pte20110913022 Technologie/Digitalisierung, Forschung/Entwicklung

60 Prozent halten Software für menschlich

Cleverbot täuscht im Gespräch Intelligenz vor


Avatar: Das Online-Gesicht von Cleverbot (Foto: existor.com)
Avatar: Das Online-Gesicht von Cleverbot (Foto: existor.com)

Guwahati (pte022/13.09.2011/13:55) Bei einem Test im Rahmen des Techniche-Festivals im indischen Guwahati hat die Konversationssoftware Cleverbot die Mehrheit der Anwesenden davon überzeugt, dass sie ein Mensch ist. Damit hat sie das beste Resultat beim sogenannten Turing-Test erreicht, das je eine Maschine für sich verbuchen konnte. "Ein Zeichen von Intelligenz ist das nicht. Hier handelt es sich um eine Simulation von Intelligenz", sagt Ernst Buchberger vom Institut für künstliche Intelligenz der medizinischen Universität Wien http://www.ai.meduniwien.ac.at im Gespräch mit pressetext.

Gute Konversation

Informatiker Alan Turing hat den Test in den 50er-Jahren vorgeschlagen, um Intelligenz bei Maschinen nachzuweisen. Bei der in Indien verwendeten Variante wurden 30 Freiwillige ausgewählt, die sich jeweils vier Minuten lang per Texteingabe mit einem unbekannten Gesprächspartner unterhalten haben. Dabei sprach die eine Hälfte mit Menschen und die andere mit Maschinen. Die Unterhaltungen wurden auf eine große Leinwand projiziert, damit auch das Publikum zusehen konnte. Anschließend haben sowohl die 30 Probanden als auch die 1.304 Zuschauer über den Grad der "Menschlichkeit" der gegebenen Antworten abgestimmt. Cleverbot erreichte einen Wert von 59,3 Prozent. Die menschlichen Gesprächspartner erreichten mit 63,3 Prozent nur einen geringfügig höheren Wert.

"Man muss sich solche Ergebnisse immer genau anschauen. Einschränkungen, wie zum Beispiel eine begrenzten Themenwahl, verzerren das Ergebnis. Außerdem kommt es auch auf die Fachkundigkeit der Probanden an. Fragen wie "Wie geht es dir?" sind recht einfach zu verarbeiten. Trotzdem ist dieses Ergebnis eine gute Leistung", sagt Buchberger. Der Cleverbot-Erfinder Rollo Carpenter will sich nicht festlegen, ob die Software mit diesem Ergebnis als erste Maschine den Turing-Test bestanden hat. "Das sollte eher die Welt entscheiden, als ich allein - aber Cleverbot hat diesen speziellen Test entweder bestanden oder war zumindest sehr nahe dran", wird er zitiert.

Große Datenbanken

Cleverbot durchsucht bei jeder Frage, die gestellt wird, riesige Datenbanken nach der am besten passenden Antwort. "Über große Datenbanken kann man Wissen simulieren. Wissensfragen sind für Software also relativ einfach zu beantworten. Mit Metafragen sind solche Programme aber überfordert", sagt Buchberger. Als Maß für Intelligenz kann ein Turing-Test also nicht dienen. Trotzdem sind solche Versuche nicht sinnlos. "Die Publizität durch solche Versuche lenkt die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit auf die Forschung zur Sprachverarbeitung. Das kommt auch Gebieten wie der maschinellen Übersetzung und anderen Bereichen zugute", so Buchberger.

Die Forschung auf diesem Gebiet hat in den vergangenen Jahren jedenfalls große Fortschritte gemacht. Ob Maschinen jemals ohne Einschränkungen menschliche Gespräche führen können, ist laut Buchberger ungewiss. Vom aktuellen Stand der Forschung kann man sich unter http://www.cleverbot.com überzeugen. Allerdings ist die Online-Version um einige Größenordnungen schwächer als die Variante, die den Erfolg in Indien verbuchen konnte.

(Ende)
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