pte20121117001 Technologie/Digitalisierung, Medien/Kommunikation

Nahost: Kriegsparteien missbrauchen Social Media

Facebook, Twitter und Co sind mit Situation überfordert


Propaganda: Soziale Netzwerke geflutet (pixelio.de, LucB7)
Propaganda: Soziale Netzwerke geflutet (pixelio.de, LucB7)

Wien (pte001/17.11.2012/06:00) Die jüngsten Kampfhandlungen im Nahen Osten stellen Social-Media-Plattformen vor enorme Probleme. Sowohl die Hamas als auch Israel verbreiten aggressiv Propaganda über die neuen Medien, wie betabeat.com schreibt. Ein Filter, wie ihn traditionelle Medien bieten, fehlt komplett. Das nutzen die Konfliktparteien skrupellos aus. Bei Twitter etwa sind von beiden Seiten explizite Bilder von toten oder verwundeten Kinder aufgetaucht, mit denen die jeweils eigenen Aggressionen gerechtfertigt werden sollen. Die Sozialen Medien werden als Waffen missbraucht, die Betreiber haben bisher keine Anstalten gemacht, das zu verhindern, wie AllThingsD.com berichtet.

Überforderte Betreiber

Sowohl die israelischen Streitkräfte als auch die Quassam-Brigaden, eine militärische Unterorganisation der Hamas, nutzen die sozialen Medien als Propaganda-Instrumente. Beide Seiten informieren ihre Online-Gefolgschaft über Opferzahlen, Raketenabschüsse und den aktuellen Status der Kampfhandlungen. Überprüfbar sind diese Meldungen nicht, es handelt sich auf beiden Seiten laut US-Medienberichten um Propaganda. Es werden sämtliche verfügbaren Kanäle bespielt, von Facebook über Pinterest bis zu Tumblr. Die Follower der Accounts können in Echtzeit mitverfolgen, wie die Menschen im Nahen Osten sterben.

"Die Geschichte zeigt, dass jedes verfügbare Kommunikationsmittel für Propagandazwecke missbraucht wird. Für die Betreiber der sozialen Netzwerke bringt das Probleme. Ihr Ruf bei Usern und Werbewirtschaft leidet, wenn der Verdacht aufkommt, dass Staaten oder andere Organisationen hier steuernd eingreifen. Die Herausforderung ist zwar groß, aber hier müssten die Betreiber die Nutzungsbedingungen durchsetzen, notfalls auch mit Löschungen", erklärt Fritz Hausjell vom Institut für Publizistik der Universität Wien http://univie.ac.at im pressetext-Interview.

Das sei aber aufwendig und verursache Kosten, mit denen die Plattformen nicht gerechnet haben. "Bei dem vielen Geld, das Twitter und Co verdient haben, dürfen die User der sozialen Medien das trotzdem einfordern", so Hausjell.

Überforderte Anbieter

Bislang haben die Betreiber der neuen Medien nicht auf den Missbrauch ihrer Plattformen reagiert, obwohl die Propaganda-Profile in vielen Fällen eindeutig gegen die Nutzungsbestimmungen der sozialen Medien verstoßen. Die Manipulation der Öffentlichkeit geht ungehindert weiter. Der Twitter-Account der israelischen Streitkräfte wurde laut US-Medienberichten zwar kurzfristig für 40 Minuten gesperrt, ging dann aber wieder online. Über die Hintergründe ist noch nichts bekannt, es könnte sich um eine automatische Sperre als Reaktion auf eine User-Meldung handeln.

Einzig der gefälschte Twitter-Account @IDFSpokesman wurde dauerhaft abgeschaltet. Auch das YouTube-Video, das den israelischen Anschlag auf Hamas-Führer Ahmed Jabari zeigt, war nur kurz nicht aufrufbar. Die kurzfristige Löschung sei ein Missverständnis gewesen, so YouTube gegenüber AllThingsD. Die sozialen Medien stecken in einer Zwickmühle. Einerseits wollen Sie nicht in die Kommunikation ihrer User eingreifen, andererseits werden ihre Plattformen hier offensichtlich missbraucht.

Den Anspruch auf Überprüfung der verbreiteten Information, der für klassische Medien gelten sollte, können und wollen soziale Netzwerke nicht erfüllen. Trotzdem erreichen die verbreiteten Botschaften ein weltweites Publikum. "Soziale Medien sind als Nachrichtenquelle mit extremer Vorsicht zu genießen", mahnt Hausjell.

(Ende)
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