Unternehmensmitteilung für den Kapitalmarkt
Deutsche Balaton AG: Veröffentlichung der Befreiung zur Abgabe eines Pflichtangebots nach dem WpÜG
Heidelberg
(pta027/17.04.2019/13:19 UTC+2)
Bescheid der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht vom 02.April 2019 über eine Befreiung gemäß § 37 Abs. 1 und 2 WpÜG i. V. m. § 9 Satz 1 Nr. 3 WpÜG-Angebotsverordnung
Zielgesellschaft: S&O Agrar AG; Sitz: Leipzig; Geschäftsadresse: Ziegelhäuser Landstraße 3, 69120 Heidelberg; ISIN: DE0005236202
Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht hat mit Bescheid vom 02. April 2019, zugestellt am 05. April 2019, dem mit Schreiben vom 03. August 2017 gestellten Antrag der nachfolgend benannten Antragsteller auf Befreiung von den Pflichten aus § 35 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 WpÜG im Zusammenhang mit der beabsichtigten Sanierung der S&O Agrar AG gemäß § 37 Abs. 1 und Abs. 2 WpÜG i. V. m. § 9 Satz 1 Nr. 3 WpÜG-AV, stattgegeben:
1. Deutsche Balaton Aktiengesellschaft, Heidelberg (Antragstellerin zu 1)
2. VV Beteiligungen Aktiengesellschaft, Heidelberg (Antragstellerin zu 2)
3. DELPHI Unternehmensberatung Aktiengesellschaft, Heidelberg (Antragstellerin zu 3)
4. Wilhelm Konrad Thomas Zours, Deutschland (Antragsteller zu 4)
(die Antragsteller zu 1-4 zusammen im Folgenden auch bezeichnet als "die Antragsteller")
Der Tenor und die wesentlichen Gründe für die mit Auflagen und unter Widerrufsvorbehalten erteilte Befreiung werden nachfolgend wiedergegeben.
Der Tenor des Bescheids lautet wie folgt:
1. Die Antragsteller werden gemäß § 37 Abs. 1 und 2 WpÜG i.V.m. § 9 Satz 1 Nr. 3 WpÜG-Angebotsverordnung jeweils für den Fall, dass sie in Folge des Wirksamwerdens der im Insolvenzplan des Insolvenzverwalters in dem Insolvenzverfahren über das Vermögen der S&O Agrar AG, Leipzig (Amtsgericht Leipzig 401 N 1001/16), Rechtsanwalt Dr. Christoph Alexander Jacobi, vorgesehenen Kapitalerhöhungen
(i) um EUR 113.400,00 auf EUR 151.200,00 oder
(ii) um EUR 1.086.600,00 auf EUR 1.237.800,00
die Kontrolle über die S&O Agrar AG, Leipzig, erlangen sollten, von den Pflichten, nach § 35 Abs. 1 Satz 1 WpÜG die Kontrollerlangung zu veröffentlichen, nach § 35 Abs. 2 Satz 1 WpÜG der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht eine Angebotsunterlage zu übermitteln und nach §§ 35 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. 14 Abs. 2 Satz 1 WpÜG ein Pflichtangebot zu veröffentlichen, befreit.
2. Ich behalte mir vor, diesen Befreiungsbescheid jeweils in folgenden Fällen zu widerrufen:
a) Der unter vorstehender Ziffer 1 beschriebene Insolvenzplan wird nicht bis zum 30.06.2019 rechtskräftig.
b) Die Durchführung der unter vorstehender Ziffer 1 beschriebenen Kapitalerhöhungen wird nicht bis zum 31.10.2019 im Handelsregister eingetragen.
c) Die unter vorstehender Ziffer 1 beschriebenen Kapitalerhöhungen werden nicht vollständig gezeichnet.
d) Die Sanierungsmaßnahmen werden aus anderen Gründen nicht, wie im Insolvenzplan nach Ziffer 1 dieses Tenors vorgesehen, durchgeführt.
3. Die Befreiung ergeht unter folgenden Auflagen:
a) Die Antragsteller haben der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht unverzüglich spätestens bis zum 30.07.2019 den Eintritt der Rechtskraft des Insolvenzplans gemäß vorstehender Ziffer 1 durch Vorlage geeigneter Unterlagen (z.B. Ausfertigung des Planbestätigungsbeschlusses mit Rechtskraftvermerk) nachzuweisen.
b) Die Antragsteller haben der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht unverzüglich spätestens bis zum 30.11.2019 durch Vorlage geeigneter Unterlagen zu belegen, in welchem Umfang die unter vorstehender Ziffer 1 beschriebenen Kapitalerhöhungen durchgeführt wurden.
c) Die Antragsteller haben der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht unverzüglich spätestens bis zum 30.11.2019 durch Vorlage geeigneter Unterlagen zu belegen, in welchem Umfang die Antragstellerin zu 1) nach Durchführung der unter vorstehender Ziffer 1 beschriebenen Kapitalerhöhungen an der Zielgesellschaft beteiligt ist.
4. Für die positive Entscheidung über den Befreiungsantrag ist von den Antragstellern eine Gebühr zu entrichten.
Gründe
A. Sachverhalt
I. Zielgesellschaft
Zielgesellschaft ist die S&O AGRAR AG, eine Aktiengesellschaft deutschen Rechts mit Sitz Leipzig, eingetragen im Handelsregister des Amtsgerichts Leipzig unter der Handelsregisternummer HRB 28026 (folgend "Zielgesellschaft").
Das Grundkapital der Zielgesellschaft beträgt derzeit EUR 3.780.000,00. Nach der Satzung der Zielgesellschaft ist es in 3.780.000 nennwertlose auf den Inhaber lautende Stückaktien mit einem rechnerischen Anteil am Grundkapital von EUR 1,00 je Aktie eingeteilt. Die Aktien der Zielgesellschaft sind unter der ISIN DE0005236202 zum Handel im regulierten Markt der Frankfurter Wertpapierbörse zugelassen.
