pte20170724004 Unternehmen/Wirtschaft, Politik/Recht

Banken: Risiko-Manager haben Risiken gesteigert

CRO-Liebe zu Hochrisiko-Derivaten hat Banken-Crash begünstigt


Kartenhaus: Der Crash war vorprogammiert (Foto: Rainer Sturm, pixelio.de)
Kartenhaus: Der Crash war vorprogammiert (Foto: Rainer Sturm, pixelio.de)

Toronto (pte004/24.07.2017/06:10) Die Risiko-Manager, mit deren Hilfe sich US-Großbanken vor mehr als einem Jahrzehnt vor übertriebenen Risiken schützen wollten, haben sich alles andere als bewährt. Das zeigt eine aktuelle Studie von Forschern der University of Toronto http://utoronto.edu . Eigentlich sollte das Anheuern eines Chief Risk Officer (CRO) nämlich riskantes Verhalten und damit Gefahren für die Institute minimieren. "Es hat stattdessen zu einer Zunahme bei jener Art von riskantem Verhalten geführt, das dazu beitrug, die Wall Street in den Crash von 2008 zu steuern", sagt Studien-Erstautorin Kim Pernell.

Finanz-Pyromanen

Die Idee hinter der Position eines CRO ist ähnlich dem Bestellen eines Brandschutzwartes: Er soll Risiken am Arbeitsplatz möglichst schon im Voraus minimieren. Doch die Risiko-Manager haben sich der Studie zufolge eher als Pyromanen entpuppt. Das Team hat erfasst, auf welche Derivate 157 große nordamerikanische Banken in den Jahren 1995 bis 2010 gesetzt haben. Dabei hat sich gezeigt, dass gerade jene Institute mit einem CRO wesentlich eher hochriskante Derivate wie außerbörsliche Optionen, Swaps und Kreditderivate missbraucht haben. Traditionellere, sicherere Derivate kamen hingegen nicht verstärkt zum Einsatz.

Laut der Analyse hat JP Morgan http://jpmorgan.com im Jahr 2002, vor der Bestellung eines CRO, Kreditderivate im Wert von 366 Mio. Dollar gehalten. 2003 waren es bereits eine Mrd. Dollar an Kreditderivaten, vor dem Crash im Jahr 2008 schließlich saß JP Morgan auf einer mit acht Mrd. Dollar bewerteten Blase. Auch die Bank of America https://bankofamerica.com und Wells Fargo http://wellsfargo.com haben den Forschern zufolge ähnlich dramatische Anstiege bei den Hochrisiko-Derivaten verzeichnet, nachdem sie einen CRO bestellt hatten.

Fehlbestellungen

Auch wurden in vielen Fällen von vornherein eher ungeeignete Kandidaten zum CRO gemacht. Dafür seien Verschärfungen der Regulierungen in den USA Anfang des Jahrtausends mitverantwortlich gewesen, die eigentlich die Risikobereitschaft dämpfen sollten. "Der Witz ist, dass viele Banken darauf reagiert haben, indem sie Risiko-Experten in die Vorstandsebene befördert und ihnen damit viel mehr Macht gegeben haben", sagt Pernell. Damit wollten CEOs zeigen, dass sie sich an das Gesetz halten und Risiken ernst nehmen.

"Die neuen Führungskräfte haben Banken im Vorfeld der Krise jedoch ermutigt, sich stärker den riskantesten Derivaten auszusetzen", so Pernell. Denn die Risiko-Manager Anfang des Jahrtausends waren vom Boom der 1990er-Jahre geprägt und hatten sich im Streben, Vorständen zu gefallen, als Spezialisten für Profitmaximierung neu definiert. "Diese Agenda war mit dem Reduzieren von Risiko nicht kompatibel." Vielmehr waren genau diese Risiko-Spezialisten zum Zeitpunkt ihrer Bestellung zum CRO prädestiniert dafür, auf Hochrisiko-Derivate zu setzen. Gebessert habe sich hier seit der Krise nichts: CROs sind noch beliebter geworden, aber nach wie vor profitorientierte Risiko-Optimierer statt Risiko-Minimierer.

(Ende)
Aussender: pressetext.redaktion
Ansprechpartner: Thomas Pichler
Tel.: +43-1-81140-314
E-Mail: pichler@pressetext.com
Website: www.pressetext.com
|