Diabetes, Krebs und Co bremsen die Wirtschaft
Experte: Prävention auch Aufgabe der Sozial- und Wirtschaftspolitik
Insulinspritze: Reiche und arme Welt chronisch krank (Foto: Flickr/Brown) |
Bad Hofgastein (pte021/06.10.2011/13:55) Zivilisationskrankheiten wie Diabetes, Herz-Kreislauferkrankungen oder Krebs sind in Europa mit 86 die mit Abstand häufigste Todesursache. Längst stellen sie damit nicht nur ein Problem der Gesundheitspolitik dar. Die indirekten Kosten, die sie etwa durch Verdienstausfall verursachen, sind um ein Vielfaches höher als jene der Behandlung, berichtet Weltbank-Berater Armin Fidler im pressetext-Interview am European Health Forum Gastein http://www.ehfg.org . Als Gegenmaßnahme fordert der Experte Prävention, die auch Politikbereiche jenseits der Gesundheit einschließt.
Enormer Schaden
Die so genannten "nicht übertragbaren Krankheiten" haben unser Weltbild verändert, wurde im Vormonat beim UNO-Gipfel deutlich. "Lange Zeit herrschte die Laienmeinung, dass die Last armer Länder die infektiösen und jene der Reichen die chronischen Erkrankungen sind. Das ist vorbei. Chronische Krankheiten sind in Schwellenländer wegen der steigenden Lebenserwartung als zusätzliche Bürde auf dem Vormarsch", fasst Fidler zusammen. Da vielen Betroffenen die soziale Absicherung fehlt und medizinische Leistungen privat gekauft werden, lässt etwa eine Krebserkrankung Mittelstands-Familien oft wieder verarmen.
Doch auch auf Makroebene verursachen die chronischen Krankheiten enorme Schäden, legt der Weltbank-Experte dar. Nimmt ihre Häufigkeit um zehn Prozent zu, verringert dies das Wirtschaftswachstum um 0,5 Prozent, zeigen Daten. Viel teurer als die Behandlung sind dabei die indirekten Kosten: In den USA kosten die sieben größten nicht übertragbaren Krankheiten der Volkswirtschaft über eine Bio. US-Dollar jährlich, wobei 300 Mrd. auf die Kappe der Behandlung, der Rest auf jene des Produktivitätsverlustes geht.
Soziale Faktoren beteiligt
Die Therapie, Diagnose und Intervention der klinischen Medizin wird mit dem Problem immer weniger gerecht. "Einen hohen Kosten-Nutzen-Effekt gibt es hingegen bei Lebensstil-Interventionen. Bietet man etwa Menschen mit hohem Diabetesrisiko ein Präventionspaket mit Ernährungsberatung und Bewegung an, spart jeder investierte Dollar in Entwicklungsländern zwei Dollar an Behandlungskosten, bei mittlerem Einkommen sogar mehr", berichtet Fidler.
Prävention wird jedoch bisher oft zu eng gefasst, verdeutlicht eine am European Health Forum diskutierte WHO-Studie: "Zwar verbessert die medizinische Versorgung den Verlauf einer Erkrankung und erhöht die Lebenserwartung. Doch primär machen soziale und wirtschaftliche Gegebenheiten Menschen krank. Sogar in reichen Ländern sind Armut, soziale Isolation, Arbeitslosigkeit, fehlender Selbstwert und Familienprobleme eine Hauptursache für Gesundheitsprobleme", erklärt WHO-Experte Michael Marmot.
Prävention weiter fassen
Fiedler sieht diese Ergebnisse als klaren Hinweis, dass Prävention mehr ist als Wissen. "Die Gesundheitspolitik liefert nur einen kleinen Beitrag. Gefordert ist etwa die Steuerpolitik, die etwa in der Tabakfrage viel mehr erreicht als alle Nichtraucher-Kampagnen. Erziehung und Bildung haben hohen Stellenwert, jedoch auch Wasser- und Sanitärversorgung, das soziale Gleichgewicht, Energie und Verkehr." Besonders für Industrieländer relevant seien Ausbildung, freiwillige Verpflichtungen der Industrie, Zugang zu Information und gesundheitliche und psychische Bedingungen am Arbeitsplatz.
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