Geschäftsprozessoptimierung in der öffentlichen Verwaltung
WIEN (pts040/05.10.2004/14:51) Die Optimierung von Geschäftsprozessen wird zum zentralen Baustein für die Verwaltungsentwicklung und ist die Basis für nachhaltiges E-Government. Dabei sind vor allem Wissen und Erfahrung - kurz Brainpower - gefragt. Welche technische Lösung eingesetzt wird, ist sekundär.
Bürgerservice und Effizienzsteigerung sind jene zwei Schlagworte, mit denen die Entwicklungen in den öffentlichen Verwaltungen der letzten Jahre beschrieben werden können. Die Optimierung der Geschäftsprozesse und dessen IT-gestützte Umsetzung spielen in diesem Entwicklungsprozess als Motor und Innovator eine zentrale Rolle. "Die IT-Unterstützung ist ein Anlass, über den gesamten Geschäftsprozess nachzudenken", meinte Emmerich Bachmayer, Leiter der Sektion III im Bundeskanzleramt, in seinem Impulsreferat im Rahmen des "Dialogforums Wirtschaft - öffentliche Verwaltung". Das Dialogforum ist die vom KDZ-Zentrum für Verwaltungsforschung und Future Network initiierte Plattform, welche den Dialog und innovative Projekte zwischen Wirtschaft und öffentlicher Verwaltung unterstützt.
Bei der elektronischen Gestaltung von Prozessen ist jeweils das Umfeld zu beachten und die vollständige Abwicklung vom Antrag bis zur Erledigung zu garantieren. Denn erst die Durchgängigkeit eines Prozesses stelle eine echte Serviceverbesserung für den Bürger dar, so Bachmayer. Das ist zum Beispiel dann der Fall, wenn die Einholung sämtlicher für einen Akt relevanter Auskünfte das Amt selbst übernimmt. Gute Beispiele dafür wären Dienste wie help.gv.at, FinanzOnline, sowie das Grund- und Firmenbuch. Bei aller Euphorie dürfen jedoch auch nicht die Schattenseiten der IT übersehen werden, da mitunter die Bedürfnisse der Bürger aber auch der Mitarbeiter der öffentlichen Verwaltung bei der Umsetzung zu wenig Beachtung finden. Deshalb plädierte Helfried Bauer, Geschäftsführer des KDZ, der gemeinsam mit Future-Networks-Präsident Michael Vesely das Dialogforum moderierte, für den Einsatz von "mehr Brain und weniger Tools" bei der Optimierung von Geschäftsprozessen.
Vorbereitung-Analyse-Umsetzung
Um Prozesse effizienter zu gestalten, ist es notwendig, diese überhaupt zu kennen. Nachhaltigkeit ohne Struktur gibt es nicht. "Es geht darum, zuerst Prozesse zu definieren, modellieren und optimieren. Und dann die richtige Lösung draufzusetzen", so Hansjörg Kainz von der Böhler-Uddeholm-Tochter IS4e-Business. Er präsentierte das an der Technischen Universät Graz, Abteilung für Unternehmensführung, in den Jahren 1995/96 entwickelte "7P-Modell", mit dessen Hilfe man zu "optimierten Prozessen gelangt". Die sieben Schritte im einzelnen: Project, Picture, Position, Profile, Pioneer, Perform, Perfect. Im Schulterschluss mit allen anderen Referenten betonte er, dass "Geschäftsprozessoptimierung nur mit einem straffen Informationsmanagement zu realisieren ist". Wichtig sei das Verstehen der Ist-Prozesse, Abläufe und Strukturen sowie die Analyse der Stärken und Schwächen (=Picture). Als einfache Übung empfahl er die Erstellung von "Brown-Papers": alle Einzelschritte werden auf Papierstücken festgehalten und auf braunes Packpapier geklebt. Auf diese Weise werden Redundanzen deutlich hervorgehoben und der Prozessfluss optimiert. Derart gelangt man zur Prozesskostenrechnung, die sich nicht mehr auf Abteilungen beschränkt, sondern die einzelnen Teilprozesse und deren Kosten in den Mittelpunkt rückt. Kainz: "In einer klassischen Kostenrechnung tauchen teure Redundanzen nicht auf, da sie quersubventioniert werden."
