Mietpreis-Wucher: WGs in San Francisco als Trend
Starcity macht Mangel an leistbarem Wohnraum zum Geschäftsmodell
Mittelschicht-WG: Bewohner treffen sich nach Feierabend (Foto: starcity.com) |
San Francisco/Erkrath (pte004/06.03.2018/06:15) Das US-Start-up Starcity http://starcity.com bietet der Mittelklasse San Franciscos erschwinglichen Wohnraum in vormals heruntergekommenen, frisch renovierten Gebäuden an. Die Bewohner teilen sich Wohnzimmer, Küche - und oftmals auch das Bad. Die Größe der komplett eingerichteten und mit WLAN ausgestatteten Zimmer reicht von 13 bis 20 Quadratmeter, an Miete ist zwischen 1.400 bis 2.400 Dollar (1.100 bis 2.000 Euro) zu entrichten.
Begrenzter Wohnraum
Für viele Bewohner San Franciscos sind die Behausungen eine günstige Alternative. Der Durchschnittspreis für ein Ein-Zimmer-Apartment in der Küstenstadt liegt bei knapp 3.300 Dollar (2.700 Euro). Drei Gebäude mit 36 Wohneinheiten besitzt Starcity bereits, ein Dutzend weitere - ehemalige Hotels, Bürohäuser oder Parkhäuser - werden derzeit renoviert. Die Warteliste umfasst mittlerweile 8.000 Interessierte, Tendenz steigend.
Immobilienexperte Dieter Thomaschowski http://thomaschowski.com sieht für das Modell Starcity auch im deutschsprachigen Raum einen großen Markt, wie er gegenüber pressetext mitteilt. Gleichzeitig nimmt er aber auch die Politik in der Pflicht: "Gerade jetzt, wo der Weg frei ist für die GroKo sollten sich die Parteien zusammensetzen und durch Projekte wie dieses den Wohnungsbau fördern." Zusätzlich dazu, dass neuer Wohnraum entstehe, werde so auch auf Nachhaltigkeit gesetzt, da sich bestehende Infrastruktur nutzen lasse. "Und Nachhaltigkeit ist gerade in Zeiten der Diesel-Debatte ein ganz großes Thema", sagt Thomaschowski.
Sozialer Aspekt wichtig
Die Zielgruppe von Starcity sind ledige Berufstätige ab 20 Jahren aufwärts mit einem Jahreseinkommen zwischen 40.000 und 90.000 Dollar (32.000 bis 73.000 Euro). Eine Altersbegrenzung gibt es nicht. Einzig die Bereitschaft, einen Teil seiner Privatsphäre aufzugeben und sich in die Gemeinschaft einzubringen, erfordert es laut CEO und Mitgründer Jon Dishotsky.
Zwei bis drei Wohneinheiten teilen sich eine Wohnküche sowie ein Badezimmer. "Viele der intimsten Dinge, die man in einer Wohnung unternimmt, spielen sich im Badezimmer ab", fügt Dishotsky an. Um viele andere Dinge kümmert sich der "Gemeinschafts-Manager", der gleichzeitig Hausmeister der Anlage ist. Erkranken Bewohner, kümmert er sich um Medikamente, hat ein Bewohner Geburtstag, wird eine Feier organisiert. Für einen monatlichen Aufpreis wird auch Wäsche gewaschen, das Zimmer gereinigt oder ein Hundesitter organisiert.
"Wenn ich von der Arbeit nach Hause komme, hat oft schon einer meiner Mitbewohner meinen Hund in die Wohnküche zum Spielen geholt", berichtet Bewohnerin Carla Shiver. Die 38-Jährige hat eine Scheidung hinter sich und ist einem Jobangebot gefolgt und nach San Francisco gezogen. "Ich habe in einem Haus gelebt, die Rechnungen erledigt, den Vorgarten gemäht. Ich will nicht mehr für alles verantwortlich sein", sagt Shiver.
Ähnliche Projekte in Hamburg
"Für welche Personengruppe dieser Wohnraum definiert wird, kann individuell nach Cluster entschieden werden", meint Dieter Thomaschowski. "In Deutschland nimmt Hamburg hier eine Vorreiter-Position ein und hat schon viele solcher Projekte auf den Weg gebracht. Die Kommunen befinden sich in stetigem Austausch".
Dennoch sei es die Politik, die sich laut Thomaschowski bei Wohnungsbauprojekten oft "selbst ins Knie schießt". "Mir sind Fälle bekannt, bei denen sich eine Partei für den Bau günstiger Wohnflächen eingesetzt hat und dieser Plan nur torpediert wurde - und das von einer Partei, die sich dafür rühmt, dafür zu stehen, soziale Themen oben auf die Agenda zu setzen."
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