pts20070809015 Umwelt/Energie, Medien/Kommunikation

Österreichs Energiehaushalt und die Klima-Problematik


Himberg (pts015/09.08.2007/13:00) Klimawandel
Steht ein Klimawandel bevor? Ist er etwa schon im Gang?
Der letzte viel zu warme Winter und in der Folge der UN- Klimabericht der UPCC von Ende Jänner 2007 über einen wahrscheinlich vor sich gehenden empfindlichen Klimawandel mit gar nicht abzuschätzenden Folgen haben auch bei uns die Diskussion um die Bereitstellung der für unser Leben nötigen Energie und deren Wirkung enorm angeheizt. Was soll nun diesen Klimawandel bewirken und was könnten wir vielleicht dagegen tun?

Der Treibhauseffekt
Laborversuche und Computersimulationen haben gezeigt, dass Sonnenlicht durch die klare, wolkenfreie Atmosphäre weitgehend ungeschwächt durchdringt. Durch Boden und Wasser wird es absorbiert und heizt diese auf. Aus diesem Grund senden sie dann, wie ein Ofen Wärmestrahlen aus, die aber nicht so ungehindert durch die Atmosphäre wieder in den Weltraum verschwinden. Dies deswegen, weil Wolken, aber auch eine Reihe von Gasen diese Strahlung am Verlassen der Atmosphäre hindern und sie selbst unter Erwärmung absorbieren. Die so erwärmten Teilchen senden nun eine etwas länger wellige Wärmestrahlung ihrerseits wieder zum Boden, so dass ein Effekt entsteht, der der Wirkung einer Bettdecke oder des Glases eines Treibhauses ähnlich ist: es ist mit ihm wärmer als ohne ihn. Dieser Effekt ist auf der Erdoberfläche schon immer segensreich wirksam, so dass die mittlere Temperatur hier angenehme +15 0 C beträgt statt unangenehmer - 17 0C.

Als treibhauswirksame Gase gelten Wasserdampf, Kohlendioxid CO2, Stickoxide, Erdgas, Benzindämpfe, Lacklösemittel und andere. Besonders Kohlendioxid entsteht bei der Verbrennung aller Brennstoffe, so dass im Lauf des letzten Jahrhunderts die Konzentration dieses Gases in der Atmosphäre von 0,026 % auf derzeit 0,035 % durch menschliche Einwirkung deutlich gestiegen ist.
Dadurch hat sich nach neusten Angaben der UN die mittlere Oberflächentemperatur der Erde um 0,7 0 C erhöht und scheint sich weiter zu erhöhen. Der letzte UN- Bericht von Ende 2006 geht davon aus, dass sich die mittlere Erdtemperatur bis 2100 günstigstenfalls um 1,1- 2,9 0 C erhöht, ungünstigstenfalls um 2,4- 6,4 0 C. Der Meeresspiegel würde damit bis dahin um günstigstenfalls 18- 38 cm, ungünstigstenfalls um 26- 59 cm ansteigen. Ein Umdenken in der Klimafrage und daher Energiefrage scheint nötig.

Leider haben Verantwortliche über Jahrzehnte nicht begriffen, dass unsere derzeitige Lebensweise von den fossilen = versteinerten Energieträgern Erdöl und Erdgas so abhängig ist wie der Verdurstende vom labenden Trunk- ein Faktum, das sowohl hinsichtlich der geringen heimischen Ressourcen und des nötigen Importes aus oft politisch fragwürdigen Quellen, wie auch wegen der Folgen des Verbrauches auf das Klima bedenklich stimmen muss.
Hinsichtlich der Möglichkeiten einer Umschichtung unseres Energiehaushaltes zugunsten klimafreundlicherer und möglichst eigener Energiequellen tauchen fast täglich neue Vorschläge auf und mir scheint, dass die Öffentlichkeit sich hier nach einem aus der Mode gekommenen Sprichwort im Zustand 1) "Begeisterung" befindet. Aber die folgenden Zustände 2) "Verwirrung", 3) "Ernüchterung", 4) "Suche der Schuldigen" u.s.w. lassen bestimmt nicht lange auf sich warten. Doch nun zu Fakten:

Das Energie- Aufkommen
Für das Jahr 2005 entnehmen wir dem Bericht des BM für Arbeit und Wirtschaft 1) ein Gesamtenergie-Aufkommen Österreichs von 1654 PJ; davon wurden 207 PJ exportiert, der Rest, genau 1440 PJ wurde verbraucht; das entspricht dem Energieinhalt von etwa 35 Millionen Tonnen Benzin. Nur 25 % davon konnten im eigenen Land gewonnen werden, die restlichen 75 % wurden importiert.
Nach Energieträgern geordnet stellt sich das Energieaufkommen wie folgt dar:

Tabelle 1
Fast genau 2/3 der verbrauchten Energie stammt aus den Trägern Erdöl und Erdgas, fast 4/5 aus fossiler Energie. Nur sehr geringe Beträge davon bringt Österreich aus eigenem Boden auf.

