pts20160531026 Medizin/Wellness, Forschung/Entwicklung

Migräne-Prävention: Monoklonale Antikörper in Zukunft als mögliche weitere Therapieoption

Experten diskutieren Thema auf dem EAN-Kongress in Kopenhagen


Kopenhagen (pts026/31.05.2016/10:00) Migräne zählt zu den häufigsten neurologischen Erkrankungen, rund sechs bis acht Prozent der Männer sowie zwischen zwölf und vierzehn Prozent der Frauen leiden darunter. Die Krankheit rangiert laut WHO unter den Top 5 der neurologischen Störungen, die der Bevölkerung gesunde Jahre kosten. "2015 gingen bei einer Population von 100.000 Menschen rund 109 behinderungsfreie Lebensjahre aufgrund von Migräne verloren. Diese Bilanz könnte durch eine Verbesserung der Therapieoptionen künftig besser ausfallen. Die Fortschritte in der Migräne-Prävention lassen hoffen, dass wir die Lebensqualität der Betroffenen in Zukunft verbessern können", sagte Prof. Till Sprenger (DKD HELIOS Klinik Wiesbaden, Deutschland) beim 2. Kongress der European Academy of Neurology (EAN) in Kopenhagen.

"Wie die derzeit verfügbaren präventiven Therapien im Detail wirken, ist leider noch wenig erforscht. Ein potenzieller Mechanismus könnte in der Unterdrückung der sogenannten 'Cortical Spreading Depression' CSD liegen, einer langsam über die Hirnrinde wandernden Welle mit Reduktion der neuronalen Erregbarkeit", so Prof. Sprenger.

Im Tiermodell wird die CSD als Äquivalent zur menschlichen Migräne-Aura erachtet. Viele präventive Medikamente können diesen Prozess unterdrücken. Generell wird im Rahmen der Präventivtherapie eine etwa 50prozentige Reduktion von Migräne-Tagen bei mindestens der Hälfte der Patienten als realistisches Therapieziel angestrebt, daneben soll die Kopfschmerzstärke deutlich gedrosselt und die verbleibenden Attacken sollen besser kontrollierbar werden.

"Als Mittel der ersten Wahl werden üblicherweise die Beta-Blocker Propranolol und Metoprolol, die Antiepileptika Valproat und Topiramat sowie der Calzium-Kanal-Blocker Flunarizin in Betracht gezogen. Mehrere randomisierte, Placebo-kontrollierte Studien zeigen, dass sie die Frequenz von Migräne-Attacken herabsetzen können obwohl die Mehrzahl dieser Medikamente eigentlich ursprünglich für andere Indikationen entwickelt wurden", berichtete Prof. Sprenger.

Eine prophylaktische Wirkung gegen Migräne-Attacken verspricht man sich auch von neueren Substanzen, etwa Antagonisten der Angiotensin umwandelnden Enzyme sowie von Angiotensin II-Rezeptoren, insbesondere Candesartan. "Candesartan hat sich in zwei Placebo-kontrollierten Studien als wirksam erwiesen, in denen 16 mg Candesartan mit Placebo und 160 mg Propranolol verglichen wurden. Candesartan zeigte eine ähnliche Wirksamkeit wie Propranolol und beide waren Placebo überlegen", so der Experte.

Große Hoffnungen werden derzeit in monoklonale Antikörper gesetzt, die gegen das Neuropeptid CGRP (Calcitonin Gene-related Peptide) wirken sollen. CGRP spielt in der Pathogenese primärer Kopfschmerzen eine zentrale Rolle. Für die akute und präventive Migräne-Behandlung wurden bereits CGRP-Rezeptor-Antagonisten entwickelt - mit hoher Effektivität, aber auch vielen Nachteilen: Behandlungen mussten wegen akuter Nebenwirkungen teilweise abgebrochen werden, so zum Beispiel erhöhte Werte bei den Leber-Enzymen, und die CGRP-Rezeptor-Antagonisten wurden daher bislang auch nicht zugelassen.

Die neuen monoklonalen Antikörper gegen CGRP bzw. dessen Rezeptor scheinen nach den bisher vorliegenden Studienergebnissen hingegen besser verträglich zu sein. "Sicherheit und Wirksamkeit bei episodischer und chronischer Migräne müssen zwar noch durch Phase 3-Studien endgültig bestätigt werden, ich bin jedoch zuversichtlich, dass uns künftig neue, spezifisch für diese Indikation entwickelte Mittel zur Verfügung stehen, um primäre Kopfschmerzen zu bekämpfen", so Prof. Sprenger.

Botulinum toxin verkürzt Migräne-Attacken

Eine andere mittlerweile etablierte Therapieform der chronischen Migräne stellt die Applikation von Botulinum toxin Typ A (BTX-A; Onabotulinumtoxin) dar. Die chronische Migräne geht mit besonders häufigen Kopfschmerzen einher und insofern mit einem besonders hohen Leidensdruck der betroffenen Patienten. In großen Studien wurde der Effekt gut belegt und auch in der klinischen Praxis hat sich die Substanz inzwischen bei chronischer Migräne bewährt.

Quellen: World Health Organisation (2016): Neurological Disorders: Public Health Challenges, Chapter 2: Global burden of neurological disorders. Estimates and projections; EAN Teaching Course: Sprenger T, Advances and challenges in the preventive treatment of headache

(Ende)
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