Durch Beschluss des Amtsgerichts Leipzig vom 02.08.2016 zum Aktenzeichen 401 IN 1001/16 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Zielgesellschaft eröffnet (folgend "Eröffnungsbeschluss"). Am 16.09.2016 wurde die Auflösung der Zielgesellschaft im Handelsregister eingetragen. Der Eröffnungsbeschluss wurde am 29.08.2016 dahingehend berichtigt, dass das Amtsgericht die Zielgesellschaft nichtmehr als von den Vorständen Svetlana Brake, geb. Gashkova und Herrn Alfred August Neimke vertreten ansieht. Dem Gericht lägen Unterlagen vor, aus denen hervorginge, dass die Zielgesellschaft seit spätestens Ende 2013 führungslos ist.
Zum Insolvenzverwalter über das Vermögen der Zielgesellschaft bestellte das Amtsgericht Leipzig Rechtsanwalt Dr. Christoph Alexander Jacobi, Leipzig (folgend "Insolvenzverwalter").
Die Zielgesellschaft hat im Jahr 2008 eine Wandelanleihe über bis zu EUR 756.000,00 EUR ausgegeben (folgend "Wandelanleihe 2008/2013"). Von den Gläubigern dieser Wandelanleihe wurden EUR 239.510,75 (einschließlich aufgelaufener Zinsen) zur Insolvenztabelle angemeldet und festgestellt. Hiervon hält die Antragstellerin zu 1) EUR 218.902,76 (einschließlich aufgelaufener Zinsen). Zudem hält die Antragstellerin zu 1) gegenwärtig 69.378 Aktien der Zielgesellschaft. Dies entspricht einem Stimmrechtsanteil in Höhe von 1,84 %.
Laut den Angaben im Jahresabschluss zum Geschäftsjahr der Zielgesellschaft vom 02.08.2017 bis zum 01.08.2018 (folgend "Jahresabschluss 2018") betreibt die Zielgesellschaft kein operatives Geschäft. Sie beschäftigt keine Mitarbeiter.
II. Antragsteller
Bei den Antragstellerinnen zu 1) bis 3) handelt es sich ebenfalls um Aktiengesellschaften nach deutschem Recht. Sitz der Antragstellerinnen zu 1) bis 3) ist jeweils Heidelberg. Sie sind im Handelsregister des Amtsgerichts Mannheim unter HRB 338172 (Antragstellerin zu 1)), HRB 337147 (Antragstellerin zu 2)) und HRB 705381 (Antragstellerin zu 3)) eingetragen.
Das Grundkapital der Antragstellerin zu 1) beträgt EUR 116.404 und ist eingeteilt in 116.404 auf den Inhaber lautende Stückaktien mit einem rechnerischen Anteil am Grundkapital von EUR 1,00 je Stückaktie.
Die Antragstellerin zu 2) hält unmittelbar 66.369 Aktien der Antragstellerin zu 1). Dies entspricht einer Beteiligung von rund 57.02 % der Stimmrechte der Antragstellerin zu 2).
Das Grundkapital der Antragstellerin zu 2) beträgt 50.000 EUR und ist in 50.000 Aktien mit einem Nennbetrag von jeweils EUR 1,00 eingeteilt. Alleinige Aktionärin der Antragstellerin zu 2) ist die Antragstellerin zu 3).
Das Grundkapital der Antragstellerin zu 3) beträgt 52.000 EUR und ist in 26.000 Stückaktien eingeteilt. Hiervon hält der Antragsteller zu 4) 94,5 %.
lll. Begutachtung der Zielgesellschaft
Im Auftrag der Antragstellerin zu 1) hat die WBS Treuhand GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft (folgend "Gutachterin") die Plausibilität des Businessplans der Zielgesellschaft überprüft. Hierzu hat die Gutachterin die Unternehmenslage der Zielgesellschaft analysiert, um deren Sanierungsbedürftigkeit und Sanierungsfähigkeit zu beurteilen. Ihr Gutachten vom 04.07.2017 hat die Gutachterin am 28.02·.2019 aktualisiert und an die überarbeite Businessplanung der Zielgesellschaft angepasst (folgend "Gutachten"). Die Gutachterin kommt zu dem Ergebnis, dass das zukünftige Unternehmenskonzept der Zielgesellschaft mittel- und langfristig tragfähig ist. Wegen der zum 30.06.2016 bestehenden Überschuldung sei die Fortführungsprognose ohne die geplanten Sanierungsmaßnahmen allerdings negativ.
IV. Gegenwärtige wirtschaftliche Lage der Zielgesellschaft
Im Eröffnungsbeschluss stellt das Amtsgericht Leipzig fest, dass die Zielgesellschaft zahlungsunfähig und überschuldet ist.
Im Jahresabschluss 2018 der Zielgesellschaft führt der Vorstand der Zielgesellschaft im Lagebericht u.a. Folgendes aus:
"Die Gesellschaft ist gegenwärtig zahlungsunfähig und überschuldet."
Der Jahresabschluss zum 01.08.2016 weist einen nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag in Höhe von EUR 767.340,99 aus. Im Rumpfgeschäftsjahr vom 01.01.2016 bis zum 01.08.2016 hat die Zielgesellschaft einen Jahresfehlbetrag in Höhe von EUR 32.769,83 erwirtschaftet. Zusammen mit dem Verlustvortrag aus dem Vorjahr in Höhe von EUR 4.514.571,16 führte dies zu einem Bilanzverlust in Höhe von EUR 4.547.340.99.
