pte20240716001 Technologie/Digitalisierung, Medien/Kommunikation

KI macht Bücher und Filme zum Einheitsbrei

Viele Ideen auf Knopfdruck zwar nützlich, gefährden langfristig aber die individuelle Kreativität


KI-Support: Kreativität für alle endet im Einheitsbrei (Foto: pixabay.com, Gerd Altmann)
KI-Support: Kreativität für alle endet im Einheitsbrei (Foto: pixabay.com, Gerd Altmann)

London (pte001/16.07.2024/06:00)

Die Bücher und Filme der Zukunft könnten anfangen, sich alle gleich anzufühlen, wenn die Kreativwirtschaft auf die Hilfe Künstlicher Intelligenz beim Schreiben der Geschichten setzen sollte. Zu dem Ergebnis kommen Anil Doshi vom University College London und Oliver Hauser von der University of Exeter. An der in "Science Advances" veröffentlichten Untersuchung haben hunderte Freiwillige teilgenommen. Ihre Ergebnisse tragen zur Diskussion der Auswirkungen von weitverbreiteten KI-Tools bei, die aus einfachen Eingabeaufforderungen, relativ anspruchsvolle Musik, Kunst und Literatur entwickeln können.

Testserie mit 300 Probanden

Für ihr Experiment haben die Experten rund 300 Freiwillige als "Autoren" rekrutiert. Diese Personen schrieben jedoch nicht als Lebensunterhalt und ihre kreativen Fähigkeiten wurden mittels eines standardisierten Psychotests beurteilt. Dabei wurden sie unter anderem ersucht, zehn drastisch unterschiedliche Wörter zu nennen. Die Freiwilligen wurden nach dem Zufallsprinzip in drei Gruppen aufgeteilt und sollten eine Geschichte zu einem der drei folgenden Themen schreiben: Ein Abenteuer auf offener See, ein Abenteuer im Dschungl oder ein Abenteuer auf einem anderen Planeten.

Ebenfalls wurden die Personen nach dem Zufallsprinzip in drei Gruppen platziert, die durch die KI in unterschiedlichem Ausmaß unterstützt wurden. Die erste Gruppe erhielt keine Hilfe beim Abfassen des Textes, der zweiten wurde von ChatGPT eine Idee für die Geschichte im Ausmaß von drei Sätzen zur Verfügung gestellt und die dritte Gruppe konnte bis zu fünf von der KI generierte Ideen abfragen.

Zehn Prozent kreativer mit KI

Nach dem Verfassen der Geschichten wurden die Teilnehmer ersucht, die Kreativität ihres Textes selbst zu beurteilen. Zu den Kriterien gehörten, wie neuartig sie war, wie unterhaltsam und über wie viel Potenzial sie verfügte, als Buch veröffentlicht zu werden. Weitere 600 menschliche externe Kritiker beurteilen die Geschichten nach den gleichen Kriterien.

Die Auswertung der Forscher hat gezeigt, dass die KI die Kreativität einer Person um rund zehn Prozent verbesserte. Der Unterhaltungswert stieg um 22 Prozent. Die KI erwies sich dabei vor allem in den Bereichen Struktur und Wendungen der Handlung als hilfreich. Diese Auswirkungen waren bei den Schreibenden am ausgeprägtesten, die sich zu Beginn als am wenigsten kreativ erwiesen hatten. Damit wird laut Doshi eine gewisse Chancengleichheit hergestellt.

"Soziales Dilemma" entsteht

Auf der kollektiven Ebene zeigt sich jedoch, dass die mithilfe der KI verfassten Geschichten einander viel ähnlicher waren als jene, die die Teilnehmer allein verfasst hatten. Verantwortlich dafür ist, dass sie sich zu sehr auf die vorgeschlagenen Ideen verließen. Laut Hauser entsteht damit ein "soziales Dilemma".

"Auf der einen Seite wird der Zugang für die Menschen leichter. Das Senken der Hürden ist gut. Nimmt jedoch die kollektive Neuheit der Kunst ab, könnte das am Ende schädlich sein", so Hauser. Doshi argumentiert, dass wie die zu frühe Einführung der Taschenrechner Kinder daran hindern kann, die Grundlagen der Arithmetik zu lernen, könnten sich die Menschen jetzt auch so sehr auf KI-Tools verlassen, dass sie das Erlernen der grundlegenden Fähigkeiten wie Schreiben, Musizieren und vieles andere mehr, einfach vernachlässigen.

(Ende)
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