Palmöl-Biodiesel schadet Klima am meisten
Experte: EU schürt CO2-Freisetzung in Tropenregionen
Palmöl-Plantage: verheerende Klimabilanz (Foto: Flickr/Tucano) |
Bogor/Wien (pte001/27.01.2012/06:00) Biodiesel aus den Ölpflanzen Palmöl, Jatropha und Soja schadet dem Klima mehr als fossile Treibstoffe. Diese Anklage, die bereits seit einigen Jahren besteht, haben nun Forscher durch Analysen von zwölf Betrieben in sechs Entwicklungsländern in Zahlen gefasst. "Die Ergebnisse verdeutlichen, dass wir vieles von dem, was wir bisher im Namen des Klimaschutzes betrieben haben, einstellen müssen", sagt Louis Verchot vom Center for International Forestry Research http://cifor.org .
Palmöl erst im Jahr 2200 rentabel
Bei der Verbrennung setzt Biodiesel um 40 bis 75 Prozent weniger CO2 frei als klassischer Diesel. Eine Betrachtung des freikommenden Kohlenstoffs über den gesamten Lebenszyklus - also inklusive der Produktion der Pflanzen - verdirbt jedoch oft die Rechnung, verdeutlicht die in der Zeitschrift "Ecology and Society" veröffentlichte Studie. "Biosprit ist nicht grundsätzlich schlecht, doch gibt es die nötigen Voraussetzungen für eine nachhaltige Produktion weitaus seltener als die meisten Menschen annehmen", so der Studienleiter.
In Indonesien etwa werden für Palmöl zunehmend Tiefmoorwälder abgeholzt und abgebrannt - bis 2020 laut Schätzungen in einer Fläche der Größe Westdeutschlands (2,5 Mio. Hektar). Tiefmoor speichert mehr Kohlenstoff als der Regenwald. Bei seiner Zerstörung kommen 200 bis 300 Tonnen CO2 pro Hektar frei, zusätzlich noch jährlich zehn Tonnen für die Trockenlegung und Zersetzung. "Erst nach 200 Jahren Biodiesel-Produktion aus Palmöl ist die Kohlenstoff-Schuld abbezahlt", betont Verchot.
Auch Jatropha und Soja fallen durch
Doch auch die Biodiesel-Pflanze Jatropha, die in Ghana, Sambia und Tansania untersucht wurde, schneidet vernichtend schlecht ab. Hier beträgt die CO2-Schuld je nach Anbaugebiet 100 bis 300 Jahre, zudem ist dieser Öllieferant ertragsärmer als die Ölpalme. Als etwas weniger schädlich zeigte sich im Vergleich Biodiesel aus Sojabohnen des Graslandes im brasilianischen Matto Grosso, was auf die geringe vorhandene Biomasse zurückgehen dürfte.
Dabei wurden jedoch soziale Aspekte in der Untersuchung noch nicht berücksichtigt. Land, das für den Anbau von Nahrungsmitteln geeignet ist und noch nicht genutzt wird, ist auf dem Planeten äußerst knapp. Großflächige Pflanzungen für Biotreibstoffe vertreiben in vielen Regionen die kleinen Landbesitzer, die teils keine Landtitel haben, was oft zu Konflikten führt. Ein Beispiel dafür liefert das Zuckerrohr-Ethanol aus Kolumbien (pressetext berichtete: http://pressetext.com/news/20100127112 ).
EU trägt Mitschuld
"Zwar hat Biodiesel aus Palmöl, Jatropha und Soja seinen Ruf heute verspielt, die Produktion wird jedoch in Zeiten steigender Ölpreise und hohem Bedarf an pflanzlichen Ölen immer noch ausgeweitet", betont Jurrien Westerhof, Energieexperte bei Greenpeace http://greenpeace.org , auf pressetext-Anfrage. Mitschuld daran trägt auch Europa - verfolgt die EU doch das Ziel, bis 2020 ein Zehntel der Transporttreibstoffe aus ökologischen Quellen zu beziehen. Ein Teil des deutschen Biodiesels fällt auch heute auf Palmöl-Importe (pressetext berichtete: http://pressetext.com/news/20110721022 ).
Aktualisierung (27.1., 12:40 Uhr): Der Verband der Deutschen Biokraftstoffindustrie betont, dass der Palmöl-Anteil des Biodiesels an deutschen Tankstellen gering sei. "Der in Deutschland produzierte Biodiesel ist zu über 90 Prozent aus Raps hergestellt. In Deutschland wird genug Biodiesel für die Deckung des inländischen Bedarfs produziert. Mineralölhändler können natürlich auch Biodiesel von ausländischen Herstellern beziehen, ebenso wie deutscher Biodiesel ins Ausland exportiert werden kann", so Verbandssprecher Wolf-Dietrich Kindt gegenüber pressetext.
Originalstudien unter http://www.ecologyandsociety.org/issues/view.php?sf=68
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