Nach den Angaben im Jahresabschluss 2018 weist die Zielgesellschaft aufgrund eines Jahresfehlbetrages in Höhe von EUR 78.131,36 zum 01.08.2018 einen nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag von EUR 881.846,82 aus.
Die Passivseite der Bilanz der Zielgesellschaft zum 01.08.2018 weist neben Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen in Höhe von EUR 363.061,06 und Rückstellungen in Höhe von EUR 39.728,00 sonstige Verbindlichkeiten in Höhe von EUR 331.942,28 und Verbindlichkeiten aus Anleihen in Höhe von EUR 221.312,00 aus. Demgegenüber stand ein Aktivvermögen in Höhe von EUR 74.196,52.
IV. Sanierungskonzept und Sanierungsbeiträge der Antragsteller
Der Insolvenzverwalter hat am 19.11.2018 einen Insolvenzplan beim Amtsgericht Leipzig eingereicht (folgend "Insolvenzplan"). Am 07.02.2019 hat die Gläubigerversammlung dem Insolvenzplan einstimmig zugestimmt.
Wesentliches Element des Insolvenzplans ist einerseits die Entschuldung der Zielgesellschaft und andererseits ein Kapitalschnitt. Um den Kapitalschnitt durchzuführen soll das Grundkapital der Zielgesellschaft zunächst über eine vereinfachte Kapitalherabsetzung (§§ 229 ff. AktG) im Verhältnis 100:1 von 3.780.000,00 EUR auf EUR 37.800,00 herabgesetzt werden (folgend "Kapitalherabsetzung"). Zugleich wird das auf EUR 37.800,00 herabgesetzte Grundkapital gegen Bareinlage um EUR 113.400,00 auf EUR 151.200,00 erhöht durch Ausgabe von 113.400 neuen, auf den Inhaber lautenden Stückaktien (folgend "Kapitalerhöhung I"). Den Aktionären wird das Bezugsrecht auf die neuen Aktien entsprechend ihrem Anteil am Grundkapital gewährt, entsprechend einem Bezugsverhältnis von 1:3. Alle nicht von Bezugsberechtigten gezeichneten Aktien werden von der Antragstellerin zu 1) übernommen. Sodann soll eine weitere Kapitalerhöhung gegen Bareinlage in Höhe von EUR 1.086.600,00 (folgend "Kapitalerhöhung II") durch Ausgabe von 1.086.600 neuen, auf den Inhaber lautenden Stückaktien unter Ausschluss des Bezugsrechts für die Altaktionäre durchgeführt werden. Zum Bezug der neuen Aktien aus der Kapitalerhöhung II sollen ausschließlich die Gläubiger der von der Gesellschaft ausgegebenen Wandelanleihe 2008/2013 zugelassen werden, die im Insolvenzverfahren eine Forderung angemeldet haben und deren Forderung zur Tabelle festgestellt wurde. Alle nicht von Bezugsberechtigten gezeichneten Aktien werden wiederum von der Antragstellerin zu 1) übernommen. Der Insolvenzplan weist ausdrücklich darauf hin, dass dies zur Folge hat, dass die Antragstellerin zu 1) die Kapitalerhöhung II mehrheitlich zeichnen kann. Die Antragstellerin zu 1) sei nur unter dieser Voraussetzung bereitgewesen, an der Kapitalerhöhung II teilzunehmen.
Die Antragstellerin zu 1) hat sich zudem bereiterklärt, bei Wirksamkeit des Insolvenzplans der Masse einen Betrag in Höhe von bis zu EUR 60.000,00 zur Verfügung zu stellen und diesen Betrag bereits auf ein Anderkonto des Insolvenzverwalters eingezahlt. Dieser Betrag soll nach dem Insolvenzplan zur Abgeltung möglicher Aktiva und zur Finanzierung des Insolvenzplans dienen.
Nach den Angaben der Antragsteller verfolgen sie mit ihren Sanierungsbemühungen das Ziel, es der Zielgesellschaft zu ermöglichen, sich wieder als Beteiligungsgesellschaft zu betätigen. Durch das der Zielgesellschaft im Rahmen der Sanierung seitens der Antragstellerin zu 1) zugeführte Kapital werde die Zielgesellschaft in die Lage versetzt, ihre neue Geschäftstätigkeit zu finanzieren.
Nach dem Insolvenzplan sollen die Gläubiger der Zielgesellschaft aus dem Betrag abgefunden werden, der nach Abzug der Masseverbindlichkeiten von den von der Antragstellerin zu 1) zur Verfügung gestellten EUR 60.000,00 verbleibt. Nach derzeitigem Sachstand stünde danach ein Betrag von EUR 24.277,36 zur Auszahlung an die Gläubiger zur Verfügung. Dies würde einer Quote von 3,4 % entsprechen. Den Gläubigern der Zielgesellschaft wird im Insolvenzplan eine Fixquote von lediglich 0,5 % zugesichert. Dies entspricht einem Betrag von EUR 3.569,50, der ggf. zu Lasten der im Rahmen der zugeführten Mittel geht.
Die Auszahlung der Quote ist zwei Wochen nach rechtskräftiger Planbestätigung fällig. Durch die quotale Zahlung an die Gläubiger wird die Zielgesellschaft von ihren rechtlichen Verbindlichkeiten aus der Zeit vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens, sämtlichen Zinsen aus diesen Verbindlichkeiten sowie den Kosten der Teilnahme am Verfahren gegenüber den Gläubigern befreit. Diese Befreiung gilt auch gegenüber Gläubigern, die dem Insolvenzplan widersprochen haben.
V. Geplante künftige wirtschaftliche Situation der Zielgesellschaft
Die Zielgesellschaft geht davon aus, dass ihr im August 2019 im Zuge der Kapitalerhöhungen I und II liquide Mittel in Höhe von EUR 1.100.000,00 netto zufließen.
