pte20180112008 Tourismus/Reisen, Umwelt/Energie

Jede Reise ist eine Rückkehr zu sich selbst

Travel Industry Club Austria diskutiert über "Faszination Reisen"


Wien (pte008/12.01.2018/10:00) Die Faszination des Reisens und der dafür so wichtige Erhalt von Naturressourcen standen am Vorabend der Ferien-Messe Wien auf dem Programm einer Veranstaltung des Travel Industry Club Austria http://travelindustryclub.at im Palais Hansen Kempinski. Reisen seien das "Fundament, sich zu entgrenzen" und damit sich selbst kennenzulernen. Es sei notwendig, Abenteuer zu erleben und die Welt zu erkunden. "Die Neugier steckt in uns allen", erläuterte Kurt Robert Luger, Inhaber des UNESCO-Lehrstuhls "Kulturelles Erbe und Tourismus" an der Universität Salzburg.

Kulturen und Menschen kennenlernen

Jede Reise ist eine Rückkehr zu sich selbst. Die Unmittelbarkeit die Natur zu erleben und andere Kulturen und Menschen kennenzulernen, sind höchst begehrenswert. Daher sei er auch kein Fan von Inszenierung, so der Salzburger Kommunikationswissenschafter. Ambitionen, das Reisen durch virtuelle oder artifizielle Welten zu ersetzen, erteilte er eine klare Absage. Wenn das funktionieren würde, bräuchten wir nicht auf die Berge gehen, um eine andere Perspektive zu erhalten. "Die Begrenztheit der eigenen Physikalität lässt sich nur durch die Erfahrung des Reisens vergrößern."

Der Chef der Hapag-Lloyd-Kreuzschifffahrt, Karl J. Pojer, sagte zu den Motiven, das Reisen habe heute einen ganz anderen Stellenwert als noch vor einigen Jahrzehnten, mal zum Beschleunigen, mal zum Entschleunigen. Heute wollten Menschen vor allem ihre eigenen Grenzen ausloten, um Teil der Gesellschaft zu sein. Es gehe nicht mehr so sehr ums Haben, sondern ums Sein und um den Sinn des Lebens an sich, um die wichtigste Zeit im Jahr. Der Wandel durch die gestiegene Mobilität sei radikal und enorm dynamisch, die Menschen suchen einzigartige Erlebnisse, eine Form von Luxus für jeden Geldbeutel.

Warnung vor Ameisenstraßen und Massentierhaltung

Alpenreisen-Experte Luger wie Kreuzfahrt-CEO Pojer waren sich darüber einig, dass die weltweite Reiseintensität in den nächsten Jahren weiter zunehmen werde und damit eine ganz besondere Verantwortung auf Touristikern lastet. Luger warnte so etwa vor "brutalem Ausverkauf, Ameisenstraßen und Massentierhaltung" im Tourismus und nannte das Tiroler Zillertal und die Salzburger Altstadt als abschreckende Beispiele. Die Alpen seien nicht nur eine Tourismusdestination, sondern auch Lebensraum für 15 Mio. Menschen. Da müsse es zu einer sinnvollen Verkehrs- und Ressourcenplanung kommen, sonst leiden Qualität, Besucher und Einheimische.

Tourismus neu texten

Für Luger sind die zunehmenden Herausforderungen auf die Konzentration der Touristenströme auf einige wenige Gebiete und Reisezeiten zurückzuführen und werden damit großteils ein Verkehrsproblem. "Was hilft das beste Marketing, wenn die Alpen dann - wegen Staus und Überfüllung - nicht mehr bereisbar sind?" Nicht bloß Anpassungsstrategien an den fortschreitenden Klimawandel seien gefragt, sondern eine Verteilung auf das ganze Jahr. Das sei letztlich eine Kommunikationsleistung, so der Wissenschafter, der in Salzburg an solchen Strategien arbeitet.

Luger sprach von den Alpen als schützenswerte Ressourcen, mit denen man sensibel umgehen muss, da sie sonst zugrunde gehen. Auch Pojer pochte auf die Verantwortung der Tourismusexperten für die bereisten Naturlandschaften. Ihm zufolge wächst die Kreuzschifffahrt derzeit zweistellig. 25 Mio. Passagiere waren es allein 2017, davon 6,6 Mio. in Europa. Da sei es nur verständlich, dass die Schiffe immer größer und die Kapazitäten weiter ausgebaut werden. Allein 70 neue Schiffe kommen bis 2024 auf den Markt, der chinesische Markt sei noch komplett unbearbeitet. Daher müssten Regeln her, um eine Überforderung von vielbefahrenen Reiserouten und Häfen zu verhindern und sensible Weltregionen zu schützen.

Wegführung durch fragile Ökologie

Zu den Zukunftsperspektiven sagte Luger, die Alpen seien nicht nur "Konsumparadies und Unterhaltungsgelände" für Millionen Besucher, sondern auch Wasserreservoir, Lebens- und Arbeitsraum für Millionen Bewohner. Daher müssten Regionalentwicklung und Tourismus enger verzahnt und Qualitätsmaßnahmen gesetzt werden, die den angestammten Bewohnern ebenso wie den Reisenden mehr Respekt entgegenbringen. Tourismusmassen seien jedenfalls unerträglich. "Wir brauchen authentische Dörfer und Orte des guten Lebens. Die Alpen als Destination müssen lebenswert bleiben", forderte Luger. "Dazu braucht es Kontrolle und Wegführung durch die fragile Ökologie."

Der Salzburger Kurt Robert Luger ist Kommunikationswissenschafter, Inhaber des UNESCO-Lehrstuhls "Kulturelles Erbe und Tourismus" an der Universität Salzburg und Herausgeber des viel beachteten 700-Seiten-Buchs "Alpenreisen - Erlebnis, Raumtransformationen, Imagination".

Der gebürtige Steirer Karl J. Pojer ist Vorsitzender der Geschäftsführung der TUI-Tochtergesellschaft Hapag-Lloyd Cruises in Hannover und verantwortet den Betrieb von zwei Luxusschiffen sowie drei Expeditionsschiffen mit einem Volumen von 30.000 Passagieren pro Jahr.

Fotos zur Veranstaltung stehen unter https://fotodienst.pressetext.com/album/3646 als Download zur Verfügung.

(Ende)
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