pte20111109025 Technologie/Digitalisierung, Forschung/Entwicklung

Russische Mars-Sonde steckt im Erd-Orbit fest

Raumflugkörper mit mehreren Tonnen an toxischem Treibstoff beladen


Phobos-Grunt: Das bislang schwerste, interstellare Raumschiff (Foto: Roscosmos)
Phobos-Grunt: Das bislang schwerste, interstellare Raumschiff (Foto: Roscosmos)

Moskau (pte025/09.11.2011/15:04) Die gestern Abend gestartete Raumsonde "Phobos-Grunt", die zur Probennahme zum Mars fliegen sollte, ist vorerst in der Umlaufbahn der Erde gefangen. Schuld war ein unerwarteter, technischer Defekt der Triebwerke nach dem Start. Die Raumfahrtbehörde versucht nun, den Flugkörper wieder in Bewegung zu setzen, um die Mission doch noch erfolgreich abschließen zu können. Laut NASA-Spezialisten macht giftiger Treibstoff die gestrandete Sonde im Falle des Absturzes zu einer großen Gefahr.

Triebwerke verweigern Dienst

Um 20:16 Uhr mitteleuropäischer Ortszeit startete gestern, Dienstag, eine Zenit-2-Antriebsrakete vom Raumflughafen in Baikonur. Nach elf Minuten Flugzeit hatte sie die Raumsonde "Phobos-Grunt" in den Erd-Orbit befördert, wo sie sich planmäßig ablöste.

Dann jedoch geschah etwas Unerwartetes: Die Sonde sollte nun selbständig den Weiterflug zu "Phobos", einem Mond des roten Planeten in Angriff nehmen, um dort Bodenproben zu nehmen, jedoch verweigerten die beiden Triebwerke den Dienst. Seitdem hängt das fliegende Forschungsinstrument in der Umlaufbahn fest und bereitet Weltraumexperten rund um den Globus einiges Kopfzerbrechen.

Amateur-Astronome spürten Sonde auf

Laut Vladimir Popovkin, Chef der russischen Raumfahrtbehörde Roscosmos http://federalspace.ru , könnte ein nicht näher definierter Fehler im Orientierungs-System des Raumschiffs die Ursache für das Versagen sein. Davor jedoch herrschte im Kommandozentrum Verwunderung, denn "Phobos-Grunt" war auf einmal nicht mehr auffindbar.

Erst die Hilfe von Hobbyastronomen aus Südamerika offenbarte das Dilemma, als diese mit Hilfe ihrer Teleskope die Sonde in der Umlaufbahn orten konnten.

Giftige Gefahr

NASA-Spezialist James Oberg warnt nun gegenüber Associated Press, dass der gefangene Flugkörper ein Problem für die Erdenbürger werden könnte. Laut seiner Einschätzung bleiben den russischen Raumfahrtexperten noch einige Tage, bis die Sonde ihren optimalen Pfad für den Marsflug endgültig verlassen hat. Je nach genauer Ursache des Versagens sollte es möglich sein, die Triebwerke von "Phobos-Grunt" zur Zündung zu bewegen. Ein Problem stellt jedoch das technisch beschränkte Boden-All-Kommunikationssystem dar.

Sollte die Operation scheitern und der Sonde die Energie ausgehen, so bergen die mehreren Tonnen giftigen Treibstoffs an Bord der Sonde eine erhebliche Gefahr. Beladen ist das insgesamt mehr als 13 Tonnen wiegende Fluggerät mit sieben Tonnen Stickstoff-Trioxyd und Hydrazin. Letzteres ist giftig, insbesondere für Wasserorganismen. Es wird über die Haut resorbiert und erwies sich in Tierversuchen als krebserregend. Laut Oberg wäre der russische Flugkörper der giftigste Satellit, der jemals abgestürzt ist.

Erste interplanetare Mission seit 15 Jahren

Laut Roadmap soll die Sonde den Mars-Orbit im September 2012 erreichen und im darauf folgenden Februar auf Phobos landen. Die Rückkehr ist für August 2014 geplant. Das rund 125 Mio. Euro teure Raumschiff ist das erste interplanetare Weltallunternehmen von Roscosmos seit 1996. Damals war eine mit einem Roboter ausgestattete Sonde kurz nach dem Start wegen Versagens des Triebwerks abgestürzt. 2012 hebt das nächste Raumschiff ab, "Luna-Glob" soll Proben vom Erdtrabanten nehmen.



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