Die Zielgesellschaft plant diese Mittel überwiegend in Wertpapiere (sowohl börsen- notierte, also auch nicht börsennotierte) zu investieren. Die Gutachterin führt in diesem Zusammenhang auf S. 6 des Gutachtens Folgendes aus:
"Die S&O (Anmerkung: entsprechend der Definition auf dem Deckblatt des Gutachtens die Zielgesellschaft) plant im Rahmen ihrer finanziellen Sanierung ihre Aktivitäten als Beteiligungsgesellschaft auszubauen. Als solche plant sie durch Investitionen in börsennotierte und nicht börsennotierte Wertpapiere, die ein gutes Chance/Risikoverhältnis ausweisen, Erträge von 15 % p.a. aus dem zu investierenden Kapital zu erwirtschaften."
Die Gutachterin geht in ihrem Gutachten davon aus, dass das von der Zielgesellschaft erstellte Konzept deren mittel- und langfristige Fortführung ermöglicht.
In diesem Zusammenhang führt die Gutachterin auch aus, dass es Beteiligungsgesellschaften durchaus gelingen kann, Erträge in Höhe von 15 % p.a. aus dem investierten Kapital zu erwirtschafte. So habe die Antragstellerin zu 1) im Zeitraum von 2012 bis 2016 sogar eine durchschnittliche Eigenkapitalverzinsung von 16,5 % p.a. erreicht.
Die Gutachterin weist darauf hin, dass im Rahmen der geplanten Tätigkeit der Zielgesellschaft als Beteiligungsgesellschaft weder Material- noch Personalaufwendungen anfallen. Der Großteil der Ausgaben fallen danach für die Kosten der Börsennotierung, Abschluss- und Prüfungskosten, Kosten des Insolvenzverfahrens sowie Vergütung des Aufsichtsrats und des Vorstands an.
Dem am 28.02.2019 aktualisierten Gutachten liegen folgende geplante Erträge und
Ausgaben zu Grunde:
Erträge | Ausgaben |
2019 EUR 19.222 | EUR 113.533,00 |
2020 EUR 165.000,00 | EUR 93.230,00 |
2020 EUR 165.000,00 | EUR 93.230,00 |
2021 EUR 165.000,00 | EUR 93.230,00 |
Die Planung der Zielgesellschaft berücksichtigt zudem die Veränderung der Passivseite ihrer Bilanz durch die gestaltenden Wirkungen des Insolvenzplans. Mit Wirksamkeit des Insolvenzplans verringern sich die Verbindlichkeiten der Zielgesellschaft nach deren Planung im August 2019 von EUR 916.15,00 auf EUR 182.455,00. Die Planung der Zielgesellschaft geht zudem davon aus, dass diese ab August 2019 über ein Eigenkapital in Höhe von EUR 974.841,00 verfügt.
VI. Anträge
Mit Schreiben vom 03.08.2017, eingegangen am 03.08.2017 beantragen die Antragsteller,
"gemäß § 37 Abs. 1 und 2 WpÜG in Verbindung mit § 9 Satz 1 Nr. 3 WpÜG Angebotsverordnung für den Fall, dass sie in Folge einer der in einem rechtskräftig bestätigten Insolvenzplan im Insolvenzverfahren über das Vermögen der S&O AGRAR AG, Leipzig, eingetragen im Handelsregister des Amtsgerichts Leipzig unter HRB 28026, vorgesehenen und durchgeführten Kapitalerhöhungen, im Hinblick auf die Antragsteller zu 24 in Verbindung mit § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WpÜG, die Kontrolle über die S&O ARGRAR AG, Leipzig, erlangen, von den Pflichten nach § 35 Abs. 1 Satz 1 WpÜG die Kontrollerlangung zu veröffentlichen, nach § 35 Abs. 2 Satz 1 WpÜG der Bundesanstalt eine Angebotsunterlage zu übermitteln und nach § 35 Abs. 2 Satz 1 in Verbindung mit § 14 Abs. 2 Satz 1 WpÜG ein Pflichtangebot zu veröffentlichen, befreit zu werden."
Die Antragsteller sind der Ansicht, dass aufgrund der beabsichtigten Sanierung eine Befreiung gern. § 37 Abs. 1 und Abs. 2 WpÜG i.V.m. § 9 Satz 1 Nr. 3 WpÜG-Angebotsverordnung gerechtfertigt ist. Die Zielgesellschaft sei sowohl sanierungsbedürftig als auch sanierungsfähig. Die Antragsteller leisteten auch einen erheblichen Beitrag zur Sanierung der Zielgesellschaft.
Die Antragsteller wurden am 25. und 29.03.2019 zu den Widerrufsvorbehalten und Auflagen telefonisch angehört. Die Antragsteller erklärten sich mit der telefonischen Anhörung einverstanden und erhoben keine Einwände gegen die Nebenbestimmungen.
B. Rechtliche Würdigung
Den Anträgen war stattzugeben.
I. Zulässigkeit
Die Anträge der Antragsteller sind zulässig. Insbesondere sind sie fristgerecht gestellt.
Gemäß § 8 Satz 2 WpÜG-Angebotsverordnung kann ein Antrag nach § 37 WpÜG schon vor der Erlangung der Kontrolle über die Zielgesellschaft und innerhalb von sieben Kalendertagen nach dem Zeitpunkt gestellt werden, zu dem der Bieter Kenntnis davon hat oder nach den Umständen haben musste, dass er die Kontrolle über die Zielgesellschaft erlangt hat. Da die Antragsteller derzeit noch keine Kontrolle an der Zielgesellschaft haben (vgl. Ziffer B II. 1. unten), sind die Anträge fristgerecht gestellt worden.
