"Sanfter" Kaiserschnitt stärkt Mutterbindung
Krankenhaus übernimmt Erkenntnisse der natürlichen Geburt
Wien (pte024/24.04.2009/13:55) Das Wohlbefinden von Mutter und Kind kann bei einer Kaiserschnittgeburt durch schonendes Vorgehen erheblich gesteigert werden. Das betonen Ärzte und Geburtshelfer des Wiener Krankenhauses Rudolfinerhaus http://www.rudolfinerhaus.at , das bei geplanten Kaiserschnitten neue Erkenntnisse aus dem natürlichen Geburtsvorgang integriert. Wichtigstes Prinzip ist dabei die als "Bonding" bezeichnete Praxis, den direkten Kontakt zwischen Mutter und Kind direkt nach der Geburt zu ermöglichen. Dabei werden auch auf medizinische Maßnahmen verzichtet, die nicht unmittelbar notwendig sind. "Man versucht, Kind und Mutter so zu versorgen, dass der Kaiserschnitt der Vaginalgeburt ähnlicher wird", erklärt der Gynokologe Bernhard Bartosch. Liege keine Notwendigkeit für den Kaiserschnitt vor, sei eine natürliche Geburt jedoch grundsätzlich vorzuziehen, so der Frauenmediziner.
Eine der Änderungen bei der "sanften" Vorgangsweise ist das Abkommen von Totalanästhesien zugunsten regionaler Betäubungen per Kreuzstich. "Die Mutter kann die Geburt somit bewusster miterleben und auch selbst mitarbeiten. Stunden vor einem geplanten Eingriff wird meist ein wehenförderndes Mittel verabreicht, und auch während der Operation drückt die Hebamme auf die Gebärmutter, wodurch die Wehe nachgeahmt wird", erklärt die Anästhesistin Elisabeth Spinka. Durch das Abdrehen der OP-Lampe erblickt das Kind die normale Raumbeleuchtung als erstes Licht der Welt, was den Geburtsstress reduziert. Die Hebamme wickelt das Neugeborene in ein warmes Tuch und saugt das Fruchtwasser nur dann ab, falls dies medizinisch notwendig erscheint. Dass eine steril gekleidete Hebamme überhaupt am OP-Tisch anwesend ist und die Mutter begleitet, war bisher bei Kaiserschnitten eher nicht der Fall.
Sobald das Kind geboren ist, überprüft ein Kinderarzt dessen Nabelschnurblut, Muskeltonus, Farbe, Atmung und Bewegung. "Gibt es keine Probleme, kann die Nabelschnur abgeklemmt werden und auspulsieren. Gleich danach kommt das Kind bereits zur Mutter", so Bartosch. Diese zeitlich unmittelbare Nähe zwischen Mutter und Kind sei wichtig, erklärt Claudia Kopriva, Hebamme am Rudolfinerhaus. "Der erste körperliche Kontakt mit seiner Mutter ist ein entscheidender Moment für die Entwicklung des Kindes. Und auch bei der Mutter fördert er die Milchbildung und die Ausschüttung von Endorphinen, die wichtig für Schmerzlinderung und Erholung sind." Anders als bisher könne auch der Vater bei der Operation anwesend sein.
"Grundsätzlich ist eine natürliche Geburt über die Vagina jedoch anzustreben", betont der Neugeborenmediziner Michael Hayde auf pressetext-Anfrage. Bestimmte Vorteile der natürlichen Geburt könne der Kaiserschnitt auch bei sanfter Durchführung nicht erreichen. "Alle Vorgänge, die während der durchschnittlich acht Stunden Wehen geschehen, fehlen dem Kind beim Kaiserschnitt. Dazu zählt etwa das Auspressen des Fruchtwassers aus der Lunge, das bei der natürlichen Geburt der Druck der Mutter erledigt." Weitere Prozesse, die das Kind während der Wehen im Uterus auf die Zeit nach der Geburt vorbereiten, seien die Ausschüttung verschiedener Hormone wie Cortison und Adrenalin. Für die Mutter solle die Entscheidung zum Kaiserschnitt auch aus eigenen gesundheitlichen Gründen nicht leichtfertig getroffen werden, wenn mit keinen Komplikationen bei einer natürlichen Geburt zu rechnen ist. "Jeder Kaiserschnitt ist eine schwere Körperverletzung, die nur aufgrund des höheren Werts des Lebens des Säuglings ungeahndet bleibt", so Hayde.
27 Prozent der Geburten werden in Österreich derzeit per Kaiserschnitt durchgeführt, großteils aus medizinischen Gründen. "Ärzte sind immer weniger bereit, bei Risiken eine Spontangeburt durchzuführen", erklärt Bartosch. Erst jede zwanzigste Kaiserschnitt-Gebärende verlangt laut offiziellen Daten den Eingriff ohne medizinische Indikation, doch dieser Anteil steigt. Ein Grund dafür sei seine geänderte Akzeptanz der Geburtsmethode in der Gesellschaft. "Früher wurden von den Ärzten medizinische Gründe oft frei erfunden, um einen Wunschkaiserschnitt zu rechtfertigen. Wenigstens wird nun mit offenen Karten gespielt", so Hayde. Bartosch sieht diese Entwicklung als Preis der fortschreitenden Entwicklung. "Die Mütter- und Kindersterblichkeit bei komplizierten Fällen konnte durch die Verbesserungen der Medizintechnik entscheidend gesenkt werden. Wenn heute ein Kaiserschnitt durchgeführt wird, so soll dieser jedoch nicht auf Kosten des Kindes geschehen. Daher sind sanfte Methoden zu bevorzugen", so der Wiener Frauenmediziner.
Fotos zur Veranstaltung stehen unter http://fotodienst.at/browse.mc?album_id=2722&start=1 zum Download bereit.
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