Musik-Streaming ärgert Plattenfirmen und Künstler
Deals mit Spotify und Co erfüllen überzogene Erwartungen nicht
Platten: Industrie jagt goldene Vergangenheit (Foto: pixelio.de, A. Müller) |
Berlin (pte003/24.11.2011/06:10) Die Musikindustrie hat sich in der Hoffnung auf gute Geschäfte mit diversen Musik-Streaming-Diensten eingelassen. Jetzt stellt die Branche überrascht fest, dass die Einnahmen bei weitem nicht so hoch sind wie erwartet. Erste Plattenfirmen haben ihre Verträge bereits wieder aufgekündigt. Da die goldenen Zeiten der astronomischen Umsätze mit CDs bald endgültig zu Ende sein werden, ist der Verzicht auf eine zukunftsträchtige Einnahmequelle eine zweifelhafte Entscheidung. "Gerade in Deutschland ist Musik-Streaming noch ein relativ neues Phänomen. Es ist schade, wenn einem neuen Vertriebsmodell keine Anlaufzeit gewährt wird", sagt BITKOM-Experte Mario Rehse http://bitkom.de gegenüber pressetext.
Geprügelter Industriezweig
Die Musikindustrie hat in den vergangenen Jahren einige Rückschläge wegstecken müssen. Die Branche hat lange gebraucht, um zu begreifen, dass ihr altes Geschäftsmodell endgültig passé ist. Nur langsam erschlossen sich die Plattenfirmen neue Einnahmequellen, indem sie Geschäftsbeziehungen mit diversen Download-Portalen eingingen. Vor kurzem hat die Industrie auch Streaming-Dienste ins Herz geschlossen. Die Dienste, die in manchen Märkten schon über enorme Nutzerzahlen verfügen, nutzen allerdings ein Geschäftsmodell, mit dem die Plattenindustrie keine Erfahrung hat.
Nutzer von Streaming-Services zahlen einen Fixbetrag pro Monat, für den sie dann unbegrenzt Musik streamen dürfen. Da die Gebühren recht gering sind, fällt für die Plattenunternehmen und die Künstler, unter denen ein Teil der Einnahmen aufgeteilt werden, weit weniger ab als beim Verkauf von Musik. Deshalb haben einige große Gesellschaften, die mehrere Labels verwalten, den Streaming-Anbietern die Lizenzen wieder entzogen. Auch einzelne Künstler wollen die Zusammenarbeit einstellen. "Got paid 8 pounds for 90.000 plays. Fuck spotify", wettert etwa Musiker Jon Hopkins gegen einen Dienst.
Missverständnisse
Ob Hopkins 90.000 Songs verkauft hätte, wenn er nicht bei Spotify aufscheinen würde, ist zweifelhaft. "Hier werden Äpfel mit Birnen verglichen. Streaming-Dienste sind eher mit Radio zu vergleichen, auch von den Einnahmen her", so Rehse. Auch andere Annahmen der Musikindustrie unterliegen Fehleinschätzungen: Die User von Streaming-Diensten haben, sobald sie nicht mehr bezahlen, keine Musik mehr zur Verfügung. Eigentlich zahlen sie für manche Songs sogar mehrmals, da unabhängig vom Inhalt abgerechnet wird. Die niedrigen Preise von Streaming-Diensten helfen der Musikindustrie sogar, indem sie die Attraktivität illegaler Angebote verringern.
Die niedrigen Preise von Streaming-Diensten helfen der Musikindustrie sogar, indem sie die Attraktivität illegaler Angebote verringern. "Spotify ist attraktiv, konsumentenfreundlich und jedenfalls cooler als die illegale Schnorrerei", sagt Franz Medwenitsch, Geschäftsführer des Verbands der österreichischen Musikwirtschaft http://www.ifpi.at . Streaming-Dienste haben zudem noch ein enormes Wachstumspotenzial. "Mit plus 28 Prozent hat Streaming derzeit das größte Wachstum am österreichischen Musikmarkt, aber wir reden noch von kleinen Umsätzen", so Medwenitsch.
"Es kann nicht der Anspruch an Streaming-Dienste sein, dass alle Künstler allein von der Musik leben können. Das war auch zu Zeiten der CD nicht der Fall", erklärt Rehse. In Deutschland spielt die CD immer noch eine tragende Rolle für die Industrie. Trotzdem darf sich die Industrie neuen Vertriebswegen nicht verschließen. Sonst kann es passieren, dass sie in den Geschäftsmodellen der Zukunft keine Rolle mehr spielt, meinen Experten.
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