Zum Vergleich:
Die gesamte Welt verbrauchte 2004 ca. 440000 PJ an primärer Energie; Österreich demnach bei einer Bevölkerung von 0,13 % davon ca. 0,3 %.
Das Welt- Energieaufkommen wird ähnlich dem österreichischen zu etwa 2/3 aus Erdöl und Erdgas, im Übrigen aber hauptsächlich aus Kohle und zu ca. 7 % aus Atomenergie gespeist. Wasserkraft macht hier nur 2 % aus.

Erneuerbare Energie
Im Gegensatz zu den fossilen Quellen heizt erneuerbare Energie wie Holz dem Treibhaus nicht ein; ihr Brennstoff wurde ja zuvor beim Wachsen des Baumes von diesem mit Hilfe der Sonne der Atmosphäre entzogen, wird ihr beim Verbrennen wieder zugeführt und beim erneuten Wachsen eines Baumes wieder herausgeholt u.s.w.

Interessant ist es, den Hoffnungsträger " Österreichs erneuerbare Energie" genauer zu betrachten:
Im Jahre 2003 brachte nach Daten des BM f. Wirtschaft + Arbeit die Verbrennung des Anteiles von Holz 3/4 dieses Bruchteiles des Gesamtenergieaufkommens und demnach:

Tabelle 2
Man ist demnach gut beraten, keine zu großen Hoffnungen auf erneuerbare High- Tech -Energie zu setzen. Demgegenüber könnte aber eine Nutzung des Waldes unter verbesserter Pflege ohne weiteres einen zusätzlichen 5 %- Beitrag leisten.

Bioenergie ( Landwirtschaftliche Energieerzeugung )
Viel wurde in letzter Zeit auch über die Möglichkeit einer landwirtschaftlichen Erzeugung zumindest von Treibstoffen gesprochen. Tatsächlich sind eine Reihe von Produkten aus der Landwirtschaft als Treibstoffe geeignet:

Biodiesel aus Rapsöl; Anwendung wie Dieselöl; der Energieinhalt liegt ca. 15 % niedriger als der von Erdöl- Diesel

Ethanol aus Zucker (-rüben); Anwendung als Zusatz zu Benzin; der Energieinhalt liegt ca. um 40 % unter dem von Benzin.
Beide Stoffe fallen in der notwendigen Form nicht in der Landwirtschaft an und müssen erst umgewandelt werden: Rapsöl durch Umesterung, Zucker durch Vergärung und Destillation.
Wenden wir uns daher zuerst der Frage der möglichen Quantität zu.

Auf der Seite des BM f. Landwirtschaft und Umwelt finden wir für 2002 aufgelistet die Menge der landwirtschaftlichen Produkte aus Österreich: Kartoffel, Gemüse, Getreide, Zuckerrüben, Obst, Ölsaaten, Wein, Hülsenfrüchte, Milch, Fleisch.
Setzt man für alle diese Stoffe den Energieinhalt ( Heizwert ) ein, so erhält man einen Gesamt- Energieinhalt von etwa 94 PJ oder 6,5 % des österr. Gesamtenergieaufkommens.

Mit anderen Worten: würde man die gesamte Anbaufläche Österreichs zur Energieerzeugung nutzen, so erhielte man ca. 6,5 % unseres Energiebedarfes. Eine solche Vorstellung ist natürlich unsinnig, denn wir wollen ja weiter von unseren Bauern mit guten, gesunden und wohlschmeckenden Lebensmitteln beliefert werden. Würde 1/4 der Fläche energetisch genutzt, so könnte die Landwirtschaft etwa 1,5 % des Energiebedarfes decken. Allerdings braucht sie dazu selbst Energie zum Düngen und Bearbeiten; schließlich müssen die Erzeugnisse aber dann noch industriell wie oben beschrieben umgewandelt werden, so dass der Netto- Anteil weiter sinkt.
Für Biodiesel finden wir in Wikipedia eine Abschätzung für dieses Produkt. Um 1l Biodiesel zu erhalten wird eine Anbaufläche von ca. 10 m2 angegeben; für die Abgabe von 1 l des Produktes an den Konsumenten aber 30 m2. Anders gesagt: 2/3 der erzeugten Menge dienen nur der Aufrechterhaltung des Erzeugungsprozesses- 1/3 kann abgeliefert werden.
Das Potential der Landwirtschaft verringert sich demgemäß auf höchstens 0,5 % des Gesamtenergieaufkommens, wobei die Umwandlungsprozesse noch nicht eingerechnet sind. Ein wahrhaft ernüchterndes Ergebnis!

