pte20110727003 Technologie/Digitalisierung, Kultur/Lifestyle

Smartphones machen süchtig

Ständige Kontrolle nach Neuem wird zur Gewohnheit


Smartphone: Echtzeit-Infos sorgen für Dauer-Stimuli (Foto: FlickrCC/Lululemon)
Smartphone: Echtzeit-Infos sorgen für Dauer-Stimuli (Foto: FlickrCC/Lululemon)

Helsinki (pte003/27.07.2011/06:05) Das Smartphone öffnet dank Webzugang neue Welten - und lässt den Nutzern oft Gewohnheiten aneignen, die ihnen selbst nicht immer lieb sind. Das ständige Kontrollieren neuer Inhalte auf Social Networks und Nachrichtenkanälen hat Suchtcharakter, berichten finnische und US-amerikanische Forscher im "Journal Personal and Ubiquitous Computing". Was mit Langeweile beginnt, könne im Extremfall dazu führen, dass Menschen ihren Bezug zur Umgebung verlieren.

Erregung gesucht

Die Experten der Intel-Forschungslabors sowie vom Helsinki Institute für Informationstechnologie HIIT http://www.hiit.fi überwachten die Handy- und Computernutzung von 300 Versuchspersonen. Deutlich zeigten sich so genannte "Checking Habits" sichtbar: E-Mails, Facebook und Nachrichten werden am Handy abgerufen - teils mehrmals pro Stunde und oft im gesamten Zeitraum vom Aufwachen bis zum Bettgehen. Ein Check dauert meist kürzer als 30 Sekunden: Tastensperre aufheben, Programm starten.

Bei manchen Nutzern beschränkt sich der Smartphone-Gebrauch fast völlig auf dieses kurze Überprüfen, so die Forscher. Wie die begleitende Befragung zeigte, geschieht dies meist zu bestimmten Zeitpunkten, allen voran bei Langeweile oder während der Fahrt in öffentlichen Verkehrsmitteln. "User suchen nach Stimuli, die sie erregen. Das lenkt sie jedoch auch systematisch von wichtigeren Vorgängen der unmittelbaren Umgebung ab", so Studienautor Antti Oulasvirta. So können Handys etwa für Fußgänger zur Falle werden (pressetext berichtete: http://pressetext.com/news/20110318020 ).

Trend spitzt sich weiter zu

Trotz der häufigen Nutzung werten die Teilnehmern ihr Verhalten selbst nicht als Abhängigkeit, stoßen sich jedoch durchaus daran und bezeichnen ihren Gebrauch als "übermäßig". Eindeutige Suchttendenzen am Handy stellte hingegen unlängst eine US-Studie fest. Entzug und Symptome wie Unruhe und Stress sind bei Jugendlichen, denen man die Geräte wegnimmt, keine Seltenheit und teils fällt es ihnen schwer, sich ohne Handy zu unterhalten (pressetext berichtete: http://pressetext.com/news/20110324004 ).

Die Kontrollblick zum Touchscreen in der Tasche wird künftig noch zunehmen, prophezeien die finnischen Forscher. In einem weiteren Experiment zeigen sie, dass Nutzer ihr Smartphone noch öfter zücken, wenn etwa das Adressbuch mit Echtzeit-Informationen über Aufenthaltsort oder Tätigkeiten der Kontakte aufgemotzt werden. "Smartphones liefern dem Nutzer immer mehr informelle Belohnungen, die sich leicht zu Gewohnheiten entwickeln können", so die Wissenschaftler.

Originalartikel unter http://www.springerlink.com/content/r680hv602p5xv2h4/

(Ende)
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