Über den Antrag konnte auch vor dem Kontrollerwerb der Antragsteller entschieden werden. Voraussetzung hierfür ist, dass sich die Kontrollerlangung als vorhersehbar (BT-Drs. 14/7034 v. 05.10.2001, S. 81) und aus Gründen der Sicherstellung der ernsthaften Bereitschaft zum Kontrollerwerb als sehr wahrscheinlich (vgl. Krause/Pötzsch/Seiler, in: Assmann/Pötzsch/Schneider, WpÜG, § 8 WpÜG-Angebotsverordnung, Rn. 8 f.) darstellt. Spätestens mit der Wirksamkeit der Kapitalerhöhung II werden die Antragsteller die Kontrolle über die Zielgesellschaft erlangen (vgl. hierzu Ziffer II.1.). Auch, dass es tatsächlich zur Kapitalerhöhung II kommt, ist hinreichend wahrscheinlich, da diese Teil des Insolvenzplans ist, dem die Gläubigerversammlung der Zielgesellschaft bereits zugestimmt hat.
Die Anträge der Antragsteller können auch in einem einheitlichen Verfahren beschieden werden.
Im vorliegenden Fall handelt es sich um einen einheitlichen Lebenssachverhalt und somit um ein Verwaltungsverfahren. Vorliegend müssen sich die Antragsteller zu 2) bis 4) wegen des zwischen den Antragstellern jeweils bestehenden Mutter-/Tochterverhältnisses sämtliche Stimmrechte aus den von der Antragstellerin zu 1) zu erwerbenden Aktien der Zielgesellschaft nach § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1; Satz 3 WpÜG zurechnen lassen (vgl. hierzu Ziffer II.2.). Bei einer Zurechnung nach § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WpÜG ist grundsätzlich ein einheitlich zu würdigender Lebenssachverhalt anzunehmen. Die erstmalige Kontrollerlangung durch das Tochterunternehmen (hier: die Antragstellerin zu 1)) fällt hier mit der Kontrollerlangung durch das jeweilige Mutterunternehmen (hier: die Antragsteller zu 2) bis 4)) in Folge der Zurechnung zusammen. Das verbindende Element des gesamten Lebenssachverhalts bildet die Lenkungsmacht des Prinzipals (hier: der Antragsteller zu 4)).
II. Begründetheit
Die Antragsteller sind nach Abwägung ihrer Interessen gegenüber den Interessen der außenstehenden Aktionäre der Zielgesellschaft gemäß §§ 37 Abs. 1 und 2 WpÜG i.V.m. 9 Satz 1 Nr. 3 WpÜG-Angebotsverordnung im Hinblick auf die beabsichtigte Sanierung der Zielgesellschaft von den Pflichten aus § 35 Abs. 1 und 2 WpÜG zu befreien.
1. Kontrollerwerb der Antragstellerin zu 1)
Eine Befreiung nach Maßgabe von § 37 Abs. 1 und 2 WpÜG i.V.m. § 9 Satz 1 Nr. 3 WpÜG-Angebotsverordnung setzt zunächst voraus, dass der Antragsteller eine kontrollrelevante Beteiligung zum Zweck der Sanierung der Zielgesellschaft erwirbt bzw. erwerben will (Krause/Pötzsch/Seiler in: Assmann/Pötzsch Uwe H. Schneider, WpÜG, § 9 WpÜG-AngVO, Rn. 20).
Die Antragstellerin zu 1) beabsichtigt im Zuge der Sanierung der Zielgesellschaft die Kontrolle im Sinne von § 29 Abs. 2 WpÜG über diese zu erlangen. Nachdem der Insolvenzplan vorsieht, dass die Antragstellerin zu 1) alle Aktien übernimmt, die nicht von Bezugsberechtigten im Rahmen der Kapitalerhöhung I gezeichnet werden, kann bereits die Durchführung der Kapitalerhöhung I zum Kontrollerwerb der Antragstellerin zu 1) führen. Würde sich neben der Antragstellerin zu 1) kein einziger Aktionär der Zielgesellschaft an der Kapitalerhöhung I beteiligen, könnte die Antragstellerin zu 1) 113.400 neue Aktien zeichnen. Nach Durchführung der Kapitalerhöhung I hielte die Antragstellerin I dann (einschließlich 693 Altaktien) rund 75·% des durch die Kapitalerhöhung zu I erhöhten Grundkapitals und der nach der Durchführung der Kapitalerhöhung I bestehenden Stimmrechte der Zielgesellschaft. Unabhängig von der Bezugsrechtsausübung durch Aktionäre der Zielgesellschaft würde die Antragstellerin zu 1) aber spätestens mit dem Wirksamwerden der Kapitalerhöhung II die Kontrolle über die Zielgesellschaft erlangen. Der Insolvenzplan sieht vor, dass sich an der Kapitalerhöhung II nur Gläubiger der Wandelschuldverschreibung 2008/2013 beteiligen dürfen, die ihre Forderungen im Insolvenzverfahren angemeldet haben und deren Forderungen zur Tabelle festgestellt wurden. Von diesen Forderungen (EUR 239.510,75) hält die Antragstellerin 91,4 % (EUR 218.902,76). In entsprechender Höhe kann die Antragstellerin zu 1) daher die Kapitalerhöhung II zeichnen. Mithin kann sie mindestens 993.152 Aktien aus der Kapitalerhöhung II zeichnen. Dies entspricht rund 80,2 % des erhöhten Grundkapitals der Zielgesellschaft und der nach der Kapitalerhöhung II bei der Zielgesellschaft insgesamt vorhandenen Stimmrechte.