Der Energieverbrauch
Wohin nun wandern all diese Mengen, wer verbraucht sie?
Die Webseite des. BM f. Wirtschaft und Arbeit vom Dezember 2006 gibt einigen Aufschluss:

Tabelle 3
In einigen Studien, z. B. dem Kyoto- Fortschrittsprotokoll des Umwelt- Bundesamtes für 2004 oder der VCÖ- Studie werden die etwas kryptischen Bezeichnungen ein wenig näher spezifiziert.

Tabelle 4 - Das Kyoto- Protokoll
Mit dem Kyoto- Protokoll verpflichtete sich Österreich bis 2012 für eine 13 prozentige Reduktion seiner Treibhausemissionen gegenüber dem Basisjahr 1990. Bis zum Jahr 2002 stieg demgegenüber die Emission dieser Gase um 9 %. Spätere Daten waren mir nicht zugänglich, doch kann aus der Energieverbrauchsentwicklung von 2002 auf 2005 davon ausgegangen werden, daß inzwischen keine Trendwende erfolgte, sondern der Treibhaus- Gasausstoß weiter stark auf etwa 15 % angestiegen ist . Eine triste Angelegenheit!

Und die anderen?
Hier eine kleine, willkürliche Auswahl verschiedener Länder im Pro- Kopf und Jahr- Vergleich an verbrauchter Energie und CO2 Ausstoß:

Tabelle 5
Energieverbrauch und Emissionen laufen etwa parallel.
Im Vergleich mit vielen Staaten der EU liegt Österreich im Mittelfeld, was sicherlich zum Teil mit seiner geografischen Lage zusammenhängt. Das südliche Staaten, die noch dazu keine besonders gebirgige Lage aufweisen, weniger heizen müssen und so weniger Energie verbrauchen und weniger CO2 emittieren, liegt auf der Hand. Das Bild ist auch deswegen nicht besonders günstig für Österreich, da alle genannten Staaten mit Ausnahme Italiens, Portugals und eben Österreichs einen beträchtlichen Teil des Stromes aus Kernreaktoren gewinnen.
Wozu haben sich diese Länder im Kyoto- Protokoll verpflichtet und was kam bisher heraus?

Tabelle 6
Wie die 'Zahlen damals zu Stande kamen und ob sie fair ausgehandelt wurden, entzieht sich meiner Kenntnis. Die größte Kluft zwischen Ist und Soll klafft derzeit bei Portugal, danach kommt schon Österreich.

Man ist offiziell guten Mutes, die Ziele bis 2012 zu erreichen, obwohl die meisten Staaten, derzeit davon weit entfernt sind. Eine Ausnahme bilden nur Deutschland und Rußland. Ersteres, weil es sein Ziel schon nahezu erreicht hat, letzteres, weil es keine Verpflichtungen zur Reduktion auf sich nahm, aber durch Stilllegung alter Anlagen aus den Tagen der Sowjetunion doch eine beträchtliche Reduktion zu Stande brachte. Auf die Übereinkunft zum Handel mit Emissionsrechten sei hier nur hingewiesen. Einen Klimawandel wird durch Handel mit Zertifikaten aber keiner aufhalten!

Was tun?
Die Gefahr des Klimawandels ist groß, die dahinter liegenden Gefahren teilweise noch gar nicht bekannt. Wir sollten uns demnach anstrengen!
Die Einflussnahme Österreichs ist entsprechend seiner relativ geringen Verbrauchs- und Emissionswerten nur klein. (Siehe oben! ). Wichtig wäre es vor allem, den riesigen Energiefresser USA einzubinden!

Für uns Österreicher wird es sinnvoll sein, bei den großen Posten der Bilanz zuerst anzusetzen.
Leider stehen derzeit verbesserte Technologien kaum zur Verfügung; in einigen Jahrzehnten kann sich das ändern, aber dann ist es vielleicht zu spät.
Wie so oft, ist guter Rat teuer. Lange Zeit hat man uns zu einer immer aufwendigeren Lebensweise animiert. Umdenken und Umschalten wird daher schwierig. Naheliegend ist es, dort anzusetzen, wo Verbrauch nur durch Gedankenlosigkeit entsteht und dieser Energieverschwendung Einhalt zu gebieten. Ganz allgemein wird der Anreiz zum sorgsamen Umgang mit Energie steigen, wenn sie nicht mehr so wohlfeil wie bisher ist, eine zusätzliche Besteuerung wäre dazu ein nützlicher Weg. Eine Einspar- Möglichkeit von -10 % könnte durchaus erreicht werden.

