pte20090504037 Technologie/Digitalisierung, Medizin/Wellness

Rollstuhl lässt sich mit Gedanken steuern

Laser-Scanner erfasst Umgebung für Echtzeit-Navigation


Rollstuhl-Gedankensteuerung im Test (Foto: J. Minguez & Team)
Rollstuhl-Gedankensteuerung im Test (Foto: J. Minguez & Team)

Saragossa (pte037/04.05.2009/15:15) Forscher an der Universität von Saragossa http://www.unizar.es haben einen Rollstuhl entwickelt, der sich allein durch Gedanken steuern lässt. Das System kombiniert dazu einen Navigationspunkt, der auf einer in Echtzeit aktualisierten 3D-Karte wandert, mit einer Messung von Änderungen in der Gehirnaktivität. Das ermöglicht zu ermittelt, wohin sich der Nutzer mit dem Rollstuhl bewegen möchte. Im Experiment mit gesunden Testpersonen konnte gezeigt werden, dass dieser Ansatz funktioniert und der Umgang mit dem System relativ schnell zu erlernen ist. Nun wollen die Forscher ihren Prototypen weiter verbessern.

Das System nutzt eine Sensorenhaube mit Elektroden, um die Gehrinaktivität des Nutzers per EEG zu überwachen. Mit einem Laser-Scanner im vorderen Teil des Rollstuhls werden in einem Blickfeld von 180 Grad die Umgebung und etwaige Hindernisse erfasst. Die Daten des Laser-Scanners werden genutzt, um auf einem mitgeführten Display eine 3D-Karte der Umgebung zu erstellen. In dieser Darstellung bewegt sich ein blauer Punkt. Gerät dieser dabei in jenen Bereich des Bildschirms, auf den sich der Nutzer konzentriert, führt das zu einer Änderung der Gehirnaktivität. Das spiegelt sich im EEG wider und wird als Zeichen dafür gedeutet, wohin sich der Rollstuhl bewegen soll - die entsprechende Stelle wird zum nächsten Wegpunkt. Testpersonen konnten den sicheren Umgang mit diesem System in knapp einer Stunde lernen und danach zwei Hinderniskurse im Rollstuhl erfolgreich bewältigen, so die Wissenschaftler.

Der aktuelle Prototyp des Teams rund um den Computerwissenschaftler Javier Minguez hat noch eine Reihe von Schwächen. Dazu zählt etwa die Tatsache, dass das System nur etwa zwei Eingaben pro Minute erlaubt. Auch kann das System aufgrund der Art, wie die Elektroden der Sensorhaube befestigt werden, nur wenige Stunden sinnvoll genutzt werden. Daher arbeiten die Forscher an entsprechenden Verbesserungen. In weiterer Folge wäre es wichtig, die Funktionalität des Systems auch mithilfe potenzieller Dauernutzer zu testen. Dazu zählen den Wissenschaftler zufolge Patienten, die zu willentlichen Muskelbewegungen praktisch nicht mehr fähig sind, etwa mit Amyotropher Lateralskelrose (ALS) oder Rückenmarksverletzungen.

Zwar ist die spanische Entwicklung nicht der ersten Rollstuhl, der per Gedanken gesteuert wird. Beispielsweise haben italienische Wissenschaftler ein anderes System entwickelt (pressetext berichtete: http://pressetext.de/news/090213004/). Allerdings handelt es sich bei der Entwicklung aus Saragosse um das einzige Design, dass Gedankensteuerung in ein System integriert, das zu Echtzeit-Navigation, Routenplanung und Kollisionsvermeidung in der Lage ist, so der Biosignalanalyse-Experte Palaniappan Ramaswamy von der University of Essex gegenüber New Scientist.

(Ende)
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