Die Praxis zeigt, dass der Aufbau einer prozessorientierten Datenbasis bei öffentlichen Verwaltungen in der Regel zwischen zwei und vier Monate beanspruche, so Walter Hahn von der EFP-Group.
Praxisbeispiel 1: Elektronische Aktenverfolgung in Steyr
Mitte Februar 2004 fiel der Startschuss für ein ELAK-Projekt in der Stadt Steyr. "Wir wollten die Genehmigungsverfahren von Betriebsansiedelungen beschleunigen. Das war unser hauptsächlicher Zugang", blickte Oberamtsrat Wolfgang Patscheider zurück. In der ersten, bereits umgesetzten Phase beschränkte man sich bewusst darauf, komplexe Verfahren - Betriebsanlagegenehmigung, Bauanzeige, Baubewilligung und Feuerpolizei - umzusetzen. Patscheider: "Wenn wir die schaffen, dann fallen uns auch die anderen leichter." Insgesamt sollen im Endausbau fünfzig Verfahrensarten mit rund 200 Verfahren abgebildet werden. Der Projektpartner addIT, die auf das Dokumentenmanagement spezialisierte Tochter von Siemens Business Services, implementierte die Domea 3.1 Software (von SER, Anm.) und realisierte die Übernahme von rund 110.000 Akten aus Visual Basic, dem Vorgänger-Tool. Was den Detailgrad der Prozesse betrifft, rät Patschneider dazu, "gewisse Freiräume zu lassen", um sich nicht in einer Vielzahl von Teilprozessen zu verirren.
Mit der Umstellung sind die Sachbearbeiter in der Lage, Akten parallel bearbeiten zu können. Ein Mehraufwand würde das Scanning in der Registratur nach sich ziehen. Mehrere Pilotphasen dienten dazu, dass sich die Mitarbeiter mit dem System vertraut machen konnten. Auch wurde eine Planeinsichtstelle eingerichtet, in der sämtliche Baupläne in althergebrachter Form zur Einsicht aufliegen. Stolz sind Patscheider und Erwin Raffler (addIT) auf die bereits realisierte Aktanlage bei der Antragstellung: "Das ist bereits mit der digitalen Signatur durch den Bürger von Zuhause aus möglich." Doch wären für die breitflächige Nutzung noch zu wenig Bürgerkarten mit digitale Signatur-Funktion im Umlauf.
Praxisbeispiel 2: Einheitlicher Produktkatalog im Burgenland
Mit dem Know-how des KDZ wurde in den vergangenen eineinhalb Jahren in den sieben Bezirkshauptmannschaften des Burgenlandes ein einheitlicher Produktkatalog zur Transparenz und Outputsteuerung auf die Beine gestellt. Die Software wurde auf Basis von Lotus Notes vom Amt der burgenländischen Landesregierung entwickelt. Fixer Bestandteil für die Produkt- und Prozessdefinition waren die Mitarbeiter - mit gutem Grund: "Die kennen die Prozesse und auch die Verbesserungen", so Alexander Maimer vom KDZ. Gerade die Verbesserungsvorschläge und deren Umsetzung wären zentrale Erfolgsfaktoren eines derartigen Projekts. Insgesamt wurde für jedes der 643 Teilprodukte - z.B. Erteilen einer vorgezogenen Lenkerberechtigung - ein Ist-Prozess definiert. Als Optimierungsziel setzte man sich eine dreiprozentige Reduktion der in den Prozessen gebundenen Zeitkapazitäten. Das klingt angesichts der durch die Praxis belegbaren Reduktionspotenziale von bis zu 20 Prozent nach sehr wenig. Herausgekommen wären schlussendlich aber zehn Prozent, rechnete Maimer vor: "Damit können wir alle gut leben." Mit der Lösung werden für jeden Prozess die entsprechenden Produktmengen und die dafür benötigten Ressourcen zwischen den sieben Bezirkshauptmannschaften vergleichbar.
Zu den Optimierungsbereichen zählt Maimer die Neugestaltung von Postläufen, die Aufgabenerledigung innerhalb der Organisation, Schnittstelle zum Kunden (sprich Bürger), Wissensmanagement - "Know-how zugänglich machen." - sowie verbesserte Datenbanken und Zugriffsstruktur auf die Anwendungen.
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