2. Kontrollerwerb der übrigen Antragsteller
Die von der Antragstellerin zu 1) unmittelbar gehaltenen Stimmrechte in der Zielgesellschaft werden der Antragstellerin zu 2) gemäß §§ 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Satz 3, 2 Abs. 6 WpÜG, 290 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 Nr. 1 HGB zugerechnet werden, da die Antragstellerin zu 2) 57,02 % der Stimmrechte der Antragstellerin zu 1) hält und die Antragstellerin zu 1) daher ein Tochterunternehmen der Antragstellerin zu 2) ist.
Die der Antragstellerin zu 2) zuzurechnenden Stimmrechte in der Zielgesellschaft werden der Antragstellerin zu 3) gemäß §§ 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Satz 3, 2 Abs. 6 WpÜG, 290 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 Nr. 1 HGB zugerechnet werden, da die Antragstellerin zu 3) alleinige Gesellschafterin der Antragstellerin zu 2) und die Antragstellerin zu 2) daher ein Tochterunternehmen der Antragstellerin zu 3) ist.
Die der Antragstellerin zu 3) zuzurechnenden Stimmrechte in der Zielgesellschaft werden dem Antragsteller zu 4) gemäß §§ 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Satz 3, 2 Abs. 6 WpÜG, 290 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 Nr. 1 HGB zugerechnet werden, da der Antragsteller zu 4) 94,5 % der Stimmrechte der Antragstellerin zu 3) hält und die Antragstellerin zu 3) daher ein Tochterunternehmen des Antragstellers zu 4) ist.
3. Zweckzusammenhang zwischen Kontrollerwerb und Sanierung
Der erforderliche Zweckzusammenhang zwischen Kontrollerwerb und Sanierung folgt aus dem Sanierungskonzept der Antragsteller. Der Insolvenzplan sieht vor, dass die Antragstellerin zu 1) jeweils die in den Kapitalerhöhungen I und II nicht von Bezugsberechtigten gezeichneten Aktien übernimmt. Zudem ist die Kapitalerhöhung II so ausgestaltet, dass die Antragstellerin zu 1) als mehrheitlich Bezugsberechtigte mit deren Durchführung in jedem Fall die Kontrolle über die Zielgesellschaft erlangen wird (vgl. Ziffer B II. 1.). Dies stellt einerseits sicher, dass der Zielgesellschaft die aus den Kapitalerhöhungen I und II erwarteten und für die Sanierung benötigten Mittel tatsächlich auch zufließen und führt andererseits zum Kontrollerwerb der Antragsteller.
Dieser innere Zusammenhang zwischen Kontrollerwerb und Sanierung wird durch die Widerrufsvorbehalte unter Ziffer 2 des Tenors verfestigt. Leistet die Antragstellerin zu 1) die in Aussicht gestellten Sanierungsbeiträge nicht, kann die Befreiung widerrufen werden.
4. Sanierungsbedürftigkeit der Zielgesellschaft
Die Zielgesellschaft ist sanierungsbedürftig, da bestandsgefährdende Risiken im Sinne von § 322 Abs. 2 Satz 3 HGB bestehen.
Diese haben sich bereits in der Eröffnung des Insolvenzverfahrens durch das Amtsgericht Leipzig manifestiert. Das Amtsgericht Leipzig hat im Eröffnungsbeschluss festgestellt, dass die Zielgesellschaft zahlungsunfähig und überschuldet ist. Der Jahresabschluss zum 01.08.2016 weist einen nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag in Höhe von EUR 767.340,99 aus. Im Rumpfgeschäftsjahr vom 01.01.2016 bis zum 01.08.2016 hat die Zielgesellschaft einen Jahresfehlbetrag in Höhe von EUR 32.769,83 erwirtschaftet. Zusammen mit dem Verlustvortrag aus dem Vorjahr in Höhe von EUR 4.514.571,16 führte dies zu einem Bilanzverlust in Höhe von EUR 4.547.340.99.
5. Sanierungsfähigkeit der Zielgesellschaft
Das Sanierungskonzept der Antragsteller ist geeignet, die Krisenursachen zu beseitigen. Einerseits sieht das Sanierungskonzept vor, dass mit rechtskräftiger Bestätigung des Insolvenzplans das Insolvenzverfahren unverzüglich aufgehoben wird.
Die der Zielgesellschaft planmäßig im Rahmen der Kapitalerhöhung II zufließenden Mittel sowie die durch die Feststellungswirkungen des Insolvenzplans ausgelösten Veränderungen auf der Passivseite der Bilanz der Zielgesellschaft beseitigen zudem deren Zahlungsunfähigkeit, da die Zielgesellschaft von ihren Verbindlichkeiten aus der Zeit vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens befreit wird.
Schließlich würde auch eine bilanzielle Überschuldung der Zielgesellschaft nach der Planung der Zielgesellschaft bei Durchführung des Insolvenzplans beseitigt, da die Zielgesellschaft nach ihren Planungen ab August 2019 wieder über ein Eigenkapital in Höhe von EUR 975.841,00 verfügt.
Da die Zielgesellschaft durch diese Mittel in die Lage versetzt wird, eine Geschäftstätigkeit als Beteiligungsgesellschaft aufzunehmen, kann die Sanierung der Zielgesellschaft auch perspektivisch gelingen. Unter Berücksichtigung der Planergebnisse soll die Zielgesellschaft bereits ab dem Geschäftsjahr 2019 positive Ergebnisbeiträge und ab dem Geschäftsjahr 2020 einen operativen Gewinn erwirtschaften.
Diese Einschätzung wird durch die Feststellungen der Gutachterin bestätigt.
