Atomexperten zum Fukushima-Jahrestag: Politik und Medien reagierten übertrieben
Energieengpässe und Verunsicherung der Bevölkerung
Kernfrage Atomkraft, Goldegg Verlag |
Wien (pts020/29.02.2012/12:30) Ein Jahr nach der Atomkatastrophe in Japan nehmen die Medienbeiträge wieder zu: Zeitungen schreiben über die Aufräumarbeiten und die Maßnahmen zur Rücksiedelung der Bewohner. Am Jahrestag sind diverse TV-Dokus angesetzt. Experten des Wiener Atominstituts kritisieren den "grundlosen Medienhype" besonders in Österreich und Deutschland, der die Öffentlichkeit in Panik versetzt hätte. Die politische Entscheidung, sich aus der Kernenergie zurückzuziehen, führe zu Engpässen bei der Stromversorgung.
Keine Strahlentoten
Am Freitag, den 11. März 2011 um 14:45 reißt das Tohoku-Beben Japan mit der Stärke 9,0 aus dem Alltagstrott. Eine knappe Stunde nach dem Hauptbeben wird das Kernkraftwerk Fukushima Daiichi von einer 15 Meter hohen Welle getroffen. Von vielen Strahlentoten und davon, dass die Gegend um Fukushima für immer unbewohnbar bleiben würde, ist unmittelbar danach die Rede. Doch nach einiger Zeit stellt sich heraus, dass es gar keine Strahlentoten gibt. Drei Arbeiter werden durch den Tsunami im Kraftwerk getötet und bei sechs Arbeitern erhöhte Strahlenwerte gemessen. Dafür fordert die Flutwelle etwa 15.000 Menschenleben.
Rücksiedelung der Bewohner
Dr. Helmuth Böck, ehemaliger Betriebsleiter des Forschungsreaktors an der TU Wien, ärgert sich über derartige Falschmeldungen in den Medien: "Sie führen zu einer Hysterie in der Bevölkerung und zu einer Verteufelung der Kernenegie. Sinnvoller wäre es, sie mit Fakten aufzuklären. Dass die Region um Fukushima nicht mehr besiedelt werden kann, entspricht ebenfalls nicht der Wahrheit." Um die Gegend zu dekontaminieren, werden die obersten Bodenschichten getauscht, der Meeresboden vor Fukushima wird betoniert, um Kontaminationsverschleppungen zu vermeiden. Anschließend kann die Bevölkerung wieder in das Gebiet zurückkehren. Gemeinsam mit seinen Kollegen DI Eileen Radde und DI Michael Gerstmayr publizierte Dr. Böck das Buch "Kernfrage Atomkraft - Was passiert, wenn etwas passiert", um solide und sachlich zum Thema Kernenergie und ihre Gefahren zu informieren.
Energiewende nicht sinnvoll
Politische Auswirkungen auf Europa hat die Atomkatastrophe in Deutschland und der Schweiz. Hier wurden Programme entwickelt, um aus der Kernenergie auszusteigen. Italien verzichtet auf den Wiedereinstieg in die Kernenergie, in den anderen europäischen Ländern wird hingegen daran festgehalten. Zurzeit sind 62 Atomkraftwerke in Bau, Länder wie Tschechien und Polen haben aufgrund des Ausstiegs Deutschlands sogar noch weitere Ausbaupläne in Angriff genommen. Doch Deutschland streift immer wieder am Blackout vorbei und kann seinen Energiemangel nur durch kurzfristige, teure Stromlieferungen aus alten Kohlekraftwerken aus Österreich und durch Kernenergie aus Frankreich bewältigen. Nach Ansicht der Atomexperten ist dieser enorme Aufwand nicht gerechtfertigt. Vor allem die fehlenden Netzkapazitäten von Nord nach Süd machen in Deutschland Probleme. In Japan sieht man das Problem noch deutlicher - obwohl hier die Kernkraft nur 25% des Energiebedarfs deckt, gibt es nach dem Ausfall von Fukushima bis zum heutigen Tag regelmäßige Stromkürzungen für die gesamte Bevölkerung. Die Atomexperten sind überzeugt: In den nächsten Jahrzehnten führt kein Weg an fossilen Energieträgern oder der Kernenergie vorbei.
Die Autoren stehen für Interviews zur Verfügung
Informationsveranstaltung mit Kurzvorträgen zum Thema "Fukushima - ein Jahr danach"
Montag, 12. März 2012
17:30 bis 19:00
Hörsaal des Atominstituts
Stadionallee 2, 1020 Wien
Keine Anmeldung erforderlich
"Kernfrage Atomkraft - Was passiert, wenn etwas passiert"
Helmuth Böck/Michael Gerstmayr/Eileen Radde
Mitarbeit: Tobias Kuhlenkampff, DI Stefan Merz, Robert Mischitz, DI Oliver Siegl, DI Johannes Srajer
ISBN 978-3-902729-41-5
Hardcover, 336 Seiten
Eur 22,00 [A]/21,40 [D]/28,10 CHF UVP
Erschienen im Herbst 2011 im Goldegg Verlag
Presserückfragen, Rezensionsexemplare, Interviewanfragen
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