pts20010124009 Handel/Dienstleistungen, Auto/Verkehr

8. Handelsblatt Jahrestagung zur Energiewirtschaft

EU plant vollständige Liberalisierung bis 2005


Düsseldorf (pts009/24.01.2001/10:00) Auf der 8. Handelsblatt Jahrestagung zur Energiewirtschaft - organisiert von der Euroforum Deutschland GmbH - kamen in Berlin am 16.-18. Januar 2001 über 800 Teilnehmer zusammen, um Neues über den europäischen Energiemarkt zu erfahren.

Liberalisierung der Märkte
Eine hundertprozentige Liberalisierung der Strom- und Gasmärkte bis zum Jahr 2005 plant EU-Kommissarin Loyola de Palacio. Ein entsprechender Antrag soll beim nächsten Treffen des Ministerrats und beim Europaparlament eingebracht werden. Ebenso unterstrich sie die Notwendigkeit eines kompletten Unbundling, das heißt nicht nur der verwaltungsmäßigen, sondern auch der rechtlichen Trennung von Unternehmen der Stromerzeugung, der Stromübertragung und des Verkaufs. Bundeswirtschaftsminister Werner Müller (parteilos) begrüßte de Palacio´s Ankündigung einer EU-weit beschleunigten Liberalisierung. Müller wies auch darauf hin, dass eine rasche Umsetzung der Binnenmarktrichtlinien notwendig sei, wozu die aktuelle Verbändevereinbarung nicht ausreiche. Er erwarte aber, dass sich die Verhandlungspartner "doch noch zusammenraufen - und zwar sehr bald". Ansonsten sehe er keine andere Möglichkeit - ähnlich wie im Bereich der Telekommunikation - eine Regulierungsbehörde einzusetzen. Bisher sei Deutschland das einzige Land, in dem die Stromrichtlinie mit einer Verbändevereinbarung umgesetzt werden solle und nicht per Gesetz geregelt, sondern vielmehr auf die Selbstverpflichtung der Verhandlungspartner gesetzt werde. Ein Zustand, dem de Palacio "Blockadecharakter" zusprach, da sich in den vergangenen drei Jahren nicht genügend getan hätte.

Müller stellte fest, dass sich beim Bundeskartellamt Klagen beispielsweise gegen Verstöße gegen die Stromverbände-Vereinbarung gehäuft hätten. "Wenn auf dem Strommarkt das Wettbewerbsgeschehen nicht so abläuft wie vereinbart, ist wahrscheinlich auf Dauer das Kartellamt als Beobachter oder Regulator überfordert." Und weiter:"Es kann schon sein, dass ich der Aufforderung von Frau de Palacio folgen muss, weil die Marktteilnehmer mich dazu zwingen." Für den Fall, dass sich die Marktteilnehmer nicht rasch einigen, forderte die energiepolitische Sprecherin des Bündnis90/Die Grünen, Michaele Hustedt, die Einsetzung einer Regulierungsbehörde, um für eine geeignete Netzzugangsregelung zu sorgen und damit einen funktionierenden Wettbewerb zu sichern. Laurenz Meyer, CDU-Generalsekretär betonte die Notwendigkeit einer europäischen Gesamtstrategie. Er sprach sich weiterhin für mehr Anreize im Bereich der erneuerbaren Energien aus, wobei er aber auch das Festhalten an der Kernenergie als Beitrag zum Klimaschutz betonte. Eine massive Senkung des CO2-Ausstosses verspricht sich Hustedt dahingegen weniger vom Festhalten an Atomkraft, sondern durch eine Förderung regenerativer Energien, Energieeinsparung und einer effiziente Nutzung fossiler Energien. Weiterhin spiele nach Meinung Hustedts der geplante Ausbau der Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) eine wichtige Rolle. Distanziert zeigte sich dahingegen Müller zu der geplanten Quotenregelung zur Förderung der KWK. .Er betonte aber, dass die vorgesehene Regelung der Bundesregierung auf eine Reduzierung der CO2-Emissionen ziele. Dies bedeute aber nicht zwangsläufig eine Verdopplung des KWK-Anteils an der Stromerzeugung. Müller verwies in diesem Zusammenhang auf das Angebot Schröders an die Energiewirtschaft, einen Alternativvorschlag zur Senkung der CO2-Emission um 23 Millionen Tonnen, die durch den KWK-Ausbau eingespart werden könnten, einzureichen.