Zu solcher bietet sich zunächst der Verkehr an.
Hohe Geschwindigkeit kostet viel Treibstoff, bringt sie außer der Formel 1 etwas?
Begrenzung der Höchstgeschwindigkeit auf Autobahnen auf 110, auf Bundesstraßen 80 für PKW scheint empfehlenswert; Licht am Tag muss durch Benzinverbrennung gespeist werden- brauchen wir es wirklich?
In der Stadt sind Bahn und Bus wenigstens 5x so effizient wie ein PKW!
Auf kurzen Wegen zu Fuß gehen.
Gewicht frisst Treibstoff! Beim Neuwagenkauf ein kleineres, leichteres Modell wählen.

Auch im Wohnbereich gibt es viele Verbesserungsmöglichkeiten:
Mit Holz heizen, auch mit minderwertigem.
Wärmedämmung der Häuser; dichte und dämmende Fenster und Türen; nicht überheizen, nicht zu viel lüften, Sonnenwärme eindringen lassen. Neue Häuser können heute so gebaut werden, dass sie nur einen Bruchteil des Heizbedarfes eines alten aufweisen!
Licht und Geräte (EDV!) abdrehen, wenn sie nicht gebraucht werden. Glühbirnen durch Energiesparlampen ersetzen.

Schwieriger wird es sein, im Bereich der Produktion Verbesserungen zu erzielen, da die Manager der Unternehmen auf sparsamen Einsatz der Energie aus Kostengründen wohl achten dürften.

Und wie sieht es mit einem Wandel in der Herkunft unserer Energie aus?
Wasserkraft ist in Österreich weitgehend ausgebaut, lassen wir der Natur auch noch ein Quentchen Recht!
Windenergie ist hier bei uns eine Rarität, der Ertrag ist gegenüber dem Investitionsaufwand viel zu gering. Die Amortisationszeit liegt jenseits der 100 Jahre! Man kann sie getrost vergessen.
Sonnenenergie ist sicher die Energie der Zukunft, sie ist in ungeheurer Menge vorhanden, doch ist sie noch zu teuer im Einsammeln und steht nur in begrenzten Zeitabschnitten zur Verfügung. Wie speichert man sie für die restliche Zeit? Hier steht der technologische Durchbruch noch aus.

Die Idee der landwirtschaftlichen Energieerzeugung dürfen wir getrost, wie oben beschrieben ad acta legen. Nicht das gleiche gilt für den Bereich Forstwirtschaft. Eine konsequente Nutzung der Ressourcen des Waldes könnte etwa 5- 7 % des österreichischen Energiebedarfes zusätzlich decken, ohne dem Wald zu schaden, sie würde ihm sogar nützen.

Zu überlegen ist auch die Sinnhaftigkeit unserer Ablehnung der Kernenergie. Sie bläst kein Treibhaus gas in die Luft und ist die einzige alternative Erzeugungsform, die fertig entwickelt ist. Weltweit laufen etwa 400 Kernreaktoren, alle unseren Nachbarn mit einziger Ausnahme Italiens betreiben solche zur Erzeugung von Elektrizität, die älteren haben oft fragwürdige Sicherheit, die moderneren dürften weitgehend sicher sein. Seit unserem Gesetz zur Ablehnung der Kernenergie sind 25 Jahre vergangen, eine Beispielwirkung konnte nie erreicht werden. Mit anderen Worten: Wir haben uns entschlossen, nur die Nachteile und Risiken der Kernenergie zu konsumieren, nicht aber ihren Nutzen! Wie absurd!
Andere Formen der Energiegewinnung wie Kernfusion oder der Betrieb von Autos mit Brennstoffzellen stehen noch in weiter Ferne- wir haben zu lange geschlafen.

Wir sind nun am Ende unserer Revue angelangt. Kein Wunderschwert Excalibur steht zur Verfügung, um den Drachen Klimawandel zu besiegen. Was gefragt ist, ist gemeinsame Anstrengung. Um die Wende herbeizuführen genügt keine Willenserklärung der Regierung, sie verbraucht die Energie ja auch nicht, bläst kaum Treibhausgas in die Luft- das tun schon wir alle- und so sind wir demnach auch alle gefordert.

Dr. DI Kurt Schütz
Anton-Stidlgasse 3
A 2325 Himberg
Tel. 02235 86083, Fax. 02235 86202

(Ende)
Aussender: CYBERTEXT Ulrike Schütz
Ansprechpartner: Dr. DI Kurt Schütz
E-Mail: office@cybertext.at
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