Riesen-Lkws treiben Bahn in die Enge
Deutlich schärfere Güterverkehr-Konkurrenz durch Gigaliner
Gigaliner: Effizientere Straße zu Lasten der Umwelt (Foto: Wikimedia) |
Brüssel/Karlsruhe (pte004/11.11.2011/06:15) Sieben deutsche Bundesländer haben am gestrigen Donnerstag den fünfjährigen Test einer Staffel der sogenannten "Gigaliner" ab Januar 2012 beschlossen. Die 25,25 Meter langen und bis zu 44 Tonnen schweren Lkw haben das Zeug, das Transportwesen gehörig zu verändern, kommt eine Studie im Auftrag der Gemeinschaft Europäischer Bahnen und Infrastrukturgesellschaften (CER) http://cer.be zum Schluss. Der Verlierer einer allgemeinen Zulassung wäre eindeutig die Bahn: Bis zu 38 Prozent der Tonnenkilometer im Wagenladungsverkehr entlang zentraler Güterverkehrsachsen könnten sich innerhalb eines Jahrzehnts von der Schiene zurück auf die Straße verlagern.
Effizienz bei voller Auslastung
Gigaliner sind deutlich wirtschaftlicher als herkömmliche Lkws. "Zwei von ihnen ersetzen drei heutige Lkws in Sachen Transportkosten, Kraftstoffbedarf, CO2-Emissionen und Stau - allerdings nur, wenn sie zu 100 Prozent ausgelastet sind", erklärt Studienleiter Claus Doll vom Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung (ISI) http://isi.fraunhofer.de im pressetext-Interview. Auch bei den externen Kosten - Umwelt, Klima, Sicherheit und Lärm - sind die Riesenlaster insgesamt um zehn Prozent effizienter als herkömmliche Lkw. Allerdings ist der Bahn-Gütertransport hier insgesamt vier- bis fünfmal günstiger.
Gemeinsam mit K+P Transport Consultants http://kp-transport-consultants.com haben die ISI-Forscher nun die Folgen einer möglichen "Gigaliner"-Erlaubnis auf den Wettbewerb zwischen Straße und Schiene erhoben. Sie werteten dazu den Transport auf fünf Güterverkehrskorridore Europas mit einer Gesamtlänge von 5.000 Kilometern aus: Darunter die Strecken Hamburg-Prag, Paris-Barcelona, Rotterdam-Ruhrgebiet, Ruhrgebiet-Norditalien sowie München-Budapest.
Bahn droht Marktversagen
Wird der Straßentransport effizienter, verlagert sich ein Teil des Ladungsverkehrs direkt weg von der Schiene. Noch folgenreicher sind jedoch indirekte, nachgelagerte Kaskadeneffekte, berichtet Doll. "Die sinkende Nachfrage dünnt das Angebot des Bahngüterverkehrs aus, lässt dessen Preise steigen und macht die Straße noch attraktiver. Diese Abwärtsspirale kostet der Bahn bis 2020 zwischen 22 und 38 Prozent ihrer Tonnenkilometer im Einzelwagen-Ladungsverkehr. Damit droht diesem mancherorts das teilweise bis völlige Marktversagen."
Doch auch im kombinierten Verkehr - wo Güter über Schiene und Straße transportiert werden - sehen die Forscher Verluste zwischen zehn und 14 Prozent. Doll begründet dies damit, dass die bestehenden Container-Verladeterminals der Bahn teils aufgerüstet werden müssen, um 25,25 Meter lange Lkw aufzunehmen. Dadurch steigen die Verladekosten, bei gleichzeitig höherer Kosteneffizienz im Straßengüterverkehr. Insgesamt schätzt die Studie die Einnahmenverluste der Bahn im kombinierten Verkehr allein bei den fünf Korridoren auf jährlich 484 Mio. Euro, im Einzelwagenverkehr auf 504 Mio. Euro.
CO2-Emissionen steigen
"Eine generelle Zulassung von Lang-Lkw wird keine Hilfe dazu sein, die im Weißbuch 2011 der EU-Kommission angekündigte CO2-Einsparung im Verkehr von 60 Prozent zu erreichen", stellt der Forscher fest. Denn obwohl auch im Straßengüterverkehr Effizienzgewinne zu erwarten sind, werden diese durch die Verlagerung weg von der Bahn großteils wieder neutralisiert.
Alternativ zu den 25,25 Meter langen "Gigalinern" untersucht die Studie das Big-Maxx-Konzept mit einem um bloß 1,3 Meter auf insgesamt 14,92 Meter verlängerten Sattelauflieger. Damit lassen sich zwölf Prozent mehr Laderaum mit vergleichsweise geringen Mehrkosten und wenig Verlagerungspotenzialen von der Schiene auf die Straße erreichen. Aus den Ergebnissen der Studie ergibt sich jedoch auch die Frage, ob nicht Effizienzsteigerungen seitens der Bahn den Herausforderungen durch die Lang-Lkw entgegengesetzt werden könnten.
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