Von "Job-Nomaden" und "Silver-Society" - OÖ Personaldienstleister thematisieren Work(R)evolution 2030
Branchentreff stand ganz im Zeichen des dynamischen Wandels in der Arbeitswelt
Linz (pts015/23.10.2024/12:00)
Multi-Jobbing, Work-Life-Balance, Vier-Tage-Woche, Job-Transformation, mobiles Arbeiten, Desk-Sharing und natürlich Homeoffice: Das alles ist in unserer Arbeitswelt bereits mehr oder weniger Realität. Diesen Trends müssen sich alle Arbeitgeber stellen. Auch und vor allem die Arbeitskräfteüberlasser. Der Status quo wird sich aber weiterhin dynamisch entwickeln. Zumindest ist David Kronawettleitner, Professor an der FH Wels, davon überzeugt. Er lieferte eine beeindruckende Keynote beim diesjährigen herbstlichen Branchentreff vor über 50 Personaldienstleistern in der OÖ Wirtschaftskammer in Linz. Untermauert wurde sein Vortrag mit eindeutigen Zahlen aus Studien renommierter Zukunftsforschungsinstitute weltweit.
Bevor allerdings David Kronawettleitner sein Referat startete, betrachtete der aktuelle Berufsgruppensprecher, Wolfgang Langthaler, einerseits die Ist-Situation der Branche und andererseits bot er einen Ausblick auf die nahe Zukunft. Langthaler sprach von beeindruckenden Zahlen, die die Branche zu einem immer wertvolleren Partner der Wirtschaft und der Steakholder macht. 2024 werden die 450 OÖ Arbeitskräfteüberlasser etwa 40.000 Mitarbeiter in Beschäftigung gebracht haben. Davon allein circa 60 Prozent aus dem Pool des AMS. "92 Prozent der Unternehmer sagen, dass sie zukünftig noch viel mehr flexiblere Arbeitskräfte benötigen und 82 Prozent der Führungskräfte erwarten, dass in Zukunft der lineare Karriereweg out sein wird." Langthaler forderte seine Branchenkollegen deshalb auf, "noch viel mehr auf Aus- und Weiterbildung zu setzen. Durch unsere Facharbeitskräfte mit Spezial- und Zusatzausbildung profitieren zukünftig Kunden und Mitarbeiter:innen noch mehr. Und es stärkt unsere Branche".
Er unterstrich auch, "dass wir bald viel mehr Bedarf an Projektarbeitskräften für ein, zwei Jahre Überlassung haben werden und es die Norm sein könnte, dass wir eine Mitarbeiterin oder einen Mitarbeiter zeitgleich an drei Beschäftiger überlassen. Weil wir eben besonders begehrte Fachkräfte haben werden und sich der Bedarf ändert. Beim Kunden und bei den Mitarbeiter:innen". In seinem Eingangsstatement hob der Branchensprecher auch den sehr aktiven Arbeitskreis innerhalb der WKOÖ hervor. Neben zielgerichteter Kommunikations- und Marketingarbeit gelang es dem engagierten Team etwa, "das gesetzliche Verbot der Zeitarbeit in Kommunen – übrigens ausschließlich in OÖ seit 2021 – mit 24.9. dieses Jahres zu Fall zu bringen. Eine Überlassung in den OÖ Gemeinden ist somit seit kurzem für uns alle wieder möglich".
Langthaler war sich zudem sicher, dass die OÖ Personaldienstleistungsbranche weiter wachsen wird. "Wir werden immer mehr zum All-In-Dienstleister im Personalbereich, der nicht nur das klassische Recruiting und die Überlassung erledigt, sondern zukünftig wohl noch öfter und mehr das ausgelagerte HR-Management übernehmen wird, Karriereplanungen mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern erstellt und maßgebend bei Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen von Fachkräften sein wird." Auch deshalb, weil "nur acht bis neun Prozent der OÖ Betriebe aktuell über mehr als zehn Mitarbeiter:innen verfügen. Eine Personalabteilung ist bei dieser Größe wohl nicht mehr ökonomisch. Langthaler forderte schließlich die Kolleginnen und Kollegen auf, weiterhin so wertvolle Arbeit für die Wirtschaft abzuliefern und deponierte auch seinen persönlichen Wunsch, dass "noch mehr von euch in unserem Arbeitskreis mitarbeiten, um weiterhin unsere Position auf dem Markt zu stärken!".
Zurück zu David Kronawettleitner: Es waren drastische Zahlen, die das interessierte Publikum oftmals in Staunen versetzten. Laut einer Prognose der WU Wien vom März 2024 etwa werden 2030 bereits über 80.000 Fachkräfte in OÖ fehlen, 2040 dann fast 150.000 (für Österreich liegt diese Schätzung übrigens bei 250.000 fehlenden Fachkräften). Der Wissenschaftler aus Wels nannte auch die Gründe: "Die Babyboomer-Generation ist dann vollends vom Arbeitsmarkt verschwunden!" Aber betrachten wollte er nicht nur Oberösterreich und Österreich. In Deutschland werden 2030 laut Prognose sogar drei bis fünf Millionen Arbeitskräfte fehlen.
Kronawettleitner skizzierte dann Lösungsansätze, wie Effizienzsteigerung, vor allem der intensivere Einsatz neuer Technologien in allen Bereichen, Internationalisierung sowie die Transformation am Arbeitsmarkt unter anderem durch vermehrte Nutzung des Potenzials der über Sechzigjährigen. "Der Trend geht zum Unruhestand. Wir werden Menschen brauchen, die länger im Arbeitsmarkt sind, mit denen wir sogenannte 'multigenerationale Teams' für einen raschen und perfekten Wissenstransfer bilden". In seinem Impuls-Vortrag hielt er auch fest, dass in gut fünf Jahren 50 Prozent der EU-Bevölkerung über 50 Jahre alt sein werden. "Wir müssen die ‚Silver-Society' motivieren und fix integrieren. Gepaart mit digitalen 'Job-Nomaden', die völlig unabhängig sind von Ort, Zeit und Raum sowie mit Projektmitarbeiter:innen mit großem Wechselwillen." Laut Prognose werden 2030 im österreichischen Arbeitsmarkt nur mehr 40 Prozent sogenannte Langzeit-Angestellte sein. Dafür 20 Prozent Freiberufler und satte 40 Prozent eben jene erwähnten Projektkräfte.
"Der Zug ist generationsbedingt nicht mehr zu stoppen", unterstrich der FH-Professor anschaulich. "Wir werden in absehbarer Zeit verstärkt 'Caring Companies' und 'Fluide Unternehmen' finden. Firmen, die sich noch viel mehr um ihre Mitarbeiter:innen kümmern, um deren Bedürfnisse, Sorgen, Wünsche. Unternehmen, die dynamisch flexibel reagieren können durch Job-Caring für junge Menschen und deren Familien. Wahrscheinlich wird der oder die Feelgood-Beauftragte eines Unternehmens eine ganz entscheidende Rolle einnehmen. Personalbindung über die Pension hinaus wird ein Schlüssel sein, ganz sicher aber der Einsatz neuester Technologien – von der KI bis eben hin zur Robotik."
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