pts20090115029 Medien/Kommunikation, Unternehmen/Wirtschaft

"Unternehmen handeln authentisch"

Interview mit Marcel Meier


Wil (pts029/15.01.2009/13:45) Marcel Meier ist Product Manager bei der Online Group und Unternehmensberater. Er gilt als ausgewiesener Schweizer Experte in Sachen Social Web-Lösungen. Wir sprachen mit dem begeisterten Snowboarder über Social Web und wie Unternehmen die Dialogfähigkeit ihrer Internetportale für die Geschäfte der Zukunft nutzen können.

MARCEL MEIER: GUT QUALIFIZIERTE, JUNGE LEUTE SUCHEN SICH UNTERNEHMEN, BEI DENEN SIE SOCIAL WEB KOMPONENTEN ALS ARBEITSMITTEL NUTZEN KÖNNEN

"Unternehmen handeln authentisch"

Herr Meier, Sie haben massgeblich mitgewirkt an der neuen Social Web-Lösung sieme.net, mit der die Online Group unter anderem das Projekt 'News1' des Schweizerischen Verlegerverbandes realisiert hat. Werden die Verlage zu Vorreitern bei der Dialogfähigkeit im Web?

Zunächst einmal ist es die Reaktion der Verlage auf ein sich ändern­des Verhalten junger Menschen bei der Informationsgewinnung. In der Tat suchen sich junge Leute ihre Infos und Nachrichten im Netz und konsumieren Gratis-Zeitungen. Gleichzeitig wollen sie Nachrichten und Informationen nicht nur konsumieren, sondern auch kommentieren, sich mit anderen darüber austauschen, eine Meinung bilden, auf gleich und anders Denkende treffen und so weiter. All diese Möglichkeiten der Konversation bietet eine Social-Web-Plattform, wie wir sie mit News1.ch realisiert haben. Die Veränderungen sind jedoch sehr viel komplexer. Es geht um völlig neue Kommunikationsflüsse. Die Kommunikation zwischen Anbieter und Kunden verändert sich. Die Grenzen sind künftig fliessend und die Positionen verschmelzen. Und so wie sich bei den Käufern das Kommunikationsverhalten ändert, wird es sich auch bei den Unternehmen ändern. Und das betrifft fast alle Unternehmen.

Social Web Plattformen sind die Domäne junger, kommunikativer Menschen. Wenn diese High-Potentials in die Arbeitswelt drängen, wollen sie nicht auf ihr gewohntes Kommuni­kationsverhalten verzichten. Marcel Meier sieht steigende Anforderungen auf Unterneh­men zukommen. Wer sich öffnet kann gut qualifizierte Mitarbeiter gewinnen und auch in der Zukunft gute Geschäfte machen.

Urs Gasser und John Palfrey beschreiben in ihrem Buch "Generation Internet" eindrucksvoll, mit welcher Leichtigkeit die heutige Jugend mit dem Internet umgeht. Ist darin der Grund für das sich ändernde Kommunikationsverhalten zu sehen?

Ja, ganz klar. Die Generation der so genannten Digital Natives, die nach 1984 geboren wurden und mitten im digitalen Aufbruchs­zeitalter gross geworden sind, nehmen das Web völlig anders wahr als beispielsweise ein 35-Jähriger. Für sie ist die digitale Kommunikation normal, nichts Aussergewöhnliches. Sie haben einfach neue Möglichkeiten, ihre normalen Interaktions-Bedürfnisse zu stillen. Die Bedürfnisse nach Anerkennung, sozialer Integration und Zugehörigkeit haben sich nicht verändert, nur die Tool-Box wurde ergänzt.

Welche Veränderungen kommen da auf Unternehmen zu?

