pts20110620015 Umwelt/Energie, Politik/Recht

80 Prozent der Deutschen gegen Atomkraft

Ipsos-Studie belegt: Fukushima hat in vielen Ländern zum Umdenken geführt


Große Mehrheiten weltweit gegen Atomkraft (Foto: Fotolia)
Große Mehrheiten weltweit gegen Atomkraft (Foto: Fotolia)

Hamburg (pts015/20.06.2011/12:30) Knapp 80 Prozent der Deutschen sprechen sich gegen die Energiegewinnung durch Atomkraft aus, 51 Prozent davon sind sogar "sehr dagegen". Nur fünf Prozent der Deutschen sind "sehr", 16 Prozent "etwas überzeugt" von Atomenergie.

Nach der Reaktorkatastrophe von Fukushima hat sich die Einstellung zu Atomstrom nicht nur in Deutschland verändert. In einer von Ipsos für Reuters News durchgeführten Umfrage in 24 Ländern, gaben 62 Prozent der Befragten an, nukleare Energiegewinnung abzulehnen, davon lehnt jeder Dritte (34%) sie sogar stark ab. Ein Viertel (26%) der Atomkraftgegner weltweit gab an, die Katastrophe in Fukushima habe bei ihnen diese Einstellung ausgelöst. In Deutschland gaben allerdings nur 16 Prozent an, dass die Ereignisse in Japan ihre Meinung maßgeblich beeinflusst hätten, mehr als drei Viertel (77%) der Gegner waren schon vor Fukushima gegen Atomenergie.

Italien neben Deutschland und Mexiko größter Atomkraftgegner
Die Italiener haben laut Umfrageergebnissen weltweit die größte Abneigung gegen Atomkraft. Denn von den 81 Prozent Ablehnern sind 61 Prozent "starke" Ablehner. Dabei geben 80 Prozent der AKW-Verneiner an, nicht erst seit Fukushima zu dieser Gruppe zu gehören. In Mexiko sind 81 Prozent der Befragten Atomkraft gegenüber abgeneigt (davon 52% stark).

Unterstützer in Indien, Polen und USA
Mehrheitliche Unterstützung findet die Nuklearenergie in Indien (61%), Polen (57%), den USA (52%), aber auch Schweden (50%) und Großbritannien (48%) weisen hohe Befürworteranteile auf. In Japan sind immerhin noch 36 Prozent der Befragten eher für Atomkraft, auch wenn nur fünf Prozent starke Unterstützer sind. Über die Hälfte der 58 Prozent japanischen Atomkraftgegner sind erst aufgrund des Reaktordesasters in ihrem Land zu AKW-Gegnern geworden.

Fast drei Viertel der weltweit Befragten sehen Atomkraft nicht als Langzeitlösung
73 Prozent der Befragten weltweit glauben, dass atomare Energiegewinnung begrenzt ist und bald überflüssig wird. Nur 27 Prozent halten sie für eine adäquate Langzeitlösung. In Russland (57%) und Saudi Arabien (54%) hingegen glauben die Befragten mehrheitlich, dass Nuklearenergie auch in Zukunft unverzichtbar sei. Indien (50%) und selbst Japan (45%) haben ebenfalls hohe Anteile an Vertretern dieser Meinung. In den Ländern mit den bisher schwersten atomaren Vorfällen, Russland und Japan wird die Modernisierung der Atomenergiegewinnung am stärksten unterstützt (73% und 71%). Aber auch in Deutschland würden 46 Prozent die Modernisierung der nuklearen Energiegewinnung vorantreiben wollen.

Bau neuer Atomkraftwerke mehrheitlich abgelehnt
70 Prozent der Befragten weltweit wollen keinen Bau von neuen Atomkraftwerken. Nur in Polen würde mehr als die Hälfte den Neubau unterstützen. Auch in Indien (49%), den USA (44%), Großbritannien (43%) und Schweden (43%) würden neugebaute Atomkraftwerke Unterstützer finden. In Brasilien (89%), Mexiko (87%), Deutschland (85%) und Italien (83%) hingegen, sprachen sich die Befragten für einen Baustopp aus.

Trotz der erwähnten Sympathiebekundungen findet nukleare Energiegewinnung gegenüber alternativen Modellen weltweit wenig Anhänger. Nur 38 Prozent der Befragten hält Atomkraft für eine gute Methode zur Energiegewinnung. Solar- (97%), Wind- (93%) und Wasserkraft findet dagegen großen Anklang.

Japaner verurteilen die Informationspolitik ihrer Regierung zu Fukushima
Die Kommunikation der japanischen Regierung zu den Ereignissen in Fukushima wird weltweit sehr unterschiedlich beurteilt. Südkorea, Japan und Deutschland gehören zu den schärfsten Kritikern. Nur 17, 23 und 36 Prozent in diesen Ländern fanden, dass die Informationen rechtzeitig und ehrlich (17%,25%,28%) veröffentlicht wurden. Weltweit sieht die Unterstützung da anders aus. 54 Prozent der Befragten hielten die Informationspolitik demnach für ehrlich und 56 Prozent für rechtzeitig.

Steckbrief:
Diese Ergebnisse stammen aus einer Ipsos-Umfrage, die zwischen dem 6. und 21. April 2011 in 24 Ländern im Auftrag von Thompson Reuters News Service durchgeführt wurde. Die teilnehmenden Länder sind aus den obigen Charts ersichtlich. Für die Studie wurde eine internationale Stichprobe von Erwachsenen in den USA und Kanada und zwischen 16 und 64 Jahren, in allen anderen Ländern zwischen 18 und 64 Jahren, gezogen. Die ungewichtete Basis der Befragten betrug 18.787 Personen. Etwa 1000 Personen wurden pro Land befragt, mit Ausnahme von Argentinien, Indonesien, Mexiko, Polen, Saudi Arabien, Südafrika, Südkorea, Schweden, Russland und der Türkei, in der die Stichproben etwa bei 500 lagen.

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