesrepublik nach wie vor skeptisch. Zu groß ist die Angst, mit Tierschützern aneinander zu geraten. Eine breite Marktaufstellung ist vor allem für internationale Konzerne wie Nestlé oder Unilever wichtig. Denn die Ernährung im Sinne des Korans spielt für viele Gläubige eine zentrale Rolle im Alltag. Allein in Deutschland leben zwischen 3,8 und 4,3 Mio. Muslime.

"In England ist man in Hinblick auf Halal-Produkte schon weiter als in Frankreich. Vor allem in regional von bestimmten Bevölkerungsschichten dominierten Gebieten kann man damit zu den Saisonhöhepunkten wie dem Ramadan gute Geschäfte machen", so Daniel Lucht, Senior Retail Analyst beim Londoner Analyseunternehmen Verdict Research http://www.verdict.co.uk , im Gespräch mit pressetext. Der Tierschutz sei darüber hinaus auch in den Ländern, wo solche Erzeugnisse bereits etabliert sind, problematisch. Aktuellen Berechnungen zufolge ist der Halal-Markt in Deutschland größer als bisher angenommen. "Halal" auf Arabisch oder "helal" auf Türkisch steht für "das Zulässige, das Erlaubte" und bezieht sich auf die Lebensweise der Muslime.

Einem Spiegel-Bericht nach ist das Wachstum des Marktes vor allem durch die große Anzahl von islamisch erzogenen Kindern bereits vorprogrammiert. Denn heute macht Halal bereits 17 Prozent des globalen Nahrungsmittelumsatzes aus. Angesichts dieser hohen Zahl scheint das Potenzial noch längst nicht ausgeschöpft. 2004 lag der weltweite Umsatz mit islam-konformen Lebensmitteln noch bei 587 Mrd. Dollar. Ersten Berechnungen nach sollen es 2010 schon 641 Mrd. Dollar sein. Allein für Europa sagen Insider im kommenden Jahr einen Umsatz von 67 Mrd. Dollar vorher. Daher bieten in Frankreich die Casino-Supermärkte halal-produzierte Fleisch- und Wurstwaren an. In England sind es unter anderem Tesco, Sainsbury und Boots.

"Trotz der Absatzchancen ist die Diskussion um Halal-Produkte häufig emotional aufgeladen, sodass viele Händler einen Imageschaden fürchten und lieber die Finger davon lassen", erklärt Lucht gegenüber pressetext. Auch bestehe die Gefahr, dass nicht-muslimische Kunden abgeschreckt werden könnten. Die Zurückhaltung der deutschen Händler hat vor allem mit dem Gesetzgeber zu tun. Denn ohne Betäubung zu schlachten, ist verboten. Darin liegt für viele Muslimen jedoch ein Problem. Ein betäubtes Tier gilt bereits als tot. Ein Verzehr wäre in dem Fall ein Verstoß gegen das Aas-Verbot. Um das zu umgehen, importieren viele Händler daher ihr Fleisch aus dem Ausland. Problematisch sind auch viele Koran-Auslegungen bei den in Deutschland lebenden Muslimen. Einheitliche Halal-Standards lassen weiter auf sich warten.

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