EU plant Drohnen-Überwachung von Immigranten
Kritiker sehen zynische Reaktion auf arabischen Frühling - hohe Kosten
Drohne: EU will Immigranten fotografieren (Foto: Wikipedia, gemeinfrei) |
Brüssel (pte012/27.07.2012/13:45) Die Europäische Kommission plant den Einsatz von Satelliten und Drohnen mit Kameras an der Mittelmeergrenze. Die Maßnahme ist Teil eines 410 Mio. Euro teuren Projekts zur stärkeren Überwachung der Grenzen. Das Europäische Parlament und der Rat müssen zwar noch zustimmen, aber die Befürworter sind zuversichtlich, das sogenannte EUROSUR-Projekt http://bit.ly/LRGqkA bis 2013 umsetzen zu können. Laut Kommission sollen die geplanten Maßnahmen die Zahl ertrunkener Flüchtlinge minimieren und helfen, die grenzüberschreitende Kriminalität einzudämmen.
Elektronische Überwachung
EUROSUR sieht vor, die Südgrenzen der EU mit Satelliten sowie "Sensoren auf verschiedenen Plattformen, darunter bemannte und unbemannte Fluggeräte" im großen Stil zu überwachen. Allein dieses Jahr sind schon über 170 Immigranten beim Versuch, über das Mittelmeer nach Europa zu kommen, gestorben. Cecilia Malmström, EU-Kommissarin für Innenpolitik, glaubt, dass EUROSUR ein entscheidendes Werkzeug zum Schutz der Einwanderer sein wird. Kritiker sehen jedoch großes Potenzial für Missbrauch.
"Die Technik an sich ist neutral. Eine Drohne kann sowohl Ertrinkende retten als auch menschenrechtswidrige Verhinderung von Grenzübertritten ermöglichen. Entscheidend ist der Umgang mit den Menschen und dort sehe ich keinen Anlass für Optimismus. Wie die EU und ihre Mitgliedsstaaten mit der Mittelmeergrenze umgehen, ist ein Skandal. Trotz Verurteilungen durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte ist keine Besserung in Sicht. In einem solchen Klima ist es wahrscheinlich, dass eine hochtechnologisierte Grenzüberwachung missbraucht wird", sagt Amnesty-International-Österreich-Generalsekretär Heinz Patzelt http://www.amnesty.at gegenüber pressetext.
Grüne Studie
Eine Studie der grünen Heinz-Böll-Stiftung http://bit.ly/MJSHZM kommt zu einem ähnlichen Ergebnis. Laut den Autoren ist EUROSUR eine zynische Reaktion der EU auf den arabischen Frühling. Obwohl der befürchtete Flüchtlingsanstieg ausblieb, sollen mit EUROSUR Migranten schon abgehalten werden, bevor sie zum europäischen Problem werden. Zudem verletzen die Pläne Datenschutz- und Menschenrechte, wie es in der Untersuchung heißt. Fragen zur Speicherung der Bilder werden im EUROSUR-Papier jedenfalls nicht beantragt.
Im Antrag steht aber, dass persönliche Daten keine Rolle spielen, weil in der Regel nur Fotos von Objekten, etwa bei der Beobachtung von Schiffen, gemacht würden. Die Möglichkeiten für Missbrauch sind bei EUROSUR auf jeden Fall vorhanden. Kritiker vermuten etwa, dass Immigranten durch eine Beobachtung afrikanischer Strände schon vor der Abreise kriminalisiert werden könnten. Die Studie der Heinrich-Böll-Stiftung kommt zudem zum Ergebnis, dass die Kosten weit höher wären, als bisher veranschlagt. Zudem spiele das Projekt fast ausschließlich der Rüstungsindustrie in die Hände.
Selbst die positiven Aspekte einer Überwachungen werden von Kritikern angezweifelt. "Auch wenn eine Drohne ein Schiff in Seenot findet, kann sie nicht eingreifen. Man braucht Menschen vor Ort und das kann eine Drohne nicht garantieren", sagt Ska Keller, Europaparlamentarierin für die deutschen Grünen.
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