pte20101201020 in Leben

Migrantenkinder sind extrem lernfreudig

Bildungsforscher: "System Schule verhindert Umsetzung in Leistung"


Schülerin: Schulbegeisterung von Einwanderern führt nicht zu guten Noten (Foto: pixelio.de/Schütz)
Schülerin: Schulbegeisterung von Einwanderern führt nicht zu guten Noten (Foto: pixelio.de/Schütz)

Jena (pte020/01.12.2010/13:58) Entgegen gängiger Auffassungen sind Kinder aus Familien mit Migrationshintergrund hoch lernmotiviert und haben tendenziell eine überaus positive Einstellung zur Schule. Es gelingt der Schule jedoch nicht, dieses Kapital in entsprechende Leistungen umzumünzen. Zu diesem Schluss kommt der Bildungsforscher Carsten Rohlfs von der Universität Jena http://www.uni-jena.de . "Das System Schule ist mit schuldig am ausbleibenden Bildungserfolg dieser Schülergruppe - neben anderen Faktoren wie etwa die Sprache", so der Wissenschaftler gegenüber pressetext.

Glaube an den Aufstieg

Rohlfs untersuchte 1.700 Schüler der siebten bis neunten Schulstufe aus Schulen, die zu sozialen Brennpunkten zählen. Jeder zweite davon stammte aus einer Familie mit Migrationshintergrund. "Es überraschte uns, wie positiv die Schule bewertet wurde", betont der Experte. Ein guter Abschluss war den meisten Befragten sehr wichtig, ähnlich wurden auch Leistung und Erfolg beurteilt.

Während die einheimischen Schülern jedoch vorwiegend pragmatisch orientiert waren, wobei das Wissen um die Bedeutung der Bildung den Lernspaß minderte, zeigten Migrantenkinder die im Vergleich höchste Lernmotivation. "Besonders Familien mit Migrationshintergrund erkennen die Bildung als Schlüssel zum Aufstieg und besseren Leben." Bei einheimischen Schülern war eher Resignation zu spüren, was Rohlfs damit begründet, dass sich derartige Einstellungen in sozialen Milieus oft über Generationen festfahren.

Schule bremst aus

Diese Ergebnisse spiegeln sich allerdings nicht in den schulischen Leistungen wieder. Viele der hoch Motivierten kommen mit schlechteren Noten nach Hause, was Rohlfs neben Sprachschwierigkeiten auf unbewusste Diskriminierung durch die Schule oder das Schulsystem zurückführt. "Schüler mit Migrationshintergrund werden oft ohne Eigenverschulden in ihrer Leistungsbereitschaft und Lernfreude ausgebremst. Sie bekommen etwa seltener Empfehlungen für höhere Schulen, da Lehrer befürchten, dass sich die Eltern im Notfall keine Nachhilfestunden leisten können."

Die Schule selektiert zu früh, so das Resümee des Forschers. Förderlich für den Erhalt der Motivation sei es, stärker auf die Einbindung aller Schüler in die Klasse zu achten und dabei einen Schwerpunkt auf das soziale Wohlbefinden zu legen. "Schüler müssen sich kompetent erleben, damit sie um das eigene Können wissen", fordert der Experte.

(Ende)
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