pte20120516010 Technologie/Digitalisierung, Unternehmen/Wirtschaft

Wohnzimmer wird zu interaktiver Werbeplattform

Xbox-Sensoren werden Firmen für Reklame zur Verfügung gestellt


Kinect-Sensorleiste: Fenster zum Wohnzimmer (Foto: Wikipedia, gemeinfrei)
Kinect-Sensorleiste: Fenster zum Wohnzimmer (Foto: Wikipedia, gemeinfrei)

Redmond (pte010/16.05.2012/11:48) Noch in diesem Frühjahr will Microsoft in den USA das Xbox-Reklame-Portal NUads auf den Markt bringen, wie cnet.com berichtet. Durch die Kinect-Sensoren der Xbox können Firmen künftig interaktive Werbung gestalten, um die Zuseherinteraktion zu verbessern. In einem nächsten Schritt sollen Unternehmen auch kommerzielle Applikationen für die Xbox schreiben können. Erste Prototypen, wie eine Software zum virtuellen Kleider-Anprobieren gibt es bereits. Kinect verfügt über audiovisuelle Sensoren, die Gesichtserkennung und das Sammeln biometrischer Daten ermöglichen. Microsoft versichert, dass Datenschutz von Beginn an Priorität hat.

Gesetzlicher Rahmen

"Gesichtserkennung und biometrische Daten halte ich für wenig bedenklich, weil die Technik einfach noch nicht so weit ist, zuverlässige Ergebnisse zu liefern. Der Eingriff in die Privatsphäre besteht hier am ehesten darin, dass jemand für eine andere Person gehalten wird. Anwendungen wie Kleideranprobe vor dem TV können durchaus Scharm haben", sagt Hans Zeger von der ARGE Daten http://www.argedaten.at gegenüber pressetext. Das Problem liegt für den Experten bei den Einverständniserklärungen der Nutzer.

"In einer Situation, in der ein User etwas will, etwa beim Spielen, ist keine gesetzeskonforme Vereinbarung möglich. Der Gesetzgeber sollte Pseudoeinverständniserklärungen, die heute weit verbreitet sind, durch entsprechende Maßnahmen einschränken. Bei Spielekonsolen oder Handys wäre eine Datenschutz-Überprüfung durch Experten eine Möglichkeit", so Zeger.

Für die Werbeindustrie sind die NUads interessant, weil sie eine Kontrolle der Wirksamkeit von Fernsehreklame erlauben. Über die Xbox kann die Reaktion der Zuschauer auf einen Spot live beobachtet werden, in Zukunft ist sogar ein reaktives Wechseln der Einschaltungen in Echtzeit denkbar. Durch die Konkurrenz aus dem Internet braucht Fernsehehwerbung zudem dringend eine stärkere Zuschauereinbindung. "Während des Super Bowl können sie künftig bei einer ansprechenden Werbung so etwas wie "Xbox share" sagen und die Konsole teilt den Spot automatisch über soziale Medien. Die Werber sind davon sehr angetan", sagt Lyn Watts von Microsoft.

Offene Schnittstelle

Watts verlangt von Unternehmen, die Zugriff auf die Xbox wollen, von Beginn an Transparenz. Das wird vor allem für die zweite Phase des Projekts enorm wichtig. Anwendungen von Drittanbietern, wie die erwähnte Ankleide-App der Firma Razorfish, holen die Firmen unmittelbar in die Wohnzimmer der Menschen, die sich bereit erklären teilzunehmen. "Kommerzielle Anwendungen sind nicht abzulehnen, es braucht aber genaue Regeln, vor allem bei einem geschlossenen System wie einer Spielekonsole. Standardmäßig sollte gar keine Information aus den Wohnzimmern zurückfließen, Ausnahmen darf es nur auf Geheiß der Nutzer geben", so Zeger.

Selbst wenn Microsoft Wort hält und sich an strenge Privatsphärenrichtlinien hält, gibt es ein weiteres Problem. Eine Welt, in der Filme und Videospiele persönlich auf die Konsumenten zugeschnitten sind, ist Schauplatz einer perfiden Art von Einflussnahme. "Wenn ich nicht mehr die ursprüngliche Fassung eines Filmes oder Videospiels genießen kann, ist das ein Eingriff in mein Recht auf unzensurierte Wahrnehmung. Das kann ein großes Problem werden", erklärt Zeger.

(Ende)
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