pte20110924003 Technologie/Digitalisierung, Produkte/Innovationen

Windows 8 kann noch nicht überzeugen

Developer Preview im pressetext-Test


Wien (pte003/24.09.2011/06:00) Vor einer Woche veröffentlichte Microsoft auf der BUILD http://buildwindows.com eine frühe Version von Windows 8, die sich primär an Entwickler richtet. pressetext hat einen ersten Blick aus Consumer-Perspektive auf das neue Betriebssystem geworfen. Trotz einiger Fortschritte kann Windows 8 noch nicht überzeugen - nicht zuletzt dank der halbgaren Einbindung der Metro-Oberfläche.

Flotte Installation

Das Aufsetzen der Windows-Vorschau ist schnell erledigt, 16 Minuten nach dem Start von der DVD bootete der Testrechner erstmals ins neue Betriebssystem. Die weitere Grundkonfiguration dauert nur wenige Momente und konfrontiert den Benutzer erstmals mit dem grafischen Stil der neuen Metro-Oberfläche.

Auch die geplante, tiefe Integration in den Microsoft-eigenen LIVE-Dienst wird ersichtlich. Gibt man bei der Einrichtung die Logindaten seines Accounts ein, so ruft Windows diverse Einstellungen und Dienste von diesem Konto ab. Dazu wird das gleiche Passwort auch zum Anmelden am Betriebssystem verwendet. Windows 8 erkannte fast alle Hardwarekomponenten des Test-Laptops auf Anhieb, die Einwahl ins W-LAN funktionierte problemlos.

Hohe Kompatibilität

Ein erster Ausflug ins Internet war nur via Internet Explorer möglich, über eine Browser-Auswahl - wie sie für Vista und Win7 nachgereicht werden musste - verfügt die Developer Preview noch nicht.

Windows 8 liefert das .NET-Framework in Version 4 mit, die nicht abwärtskompatibel ist. Ältere Ausgaben lassen sich nur über Windows Update nachliefern. Dabei - und ohne entsprechender Notiz - wurde auch ein Treiberpaket für die Grafikkarte heruntergeladen, was sich erst durch den plötzlichen Wechsel der Bildschirmauflösung bemerkbar machte.

Grundsätzlich laufen Programme, die auf Windows 7 funktionieren, auch am Nachfolgesystem. Sowohl der Bildbetrachter IrfanView, die Spiele OpenTTD und AlienArena 2011, der VLC-Player, Skype, Firefox und das LibreOffice-Paket arbeiteten absturzfrei. Nur vereinzelt müssen Plugins und Runtimes manuell nachinstalliert werden.

Die Ausnahme bildet Sicherheitssoftware. Zwei Virenscannern wurde aus Kompatibilitätsgründen die Installation verweigert. Deren Aufgabe übernahm der Windows Defender. In puncto Performance hat Win8 noch aufzuholen, besonders bei der Wiedergabe von HD-Videocontent via VLC und YouTube waren deutliche Ruckler zu bemerken - angesichts der frühen Version ist das wenig überraschend.

Mausfeindliches Metro

Der User startet nicht mehr am Desktop, sondern im Metro-Menü. Hier findet sich eine Reihe vorinstallierter Applikationen, von denen ein Teil bereits Gebrauch der interaktiven Kacheln macht, die die traditionellen Icons ersetzen. Der mitgelieferte RSS-Reader zeigt in seinem orangen Bildblock neue Nachrichten an, das Wetter-Tool informiert über die aktuelle Lage. Weitere vorinstallierte Programme umfassen Spiele, den Podcast-Player mopod oder das Zeichenprogramm Paint Play.

Applikationen, die noch nicht an das Metro-System angepasst sind, werden automatisch mit kleinen, statischen Kacheln repräsentiert. Dabei wirft Windows wahllos jede Verknüpfung in die Auswahl, die bei Win7 noch im herkömmlichen Startmenü landet, auch Setup- oder Deinstallationsroutinen. Hier muss im Nachhinein mühselig aussortiert werden.

Die Kacheln in Metro sind per Drag-and-Drop verschiebbar, werden aber automatisch geblockt und stets nebeneinander angeordnet. Das macht Aufräumarbeiten komplizierter als sie sein müssten und verhindert eine völlig freie Anordnung de facto. Das Design ist zudem klar auf Touch-Bedienung ausgerichtet und erweist sich als ungeeignet für die Nutzung per Maus.

Konfuses Konzept

Überhaupt ist die Einbindung der neuen Oberfläche nach aktuellem Stand misslungen. Denn: Einerseits läuft sie als völlig eigenständiges Menüsystem, andererseits schickt sie den Benutzer oft zurück auf den klassischen Desktop - etwa wenn es um diverse Einstellungen der Systemsteuerung geht. Die gewohnte Umgebung hingegen wurde seines Programme-Menüs beraubt. Der neugestaltete Start-Button führt schnurstracks ins Metro-Frontend.

Während sonst am Desktop alles beim Alten geblieben ist, führt Metro auch andere Tastenfunktionalitäten und Unarten ein. So sind die mitgelieferten Metro-Apps nicht vollständig schließbar und reagieren auch nicht auf die Escape-Taste. Der User muss stattdessen über den Windows-Knopf zurück ins Hauptmenü navigieren. Das System suspendiert inaktive Programmprozesse. Dies gibt Prozessorleistung frei, die Anwendungen zwacken aber weiterhin Arbeitsspeicher ab. Endgültige Abhilfe schafft erst der Taskmanager, der deutlich an Informations- und Funktionsumfang zugelegt hat.

Insgesamt präsentiert sich das seltsame Nebeneinander von Desktop- und Metro-Interface als sehr unausgegorene und verwirrende Lösung. Von den interaktiven Kacheln abgesehen bringt der neue Menüstil auf berührungsunempfindlichen Displays keine erkennbaren Vorteile mit sich. Hier wäre eine vollständige Trennung der Bedienkonzepte unter Beibehaltung von Programmkompatibilität wohl eine deutlich sinnvollere Lösung als die Erschaffung eines Hybriden, der auf beiden Seiten enttäuscht.

Fazit

In technischer Hinsicht ist das neue Windows schon relativ weit gediegen. Dass hier und da eine Anwendung nicht auf den ersten Klick starten will, kommt vor, ist aber in Entwicklerversionen keine Seltenheit. Die hohe Kompatibilität zum Vorgängersystem gefällt und erleichtert den Umstieg. Das mitgelieferte Softwarepaket bietet rudimentäre Funktionalität und dient nur zur Demonstration der Möglichkeiten der Metro-Oberfläche.

Es wird interessant zu sehen, was Microsoft aus dem Menükonzept macht. Die offensichtlichste Neuerung des Betriebssystems ist derzeit auch der größte Schwachpunkt und hinterlässt den Nutzer mit dem Gefühl, sich zwischen zwei Welten nicht mehr zurechtfinden zu können.

Letztlich wird dies auch über Erfolg oder Misserfolg entscheiden, weil Microsoft auf einen radikalen Schritt verzichtet und stark auf Altbewährtes setzt. Die Windows 8 Developer Preview hinterlässt einen mauen Gesamteindruck und offenbart noch viel Entwicklungspotenzial.

Angaben zum Test

System: Intel Core 2 Duo P8400 / 2x2,2 GhZ, 4 GB DDR2-RAM, GeForce 9800M GTS / 1024 MB
OS: Windows 8 Developer Preview (x64)
Der Windows App Store steht in der Developer Preview nicht zur Verfügung

(Ende)
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