pts20070927025 Politik/Recht, Umwelt/Energie

Sonderfall Schweiz: Benachteiligte Landwirtschaft

Kurze Spiesse in der Energieversorgung


Küssnacht am Rigi (pts025/27.09.2007/13:45) Im Zuge der sogenannten Strommarktöffnung hat das Parlament in Bern verschiedene Massnahmen beschlossen. Hierzu gehören u.a. auch Fördermassnahmen zur Nutzung erneuerbarer Energien. So soll nach dem Entwurf einer Energieverordnung (AS 2007, Anschlussbedingungen für Photovoltaik, Art. 2) der von Solaranlagen produzierte Strom nach drei Kategorien vergütet werden.

Das zu Zeit in der Schweiz laufende Vernehmlassungsverfahren zur Energieverordnung sieht in Ziff.2 "Kategorien" unterschiedliche Anlagetypen als vergütungsberechtigt:

2.1 Freistehende Anlagen (auf Brachland, in Gärten)

2.2 Angebaute Anlagen

2.3 Integrierte Anlagen

Integrierte Anlagen sind nach diesem Entwurf solche mit einer Doppelfunktion wie "stromerzeugende Ziegel", Fassadenelemente oder Schallschutzwände mit Photovoltaik. Diese "Integrierten" sollen - aus welchen Gründen auch immer - bis zu 66 % mehr Geld einbringen als freistehende Anlagen.

Diese Unterscheidung ist weder ökonomisch noch ökologisch vertetbar:

1. Die Qualität des elektrischen Stroms unterscheidet sich nicht, ob er auf einem landwirtschaftlich schwer nutzbaren Hang oder auf dem Dach eines Einfamilienhauses gewonnen wird. Im Gegenteil erlauben freistehende Anlagen, bei richtiger Auslegung, eine bessere Nutzung der Sonnenscheindauer. Sie sind den Abschattungen durch die Umgebung weniger ausgesetzt und unterliegen geringerer interner thermischer Probleme. Die Versorgungssicherheit ist dementsprechend bei freistehenden Anlagen höher.

2. Die globalisierte Kosten- und Ertragsentwicklung führt in zunehmendem Masse dazu, dass Freiflächen nicht mehr landwirtschaftlich genutzt werden und zu verganden drohen. Hier können Solaranlagen in Verbindung mit dem Landschaftsschutz (Hangsicherungen etc.) sinnvoll eingesetzt werden. Die Aufständerung von Solaranlagen mit einem von allen namhaften Herstellern garantierten Ertrag über 25 Jahre (bei mind. 80% der Nennleistung) verlangt seriöse bauliche Massnahmen. Hier könnten die Erträge aus der Solarernte bei einer angemessenen Vergütung für die Einspeisung ins öffentliche Netz sogar oft eine Finanzierung des Landschaftsschutzes erst ermöglichen.

3. Anlass zur schweizerischen Energieverordnung ist u.a. das in Deutschland bewährte "Energieeinspeisegesetz". Dieses weist aber keine Abstufungen nach dem Standort von Solaranlagen auf! In der Folge betreiben zahlreiche Bauern auf deutschen Höfen (Scheunen, Hausdächern) aber auch auf nicht effizienten Nutzflächen wirkungsvolle, grosse Solaranlagen und bessern damit das Erwerbseinkommen massiv auf.- Warum sollen die Schweizer Bauern an der Solarernte weniger verdienen als andere?

An einem praktischen Beispiel (siehe Bild PV-Anlage mit vier thermischen Kollektoren) seien die finanziellen Auswirkungen der vorgeschlagenen Energieverordnung aufgezeigt. Diese nicht optimal konzipierte netzgekoppelte Photovoltaikanlage hat eine Leistung von 9,6 kWp (DC). Sie hat im Jahre 2006 total 8'792 kWh Strom ins öffentliche Netz geliefert. Nach der Verordnung würde diese in die 2. Kategorie "Angebaute Anlagen" Leistungsklasse <= 10 kW fallen und eine Vergütung von 72 Rp./kWh erfahren. Nach der vorgeschlagenen Verordnung ergebe sich im Jahre 2008 dafür eine Vergütung von 6'330 Franken.

Wäre die gleiche Anlage ins Dach integriert würde die Kilowattstunde mit 98 Rappen vergütet, was nach dem Ertrag von 2006 gerechnet, insgesamt Fr. 8'616 pro Jahr ergibt.

Ist aber die Anlage auf einem Feld oder Garten aufgebaut so bringt die gleiche solare Ernte lediglich 5'187 Franken im Jahr ein. Wird doch die Kilowattstunde in diesem Fall nur mit 59 Rappen vergütet!

Die Amortisationsdauer ist bei allen Kategorien die gleiche, d.h. 20 Jahre, wobei eine lineare Reduktion der Vergütung von 5% pro Jahr, beginnend ab 2009 vorgesehen ist.

Die Vernehmlassungsfrist für die Stromversorgungs- und Energieverordnung läuft am 15. Oktober 2007 ab. Das mindeste, was unsere Politiker und Verbände in dieser kurzen Frist erreichen müssen ist, dass freistehende Anlagen in landwirtschaftlichen Zonen gleich vergütet werden wie die sogenannten integrierten (auf Hausdächern etc.). Die einseitige Überreglementierung in der vorgeschlagenen Energieverordnung nach AS 2007 ist unverzüglich zu korrigieren. Unsere Bauern brauchen gleich lange Spiesse im wirtschaftlichen Wettbewerb!

(Ende)
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