pte20101109001 Umwelt/Energie, Forschung/Entwicklung

Stadt in Südafrika zahlt fürs Pinkeln

Urinsammlung aus Gründen der Hygiene und Ökologie


Urinkanister: Sammelbehälter für das flüssige Gold (Foto: Flickr Creative Commons)
Urinkanister: Sammelbehälter für das flüssige Gold (Foto: Flickr Creative Commons)

Durban/Dübendorf (pte001/09.11.2010/06:05) Urin ist in der südafrikanischen Stadt Durban künftig Bares wert. Die Stadt kauft seinen Bürgern die gelbe Flüssigkeit ab - um etwa drei Euro pro 20-Liter-Kanister, auf den es eine Familie in rund einer Woche schafft. Die Behörden wollen die Bewohner dadurch zur Verwendung wasserloser Toiletten ermutigen, die Hygiene verbessern und auch Substanzen wie Stickstoff, Phosphor und Kalium gewinnen, die wiederum Grundstoffe für Dünger darstellen. Das Know-how des Versuchsprojekts, das von der Bill and Melinda Gates-Stiftung gefördert wird, kommt vom Schweizer Wasserforschungs-Institut EAWAG http://www.eawag.ch .

Klo-Revolution in Akzeptanznöten

Herzstücke der Idee sind wasserlose Kloanlagen, die flüssige und feste Bestandteile der menschlichen Ausscheidungen trennen. Urin gelangt in einen eigenen Tank, der Rest wird bei dieser Trockenvariante der "NoMix"-Technologie mit einer Schicht Sand bedeckt. Die Umsetzung gelingt bisher am besten in ländlichen Gebieten, etwa in Nepal (pressetext berichtete: http://pressetext.com/news/081128004/ ), wo Bauern Urin und Fäkalien gut selbst als Dünger weiterverwenden können.

Im urbanen Raum sind die Hindernisse der Umsetzung ungleich größer. Mehrere Städte Südafrikas versorgen ihre Bewohner mit Trockentoiletten-Häuschen, da viele Menschen - besonders in ehemaligen Townships - noch keine Sanitäranlagen besitzen und öfters schon die Cholera drohte. Die Maßnahme erspart zwar die Errichtung eines kompletten Sanitärsystems und hält den Verbrauch der knappen Ressource Wasser niedrig, doch der Anklang war bislang schlecht. Viele Bewohner bauten die Klos ab und verwendeten die Materialien zur Ausbesserung des eigenen Hauses. Andere errichten Senkgruben, sobald sie es sich leisten können.

Kostbarer Saft

Südafrikas zweitgrößte Stadt Durban steht allerdings weiter hinter dem Konzept. Von den 90.000 Trockentoiletten, die es bisher zur Verfügung gestellt hat, werden nun im Versuch 500 mit einem 20-Liter-Kanister zur Urinsammlung ausgestattet. Städtische Mitarbeiter kommen einmal pro Woche vorbei und bezahlen umgerechnet drei Euro pro Behälterfüllung. Das ist nicht wenig in einem Land, in dem 43 Prozent der Bevölkerung mit weniger als zwei Dollar pro Tag auskommen müssen. Die Stadt Durban erhofft dadurch ein Umdenken zu erreichen.

Derzeit beginnt zu diesem Zweck ein Forschungsprojekt. Vier Jahre lang sollen die besten Formen der Gewinnung, Logistik, des Recycling und des Verkaufs von Dünger aus Urin erhoben werden. "Ziel ist es schlussendlich, ein günstiges, wirksames und breit akzeptiertes Sanitärsystem zu etablieren, das anderen Ländern zum Vorbild werden kann", erklärt EAWAG-Projektleiter Kai Udert gegenüber pressetext. Ein WC-System nach europäischen Muster sei vielerorts aufgrund von Wassermangel nicht möglich, doch auch Senkgruben bringen viele Probleme. "Fäkalschlämme gefährden bei unzureichender Entsorgung das Trinkwasser, die Gewässerökologie und die Gesundheit. Es braucht deshalb alternative Ansätze", so der Experte.

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