Das sind vor allem "kulturelle" Veränderungen. Da sind zunächst einmal die Veränderungen in der Rolle als Arbeitgeber. Ich habe kürzlich eine Bank zu dem Thema beraten, die haben den Zugang zu Communities für ihre Mitarbeiter gesperrt und verboten, weil sie der Meinung sind, das Kommunizieren in diesen Communities sei Privatvergnügen. Das ist natürlich für einen jungen Menschen, der ins Berufsleben startet, ein Schock. Vergleichbar, wie wenn sie einem Berufseinsteiger vor 20 Jahren das Telefonieren verboten hätten. Wie soll der nun seiner Geschäftstätigkeit nachgehen? Wer sich als Unternehmen hier nicht öffnet und dieser nachrückenden Generation die nötigen Kommunikationsmittel nicht zur Verfügung stellt, wird es in der Zukunft schwer haben, die guten Mitarbeiter zu gewinnen. Das Öffnen und Bereitstellen dieser Kommunikationsmit­tel alleine genügt aber nicht. Die Vorgesetzten und Führungskräfte müssen diese Art der Kommunikation ebenso lernen und beherrschen, sonst entgleitet ihnen eine wichtige Führungsfunktion und sie werden von der Kommunikation ihrer Mitarbeiter regelrecht abgekoppelt. Und da kommt dann ein echter Generationenkonflikt zum Tragen.

Wozu brauchen die jungen Mitarbeiter die Kommunikation über Communities im Geschäftsleben?

Das ist die andere Rolle der Unternehmen, die sich fundamental ändern wird - die Beziehung zu Kunden und Aussenwelt. Die klassische Rolle der Unternehmer als Anbieter, Produzent und Einwegkommunikator löst sich auf. Die jungen Leute vertrauen in ihrer Rolle als Kunden mehr auf die Beurteilung von Käufern als auf die Herstellerinformationen, hat die ACTA (Allensbacher Computer und Technik-Analyse) herausgefunden. Wenn Unternehmen also nicht erfahren, was über sie und ihre Produkte in den Communities diskutiert und besprochen wird, wie sollen sie dann ihre Zielgruppe richtig ansprechen? Wie sollen sie auf fehlerhaftes Verhalten oder fehlerhafte Produkte reagieren, über die sich Kunden im Internet austauschen? Alles wird transparenter und Kunden, die sich vielleicht früher beim Anbieter beschwert haben, die finden heute mit weniger Aufwand eine Alternative im Netz. Und sie finden sehr schnell Menschen mit ähnlichen Erlebnissen, mit denen sie sich austauschen.

Was können die Unternehmen gewinnen, wenn sie auf diese modernen Kommunikationsformen setzen?

Der wichtigste Benefit ist sicher, dass sie den Kontakt zu jungen und zukünftigen Kunden knüpfen und behalten können. Viel weiter geht aber die Chance, dass sie ihre Produkte zusammen mit den Nutzern bzw. Kunden entwickeln können und damit die Akzeptanz am Markt beschleunigen und erhöhen. So wie heute Software in Betaversionen am Markt getestet wird, könnten auch andere Produkte vorab am Markt von einem interessierten Benutzerkreis getestet werden. Die Kommunikation darüber findet dann in den Communities in einem geschlossenen Forum statt. Das ist es, was ich vorhin meinte mit: Die Grenzen zwischen Producer und Consumer lösen sich auf. Es kommt das Zeitalter der Prosumer.

Kunden können also gewonnen werden, wenn man sie quasi mitentwickeln lässt?

Es geht vor allem darum, dass Käufer und Benutzer von Produkten und Gütern ernst genommen werden wollen. Das ist sehr wichtig in der zukünftigen Verkäufer-Käufer Beziehung. Und wenn sie sehen, dass ihre Ideen in ein Produkt mit einfliessen, dann ist das die höchste Stufe des 'Ernstnehmens'. Im Grunde geht es darum, eine Rückmeldung auf seine Äußerungen zu bekommen. Die Beziehungen in den Communities sind genau gleich, wie wenn man sich real trifft. Man äußert etwas und will Reaktionen, einen Dialog aufbauen. Erfolgreiche Unternehmen der Zukunft haben akzeptiert und antizipiert, dass jeder Stakeholder zum Botschafter werden kann - im Positiven wie im Negativen. Er kann sich jederzeit und überall, ohne Erlaubnis vom Unternehmen äussern und für völlige Transparenz sorgen. Mit dieser Konversationsform positiv umzugehen, kann für Unternehmen entscheidend sein.