Umweltschutz
Zum Thema Umweltschutz merkte Müller an, dass es nicht anginge, kostengünstigen Strom aus osteuropäsichen Ländern zu importieren, wenn dort unsauber oder unsicher produziert werde und dafür in Deutschland umweltfreundliche Anlagen geschlossen würden. Müller forderte die Europäische Kommission auf, bei Stromimporten eine ökologische Reziprozität sicherzustellen oder Importe von "schmutzigem Strom" zu verhindern. Ansonsten seien entsprechende nationale Gesetze erforderlich. Den Fokus auf Energie und Umwelt legte auch Manfred Remmel, Vorstandsmitglied der RWE AG. Nach der Fusion mit VEW habe sich RWE in Richtung Multi Utilitiy neu orientiert, das Kerngeschäft bestehe nun aus vier Bereichen: Strom, Gas, Wasser & Abwasser sowie Abfall & Recycling. In Zusammenarbeit mit Siemens und MTU wurden im Rahmens eines Brennstoffzellenprojekts zwei Demoanlagen zur Erprobung unterschiedlicher Technologien errichtet. Remmel erwartet, dass langfristig zehn Prozent des Strombedarfs mit umweltfreundlicher Brennstoffzellentechnologie gedeckt werden können.

Internationale Energiemärkte
Dr. Otto Majewski (stv. Vorstandsvorsitzender der Eon Energie AG) merkte zum Thema "Multi Utilitiy" an, dass RWE hier einen Schritt weiter sei, der Rückstand aber zügig aufgeholt werden solle. Eon wolle sich wie RWE eine Position im britischen Markt verschaffen. Erste Gespräche führe Eon diesbezüglich mit PowerGen, dem drittgrössten Strom- und Gasversorger Großbritanniens; diese Meldung bestätigte der Vorstand des Eon-Konzerns Ulrich Hartmann.

Die Entscheidung des Bundeskartellamtes zur geplanten Übernahme der Vereinigten Energiewerke (Veag) durch die Hamburgischen Electricitätswerke wurde von Dr. Manfred Timm (Vorstandsvorsitzender HEW) heftig kritisiert. Das Bundeskartellamt hatte eine Nachbesserung des Angebots verlangt, aber signalisiert, dass sich die Einstellung ändere, sobald die Bewag hinzugenommen werde. Auch Bundeswirtschaftsminister Müller hatte sich in Berlin von der Argumentation des Kartellamtes distanziert.

Positiv sieht dahingegen der geplante Einstieg der Electricité de France EdF in die Energie Baden-Württemberg AG (EnBW) aus: Loic Capéran zeigte sich zuversichtlich von Mario Monti (Wettbewerbskommissar) grünes Licht für die Übernahme von 34,5 Prozent des EnBW-Kapitals zu erhalten. Capéran kündigte an, die Vorgaben Montis, den heimischen Markt zu öffnen, zu erfüllen. Ausländische Konkurrenten könnten zukünftig 150 Terrawattstunden (TWh) bei den französischen Industriekunden absetzen. "Frankreich ist kein geschlossenes Land mehr" sagte Caperan am Mittwoch auf dem Handelsblatt-Kongress in Berlin. Rund ein Drittel des französischen Marktes seien offen für andere Unternehmen. Zudem sei geplant, die bislang geltende Mindesstrommenge in Höhe von 16 Gigawattstunden abzusenken, ab der französische Kunden von ausländischen Konzernen Strom beziehen könnten. Für Großkunden seien die Preise um 15 Prozent gesunken. Offen blieb jedoch, wie der Zugang in den französischen Markt erfolgen solle.

Gaswirtschaft:
Interessant auch ein Statement von zwei Gasversorgern: Weder Wingas noch Ruhrgas planen den Wettbewerb um den Haushaltskunden à la "Yello". Burkhard Genge, Sprecher der Geschäftsführung der Wingas GmbH, stellte zudem fest, dass der Wettbewerb im Gasmarkt im Vergleich zur Entwicklung auf dem Strommarkt eher schleppend in Gang komme. Ein Problem sei, dass die Verbändevereinbarung vom 4. Juli 2000 doch eine ganze Reihe Fragen offen gelassen habe, so zum Beispiel grundlegende Dinge wie die Übergabe- und Übernahmebedingungen des zu transportierenden Gases, die Messung und Steuerung bei der Ein- und Ausspeisung, Nominierungsprozeduren und Datenübertragungsfragen.

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