pte20090124002 Kultur/Lifestyle, Handel/Dienstleistungen

Wirtschaftsfaktor alternde Gesellschaft

Ruhrgebiet ist Richtmaß für seniorengerechte Umstrukturierung


Freizeit- und Kulturangebote für Senioren haben Zukunft (Bild: pixelio.de/Sturm)
Freizeit- und Kulturangebote für Senioren haben Zukunft (Bild: pixelio.de/Sturm)

Gelsenkirchen (pte002/24.01.2009/06:10) Die alternde Gesellschaft stellt Wirtschaft und Kommunen zugleich vor Herausforderungen und Chancen. Zu diesem Schluss kommt eine Analyse vom Institut Arbeit und Technik (IAT) http://iat.eu , die in einem aktuellen Symposiumsband zur Generationsgerechtigkeit publiziert wurde. Besondere Aufmerksamkeit der Forscher hat das Ruhrgebiet, da es in seiner demografischen Entwicklung rund 15 Jahre Vorsprung auf das restliche Deutschland besitzt. "Die Alten sind hier besonders sesshaft, während Jüngere wenig Nachwuchs haben", so Josef Hilbert, Leiter des IAT-Forschungsschwerpunktes Gesundheitswirtschaft und Lebensqualität, im Gespräch mit pressetext. Das führe dazu, dass die schon jetzt überdurchschnittlich alte Bevölkerung bis 2025 um ein Zehntel auf 4,8 Mio. Menschen schrumpft, während die Gruppe der 60- bis 79-Jährigen um 60.000 auf 1,2 Mio. anwächst. Noch stärker steigt die Zahl der über 80-Jährigen von heute 240.000 auf 380.000. Das erfordert ein Drittel mehr Pflegeleistungen.

Dabei könne die Region ein Vorbild für Altersversorgung abgeben. "Der Ehrgeiz, vernünftige Modelle zu entwickeln, ist im Ruhrgebiet sehr hoch ausgeprägt", betont Hilbert. Ein Gesundheits-Schwerpunkt Alterung habe notwendige Strukturen wie die bessere kardiologische und neurologische Versorgung geschaffen. Größtmögliche Autonomie in der eigenen Wohnung spiele laut Hilbert in der politischen Agenda eine wichtige Rolle und habe zu einer im Vergleich hohen Zufriedenheit der Älteren geführt. Hintergrund dieser Umstellung ist das EU-Konzept "Aktives Altern". Es versucht einerseits Alter als Erlebnissphäre neu zu definieren statt als Abstellgleis. "Das erfordert die Bekämpfung der Anfälligkeit für Krankheiten im Alter, besonders bei sozial Benachteiligten oder Bildungsschwachen", so Hilbert. "Andererseits muss ein Umdenken in der Weise geschehen, dass das Alter auch eine Zeit des Gebens ist. Alte Menschen können etwa in der Kinderbetreuung ihre Fähigkeiten zur Verfügung stellen."

Der Wirtschaft gesteht Josef Hilbert eine Schlüsselposition für die Umstrukturierung zu, wofür das Ruhrgebiet ebenfalls beispielgebend sei. "Die Handwerkskammer und die Wohnungswirtschaft haben sich des Themas der Ausstattung barrierefreier Wohnungen besonders angenommen. Viele Wohnungen im Ruhrgebiet werden bereits altersgerecht erneuert." Als wirtschaftliche Hauptprofiteure der Alterung sieht Hilbert die Akteure aus den Bereichen Gesundheit, Wohnen und Lifestyle, die ihr Angebot rechtzeitig umstellen würden. "Auch Freizeit- und Kulturangebote für Senioren werden in Zukunft viel mehr nachgefragt." Welche Aspekte der Alterung wirtschaftlich nutzbar seien, ist bereits seit längerer Zeit Forschungsschwerpunkt am Institut Arbeit und Technik, das die Entwicklung im Ruhrgebiet wissenschaftlich begleitet hat.

Doch selbst im deutschen Alterungs-Vorzeigegebiet fehlt es nicht an noch ungelösten Problemen. "Rückstände gibt es vor allem in der seniorengerechten Umgestaltung des öffentlichen Verkehrs sowie im subjektiven Sicherheitsempfinden der Alten", betont Hilbert. Keine Patentlösung habe man weiterhin für den latenten Personalnotstand im Pflegebereich. "Bis vor kurzem konnten sich Pflegeanbieter ihre Mitarbeiter nach strengen Kriterien aussuchen, doch jetzt kippt der Arbeitsmarkt. Dazu beigetragen haben katastrophale Arbeitsbedingungen, schlechte Bezahlung und ein ebensolcher Ruf, der sich durch die Situation weiter verschlimmert", so Hilbert. Es sei keine endgültige Lösung, notwendige Arbeitskräfte aus dem südeuropäischen Ausland einzuladen, da dies nur anderwärtig Lücken schaffe. "In jüngster Vergangenheit hat man die Pflege rationalisiert und damit oberflächlicher gemacht. Dieser Trend muss sich umkehren - die Pflegearbeit muss intelligenter und zugleich produktiver werden", so der IAT-Forscher abschließend.

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