Auch die Grenzen zwischen 'beruflich' und 'privat' lösen sich auf. Die Kommunikation in Communities erfordern noch schnellere Reaktionszeiten als die über E-Mail. Wer online ist, der ist dabei, wer nicht, ist aussen vor. Und da wird nicht nur 40 Stunden die Woche zwischen 9:00 und 17:00 Uhr kommuniziert, sondern rund um die Uhr, rund um die Welt. Das wird unsere ganze Berufswelt völlig umkrempeln.

Kommen wir zur Umsetzung. Wie läuft das ab, wenn Unternehmen sich entschliessen, ihre Internetportale um die soziale Dimension mit einer Social Web-Lösung zu ergänzen?

Nun, das ist von Branche zu Branche natürlich unterschiedlich. Ich will aber versuchen, das Vorgehen etwas abstrahiert in verschiedene Schritte einzuteilen. Da ist zunächst die strategische und politische Entscheidung der Unternehmen notwendig. In Beratungen erlebe ich es ab und zu, dass Unternehmen eigentlich gar nicht bereit sind für eine solche Kommunikationsform. Sie befürchten einen Kontrollverlust, wenn sich die Kommunikation über ihr Unternehmen womöglich verselbstständigt. Ist ein Unternehmen offen, entwickeln wir ein Businessmodell für die Social Web-Lösung. Darin werden grundsätzliche Dinge festgelegt. Danach beginnt die Phase der technologischen Umsetzung. Darin wird festgelegt, welche Module gewünscht werden. Also zum Beispiel: Sollen Videos und Bilder eingestellt werden können, oder Slide-Shows, Blogs, Formulare eingebunden werden, gibt es Umfragemöglichkeiten und so weiter.

Das kann man mit der Software alles wählen?

Ja. Die Software sieme.net der Online Group ist hochgradig standardisiert und modularisiert. Das ermöglicht schnelle und preiswerte Umsetzungen. Ausserdem ist sie offen für die Designs am Front-End. Sie arbeitet im Hintergrund und lässt sich beliebig mit den gewünschten Funktionen zusammenstellen. Ist das geklärt und programmiert, empfehle ich den Unternehmen immer eine möglichst frühe Betaphase mit ausgewählten Usern. Nach der Freigabe folgt die Uasbilty oder Betriebsphase - jetzt beginnt das Leben, das 'first life' der Unternehmen im Web. Nun können Mitarbeiter und Kunden etwas spüren von ihrem Unternehmen. Und das ist es, was das Social Web leisten kann: Unternehmen werden zu authentischen Organismen, die leben, sich äussern, im Dialog kommunizieren und Gefühle zeigen können. Das 'first life' findet künftig in Social Web Communities statt.

Herr Meier, vielen Dank für das offene Gespräch

Das Gespräch führte Jürgen Fürst von der Presse­agentur SUXES GmbH in Fellbach, Deutschland.

Spezialisten für Kundenlösungen

Die Online Group mit Sitz in Wil, Luzern und Wroclaw, Polen hat sich auf die Umsetzung von nutzenorientierten Lösungen zur Verwaltung von Informationen und Produktdaten mit Internettechnologie spezialisiert. Rund 50 Spezialisten aus den Bereichen Beratung, Software-Entwicklung, Datenbank, Design und Projektleitung integrieren auf der Basis von Microsoft SharePoint umfassende und kompetente Dienstleistungen und bereits existierende Softwarelösungen in eine Hand. Neben anspruchsvollen Projekten im Bereich Produktinformationsmanagement (PIM) realisiert das 1995 gegründete Unternehmen Enterprise Content Management-Projekte (ECM) als Internet- oder Extranetlösung oder als interne Arbeitsplattform (Portale). Für Web 2.0-Plattformen (social networks) ist die Online Group mit erfolgreichen Projekten für die Zukunft gut positioniert.

Text und Bilder unter http://www.pressearbeit.org

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Weststrasse 38
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Tel. +41 (0)71 / 913 31 31
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marcel.meier@online.ch
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(Ende)
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E-Mail: Rahel.Stauffacher@online.ch
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