pte20090325001 in Business

Europas Raffinerien vom Massensterben bedroht

Verkäufe durch Verlagerung nach China und Indien befürchtet


Konsolidierung erwartet (Foto: pixelio.de, schubalu)
Konsolidierung erwartet (Foto: pixelio.de, schubalu)

Hamburg/Bad Homburg (pte001/25.03.2009/06:00) Die nachlassende Nachfrage nach Benzin könnte bereits in einigen Jahren dazu führen, dass europäische Energiekonzerne ihr bisher lukratives Raffineriegeschäft aufgeben und sich neu strukturieren müssen. Neben schwierigen Rahmenbedingungen hierzulande gehen Fachleute davon aus, dass Zuwächse vor allem in China und Indien zu erwarten sind. In diesen Boom-Regionen baut die Ölindustrie derzeit ihre Kapazitäten massiv aus. Obwohl man sich somit auf die Wachstumsmärkte konzentriert, schwinden damit jedoch der Auslastungsgrad sowie die Gewinnspannen der Raffinerien in Europa. Da bereits Ölgigant Shell in Aussicht gestellt hat, einen Teil seiner Raffinerien in Europa aufgrund von Unterauslastung zu schließen, sind nun vor allem kleinere Raffinerien mit einer Kapazität von unter fünf Mio. Tonnen gefährdet.

"Die geringe Nachfrage nach Benzin wird auch künftig zu einer Marktkonsolidierung führen. Bei den großen Raffinerien, die Erdöl oder Erdgas weiterverarbeiten, ist bereits heute schon der Trend zu noch komplexeren Anlagen nachzuvollziehen", sagt Sintje Diek, Analystin der HSH-Nordbank http://www.hsh-nordbank.de , im Gespräch mit pressetext. Laut der Expertin können vor allem kleine Unternehmen mit ihrem Raffineriegeschäft nur dann punkten, wenn sie sich ausreichend spezialisieren sowie mit hochwertigen Produkten wie Destillaten auf die speziellen Anforderungen des Marktes reagieren. Dass strukturelle Veränderungen kurz bevor stehen, zeigt sich bereits in den Vereinigten Staaten. Dort wird im Zuge der Wirtschaftskrise deutlich weniger gefahren. Daher wird befürchtet, dass sich der Raffinerieboom umkehrt.

Obwohl Raffinerieunternehmen zum Umdenken gezwungen sind, gelten Diesel und Heizöl nach wie vor als relativ stabil. Trotzdem scheint sich der Abwärtstrend im Raffineriegeschäft immer deutlicher abzuzeichnen. So hat Shell schon vor einigen Wochen zwei seiner kleineren Werke in Norddeutschland zum Verkauf ausgeschrieben. Sollte kein Käufer für die Anlagen gefunden werden, sei auch eine Schließung denkbar, berichtet die Süddeutsche Zeitung unter Berufung auf Konzernkreise. Dass die Geschäftslage ernst ist, zeigt sich unter anderem darin, dass Shell 2007 bereits drei kleinere Anlagen in Frankreich verkauft hatte. Aber auch BP und Exxon Mobil wollen sich nur noch auf große Raffinerien konzentrieren. Zudem gab Exxon-Mobil-Tochter Esso vor zwei Jahren bekannt, eine kleinere Raffinerie aufgeben zu wollen (pressetext berichtete: http://pressetext.com/news/090114013/).

"Wenn es angesichts der weltwirtschaftlichen Rahmenbedingungen tatsächlich dazu kommt, dass es in der Bundesrepublik weniger Raffinerien geben sollte, wären wir auf kurz oder lang dazu gezwungen, längere Wege und damit höhere Transportkosten hinzunehmen", erläutert Leigh A. Hooper, Vorstand des in Deutschland tätigen Öl- und Gasexplorationsunternehmens Activa Resources http://www.activaresources.com , auf Nachfrage von pressetext. Die Lage der Raffineriebetreiber scheint langfristig ungewiss. Auch in Italien prüft der Energiekonzern ENI gegenwärtig den Verkauf von Verarbeitungsanlagen. Die beiden derzeit zur Disposition stehenden Shell-Werke in Hamburg-Harburg und Heide verfügen über Kapazitäten von rund 5,5 Mio. bzw. 4,5 Mio. Tonnen pro Jahr. Die Schließung des ersten Standorts wäre zwar der Worst Case. Das Aus für Heide hingegen würde bedeuten, dass dann der Standort betroffen wäre, der das einzig bedeutende Ölvorkommen Deutschlands, das Feld Mittelplate, bearbeitet.

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