Allerdings unterstellt die Planung der Zielgesellschaft, dass sie als Beteiligungsgesellschaft eine Rendite von ca. 15 % auf das eingesetzte Kapital erwirtschaftet. Diese Planung erscheint mit Blick auf das derzeitige Zinsniveau ambitioniert. Angesichts des Umstands, dass es der Antragstellerin zu 1) nach den Feststellungen der Gutachterin in der Vergangenheit offensichtlich gelungen ist, eine Eigenkapitalverzinsung von 16,5 % zu erwirtschaften, erscheint es aber nicht unplausibel, dass die Zielgesellschaft als künftiges Tochterunternehmen der Antragstellerin zu 1) vergleichbare Renditen erzielen kann.
Daher ist das Sanierungskonzept der Antragsteller grundsätzlich geeignet, den Sanierungsfall zu lösen und die ihm zugrundeliegenden Krisenursachen der Zahlungsunfähigkeit und der Überschuldung zu beseitigen. An die Feststellung der Erfolgsaussichten des Sanierungskonzepts dürfen nämlich keine zu hohen Anforderungen gestellt werden. Zum einen ist zu berücksichtigen, dass es sich bei dieser Feststellung um eine Prognose des Geschehensablaufes auf Basis der bisher ermittelten Daten handelt. Zum anderen kann eine Feststellung der Erfolgsaussichten nur die Plausibilität der Sanierungsmaßnahmen prüfen. Im Ergebnis kommt es darauf an, ob das Sanierungskonzept grundsätzlich geeignet ist, den Sanierungsfall zu lösen, nicht aber, ob dies auch mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist.
6. Sanierungsbeiträge der Antragsteller
Im Rahmen des Sanierungskonzeptes der Antragstellerin zu 1) sind die Antragsteller bereit, einen erheblichen Sanierungsbeitrag zu erbringen bzw. haben bereits erhebliche Mittel zur Sanierung der Zielgesellschaft aufgewendet.
Der Insolvenzplan sieht vor, dass die Zielgesellschaft im Rahmen der Kapitalerhöhungen I und II neue Aktien für EUR 1,2 Mio. ausgibt. Alle nicht von Bezugsberechtigten gezeichneten Aktien sollen von der Antragstellerin zu 1) übernommen wer- den. Durch die Widerrufsvorbehalte unter Ziffer 2 des Tenors ist sichergestellt, dass die Antragsteller von dieser Befreiung nur Gebrauch machen können, wenn der Zielgesellschaft die benötigten Mittel aus den Kapitalerhöhungen tatsächlich zufließen. Aus der Beteiligung der Antragstellerin zu 1) an den Kapitalerhöhungen I und II folgt daher insgesamt ein Sanierungsbeitrag im Gegenwert von EUR 1,2 Mio.
Hinzu kommt ein Sanierungsbeitrag in Höhe von EUR 60.000,00 in Form eines Massezuschusses zur Abgeltung möglicher Aktiva und zur Finanzierung des Insolvenzplans.
Die Leistungen der Antragstellerin zu 1) kommen insoweit den übrigen Antragstellern zu Gute. Sie nehmen über ihre unmittelbare bzw. mittelbare Beteiligung an der Antragstellerin zu 1) an Chancen und Risiken, welche die Antragstellerin zu 1) mit den Sanierungsbeiträgen eingeht, teil.
7. Ermessensabwägung
Die Erteilung der Befreiung liegt im Ermessen der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (folgend "BaFin"). Bei einer Abwägung der Interessen der Antragsteller mit denen der außenstehenden Aktionäre der Zielgesellschaft, die nach § 37 Abs. 1 WpÜG vorzunehmen ist, ist grundsätzlich bei Vorliegen eines Tatbestands des § 9 WpÜG-Angebotsverordnung von einem Vorrang der Interessen der potentiellen Bieter auszugehen.
Durch die Sanierung soll der Fortbestand der Zielgesellschaft gesichert werden, was im Interesse aller Aktionäre der Zielgesellschaft ist.
Da die Antragsteller im Rahmen der Sanierung durch die o.g. erheblichen Leistungen (vgl. Ziffer B II.6.) zum Fortbestand der Zielgesellschaft beitragen, kann ihnen nicht zugemutet werden, den Aktionären der Zielgesellschaft darüber hinaus ein Pflichtangebot zu unterbreiten, das die Antragsteller in einem erheblichen Umfang zusätzlich finanziell belasten würde. Ihre Leistungen sollen vorrangig der Zielgesellschaft und damit mittelbar auch deren Aktionären zu Gute kommen. Daher ist die Befreiung nach § 37 WpÜG i.V.m. § 9 Satz 1 Nr. 3 WpÜG-Angebotsverordnung grundsätzlich - wenn auch unter Nebenbestimmungen - zu erteilen.
Entgegenstehende Interessen der Aktionäre der Zielgesellschaft, die auch unter Berücksichtigung der bereits in § 9 WpÜG-Angebotsverordnung durch den Gesetzgeber vorweggenommenen Interessenabwägung besonderes Gewicht haben, sind - abgesehen von dem Interesse an der Gesundung der Zielgesellschaft teilzuhaben - nicht ersichtlich.
Zwar sieht das Gesamtkonzept der Antragsteller zur Sanierung der Zielgesellschaft eine Gestaltung der Kapitalerhöhung II vor, die sicherstellt, dass die Antragstellerin zu 1) auch dann die Kontrolle über die Zielgesellschaft erlangt, wenn sie nach Durchführung der als Bezugsrechtskapitalerhöhung ausgestalteten Kapitalerhöhung I nur über eine Minderheitsbeteiligung in der Zielgesellschaft verfügt. Dennoch ist den Interessen der Antragsteller hier der Vorrang gegenüber möglichen Interessen der außenstehenden Aktionäre einzuräumen. Wie bereits ausgeführt, ist die Zielgesellschaft bereits insolvent. Ohne Sanierung droht der Zielgesellschaft damit die Amtslöschung nach § 394 Abs. 1 Satz 2 FamFG. Nach derzeitigem Kenntnisstand kommt der Beteiligung außenstehender Aktionäre daher kein nennenswerter wirtschaftlicher Wert zu. Entsprechend gering ist das Gewicht, das den Interessen der übrigen Aktionäre der Zielgesellschaft im Rahmen der Interessenabwägung beizumessen ist. Andererseits ist den Antragstellern nicht zuzumuten, die Zielgesellschaft durch ihre Sanierungsbeiträge zu rekapitalisieren, ohne die Möglichkeit zu erhalten, sich nennenswert an dieser zu beteiligen.
