pte20230630004 Forschung/Entwicklung, Medizin/Wellness

Schlaganfall-Handschuh ermöglicht Klavierspiel

Motorische Fähigkeiten, Geschick und Koordination können so ebenfalls wiedererlangt werden


Robo-Handschuh am Piano (Foto: M Lin, R Paul, M Abd, J Jones, D Dieujuste, H Chim, E Engeberg)
Robo-Handschuh am Piano (Foto: M Lin, R Paul, M Abd, J Jones, D Dieujuste, H Chim, E Engeberg)

Boca Raton (pte004/30.06.2023/06:15)

Ein neuartiger weicher Robohandschuh kann Schlaganfall-Patienten helfen, das Musizieren wieder zu erlernen. Forscher um Maohua Lin von der Florida Atlantic University (FAU) haben ein "intelligentes Hand-Exoskelett" in Form eines mehrschichtigen, flexiblen 3D-gedruckten Roboter-Handschuhs entwickelt und getestet, der nur 191 Gramm wiegt. Seine Handfläche und der Handgelenksbereich sind weich und flexibel. Die Form kann individuell an die Anatomie des Trägers angepasst werden. Ihre Studie ist in "Frontiers in Robotics and AI" erschienen.

Sensoren, Aktuatoren und KI

Nach einem Schlaganfall benötigen Patienten in der Regel eine Reha, um Gehen, Sprechen und die Verrichtung alltäglicher Aufgaben wieder zu erlernen. Laut Forschung kann ihnen neben Physio- und Ergotherapie auch die Musiktherapie helfen, Sprache und Motorik zurückzuerlangen. Für musikalisch bewanderte Menschen kann auch das Musikmachen selbst eine Fähigkeit sein, die sie neu lernen müssen. Die Studie der FAU-Forscher zeige, "dass unser intelligenter Exoskelett-Handschuh mit seinen integrierten taktilen Sensoren, weichen Aktuatoren und KI das Wiedererlernen manueller Aufgaben nach einem Neurotrauma wirksam unterstützen kann", so Lin. Neben dem Musizieren seien dies auch weitere Fähigkeiten, die Geschick und Koordination erfordern.

Weiche pneumatische Aktuatoren in den Fingerspitzen erzeugen Bewegungen, erzeugen Kraft und ahmen so natürliche, fein abgestimmte Handbewegungen nach. Jede Fingerspitze enthält eine Reihe von 16 flexiblen Sensoren, die der Hand des Trägers bei der Berührung von Gegenständen oder Oberflächen taktile Empfindungen vermitteln. Die Herstellung des Handschuhs ist einfach, da alle Aktoren und Sensoren in einem einzigen Gussverfahren angebracht werden.

"Während der Benutzer den Handschuh trägt, hat er die Kontrolle über die Bewegung jedes einzelnen Fingers. Der Handschuh wurde entwickelt, um natürliche Handbewegungen zu unterstützen und zu verbessern, so dass der Benutzer die Beugung und Streckung seiner Finger kontrollieren kann. Der Handschuh führt die Hand, stützt sie und erhöht ihre Geschicklichkeit", sagt Hauptautor Erik Engeberg.

Handschuh "fühlt" das Lied

Patienten könnten laut den Forschern ein Paar dieser Handschuhe tragen, um beide Hände unabhängig voneinander zu unterstützen und so Geschicklichkeit, motorische Fähigkeiten und Koordinationsgefühl wiederzuerlangen. Die FAU-Team nutzt dazu maschinelles Lernen, um dem Handschuh erfolgreich beizubringen, den Unterschied zwischen der richtigen und der falschen Version eines Anfängerlieds auf dem Klavier zu "fühlen". Dabei arbeitet der Handschuh autonom, ohne menschliche Eingaben und mit vorprogrammierten Bewegungen.

Bei dem Lied handelte es sich in Tests um "Mary had a little lamb", das mit vier Fingern gespielt werden muss. "Wir haben festgestellt, dass der Handschuh lernen kann, zwischen richtigem und falschem Klavierspiel zu unterscheiden. Das bedeutet, dass er ein wertvolles Instrument für die personalisierte Rehabilitation von Menschen sein könnte, die das Musizieren neu erlernen wollen", so Engeberg. Aufgrunddessen kann der Handschuh so programmiert werden, dass er dem Träger eine Rückmeldung darüber gibt, was bei seinem Spiel richtig oder falsch gelaufen ist - durch haptisches Feedback, visuelle Hinweise oder Ton. Dies würde ihm oder ihr ermöglichen, seine Leistung zu verstehen und zu verbessern.

"Die Anpassung des vorliegenden Designs an andere Rehabilitationsaufgaben als das Abspielen von Musik, etwa die Handhabung von Objekten, würde eine Anpassung an die individuellen Bedürfnisse erfordern", ergänzt Lin. Dies könne durch 3D-Scanner oder CT-Scans erleichtert werden, um eine personalisierte Passform und Funktionalität für jeden Benutzer zu gewährleisten. "In diesem Bereich müssen jedoch noch einige Herausforderungen bewältigt werden. Dazu gehören die Verbesserung der Genauigkeit und Zuverlässigkeit des Tastsinns, die Verbesserung der Anpassungsfähigkeit und Geschicklichkeit des Exoskelett-Designs sowie die Verfeinerung der Algorithmen für das maschinelle Lernen, um Eingaben des Nutzers besser interpretieren und darauf reagieren zu können", schließt Lin.



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