pte20081218003 Umwelt/Energie, Forschung/Entwicklung

Gespenstschrecken: Parallel-Entwicklung ohne gemeinsame Vorfahren

Interessantes Forschungsergebnis bei Studien an Baumhummern


Baumhummer von Neuguinea (links) und Lord Howe Insel (rechts) Foto: M. Whiting/T. Reischig)
Baumhummer von Neuguinea (links) und Lord Howe Insel (rechts) Foto: M. Whiting/T. Reischig)

Göttingen (pte003/18.12.2008/06:05) Einem sehr interessanten Phänomen sind Forscher bei der Untersuchung von Riesen-Stabschrecken - so genannten Baumhummern - auf die Spur gekommen. Demnach kann die Evolution von Lebewesen offenbar unter ähnlichen Bedingungen zu gleichen Resultaten führen, auch wenn sie völlig unabhängig voneinander verläuft. In molekularbiologischen Untersuchungen konnte der Evolutionsbiologe und Zoologe Sven Bradler von der Universität Göttingen http://www.uni-goettingen.de zusammen mit neuseeländischen Forschern feststellen, dass zwei derart ähnlich aussehende Tiere nicht auf gemeinsame Vorfahren zurückgehen. Über die Erkenntnisse berichten die Forscher in der jüngsten Ausgabe des Wissenschaftsmagazins Proceedings of the Royal Society B.

"Wenn man die beiden Baumhummer - einer davon lebt auf der zu Australien gehörenden Lord Howe Insel, der andere auf Neuguinea - miteinander vergleicht, würde man glauben, dass sie sich beide aus gemeinsamen Vorfahren entwickelt haben", so Bradler gegenüber pressetext. Seit mehr als 100 Jahren haben die Forscher zwar darüber gerätselt, wie diese Tiere eine derart weite Strecke zurücklegen konnten, dennoch blieben die Forscher bei dieser Idee. "Bei beiden der Tierarten handelt es sich um flügellose Insekten, die sich speziell an den Lebensraum angepasst haben", so der Forscher. "Molekularbiologische Studien haben aber nun eindeutig das Ergebnis geliefert, dass beide Arten kein unmittelbares Verwandtschaftsverhältnis zueinander haben." Die nächsten Artverwandten der Baumhummer von Neuguinea leben in den Regenwäldern der indonesischen Inselwelt, verfügen bisweilen über Flügel und leben auf Bäumen. Auch die nächsten Artverwandten der Spezies der Lord Howe Insel, die in Australien leben, verfügen über Flügel und verbringen die meiste Zeit als Zweige getarnt in Bäumen.

"Offensichtlich hat der Evolutionsdruck von den zwei Spezies dazu geführt, dass zwei verschiedene Spezies sich in zwei verschiedenen Regionen ganz ähnlich entwickelt haben", so Bradler. Beide Tiere sind an den Lebensraum am Boden bestens angepasst: Sie verbergen sich in Bodenhöhlen, sind gut getarnt. Die Männchen setzen ihre stark verdickten Hinterschenkel zur Verteidigung ein. "In der Evolution sind beide aus grazilen, geflügelten Stabschrecken hervorgegangen", erklärt Bradler. Baumhummer werden etwa zehn bis zwölf Zentimeter lang. Die Tiere der Lord Howe Insel, Dryococelus australis, die seit 1986 als ausgestorben galten, wurden im Februar 2001 auf einer unbewohnten Felsinsel wieder entdeckt und werden seither im Zoo von Melbourne nachgezüchtet. Die Gespenstschrecken Neuguineas der Spezies Eurycantha horrida können Körpergrößen von über 15 Zentimeter erreichen.

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