Im Übrigen haben die übrigen Aktionäre der Zielgesellschaft die Möglichkeit, sich entsprechend ihrer bisherigen Beteiligung an der Kapitalerhöhung I zu beteiligen und so selbst zur Sanierung der Zielgesellschaft beitragen. Allerdings würden selbst Aktionäre, die diese Möglichkeit nicht wahrnehmen, von einer Sanierung der Zielgesellschaft profitieren, wenn diese gelingt. Insofern besteht auch für die übrigen Aktionäre der Zielgesellschaft die Chance einer positiven Partizipation, welche geeignet ist, eine Ausnahme von der Angebotspflicht zu rechtfertigen.
III. Widerrufsvorbehalte
Rechtsgrundlage für die Widerrufsvorbehalte unter Ziffer 2 des Tenors ist § 36 Abs. 2 Nr. 3 VwVfG.
Die Widerrufsvorbehalte unter Ziffer 2 des Tenors sind geeignet und erforderlich, um seitens der BaFin den Befreiungsbescheid für den Fall widerrufen zu können, dass das Sanierungskonzept der Antragsteller nicht vollumfänglich umgesetzt wird.
Die Sanierung der Zielgesellschaft kann nach dem Sanierungskonzept der Antragsteller nur gelingen, wenn der Insolvenzplan rechtskräftig wird und die vorgesehenen Kapitalerhöhungen I und II vollständig durchgeführt werden. Zudem sieht der Insolvenzplan zwar vor, dass die Antragstellerin zu 1) jeweils die neuen Aktien, die nicht von den im Rahmen der Kapitalerhöhungen I und II Bezugsberechtigten gezeichnet wurden, erwirbt. Die Antragstellerin zu 1) hat dies gegenüber der Zielgesellschaft aber nicht fest zugesagt.
Durch die Widerrufsvorbehalte wird daher sichergestellt, dass das Sanierungskonzept der Antragsteller tatsächlich auch umgesetzt und die Befreiungsmöglichkeit des § 37 Abs. 1 und Abs. 2 WpÜG i.V.m. § 9 Satz 1 Nr. 3 WpÜG-Angebotsverordnung nicht zu Lasten der übrigen Aktionäre der Zielgesellschaft missbraucht wird.
Die Widerrufsvorbehalte sind auch verhältnismäßig. Im Vergleich zu einer auflösenden Bedingung sind sie ein milderes Mittel, um notfalls alternative oder zusätzliche Finanzierungs- und Sanierungsbeiträge im Rahmen des Widerrufsverfahrens berücksichtigen zu können. Auch geringfügige Änderungen des Sanierungskonzeptes, welche die Erfolgsaussichten der Sanierung der Zielgesellschaft nicht beeinträchtigen, können in diesem Rahmen berücksichtigt werden. Im Rahmen des Widerrufsverfahrens wären die Antragsteller erneut zu hören und im Hinblick auf die Ermessenausübung wäre insbesondere zu prüfen, ob die Antragsteller ihr Sanierungskonzept ordnungsgemäß betrieben haben und alle Handlungen und Beiträge in ihrer Verantwortungssphäre vorgenommen bzw. geleistet haben.
Die Widerrufsvorbehalte sind zudem auf das für die Umsetzung des Sanierungskonzeptes zwingend notwendige Maß begrenzt.
Die Fristen für die Umsetzung der Sanierungsmaßnahmen sind großzügig bemessen, um es den Antragstellern zu ermöglichen, auf unvorhergesehene Umstände zu reagieren. Allerdings darf die Durchführung der Sanierung nicht unbegrenzt offen bleiben. Dies würde dem Zweck der Befreiungsentscheidung, den Kontrollerwerb im Zusammenhang mit einer Sanierung der Zielgesellschaft zu begünstigen, zuwiderlaufen.
IV. Auflagen
Rechtsgrundlage für die Auflagen unter Ziffer 3 des Tenors ist § 36 Abs. 2 Nr. 4 VwVfG.
Nach den unter Ziffer 3 des Tenors bestimmten Auflagen sind die Antragsteller verpflichtet, die Rechtskraft des Insolvenzplans, die vollständige Durchführung der Kapitalerhöhungen I und II sowie ihren Beteiligungsbesitz nach Durchführung der Kapitalerhöhungen I und II nachzuweisen.
Diese Auflagen sind erforderlich, um die Umsetzung des Sanierungskonzeptes nachprüfen zu können, um so das überwiegen des Befreiungsinteresses der Antragsteller über die Interessen der übrigen Aktionäre der Zielgesellschaft sicherzustellen. Da es sich lediglich um Nachweispflichten handelt, sind die Auflagen auch verhältnismäßig im engeren Sinne.
Es ist ausreichend, wenn die Sanierungsmaßnahmen durch einen der Antragsteller nachgewiesen werden. Dies wirkt auch Pflichten erfüllend für die übrigen Antragsteller.
Bei einem Verstoß gegen die Auflagen kann die Befreiungsentscheidung gemäß § 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 VwVfG widerrufen werden.
Heidelberg, 17. April 2019
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