Mentoren-Programme richtig eingesetzt
ISM-Studie stellt Erfolgskonzept der Mitarbeiterentwicklung auf den Prüfstand
Hamburg (pts015/16.02.2017/10:15) Ein Mentor ist wie ein großer Bruder, wenn es um die eigene Karriere geht. Er gibt vertraulich Ratschläge, spiegelt unsere Ecken und Kanten wider und hilft uns so dabei, über uns hinauszuwachsen. In Unternehmen sind Mentoring-Programme deshalb auch ein anerkanntes Instrument der Mitarbeiterentwicklung und bei Mitarbeitern sehr beliebt. Eine Studie der International School of Management (ISM) wirft jetzt allerdings Fragen zur Effektivität von Mentoring-Programmen auf.
Bereits in Stellenanzeigen werben Unternehmen mit Mentoren-Programmen, um ambitionierte Nachwuchskräfte für sich zu gewinnen. Doch wie diese Angebote speziell auf die Generation Y wirken, darüber gibt es bisher kaum empirische Untersuchungen. Prof. Dr. Ulrike Weber und Prof. Dr. Ute Rademacher, Hochschullehrerinnen an der International School of Management (ISM) in Hamburg, begleiteten eine Studie mit 113 Studierenden und Absolventen zur Wahrnehmung von Mentoren-Programmen in Stellenanzeigen.
"Die Untersuchung zeigt, dass Stellenausschreibungen in Kombination mit einem Mentoren-Programm generell zu positiven Erwartungen hinsichtlich des Unternehmens, der Unternehmenskultur und sogar der eigentlichen Tätigkeit führen", fasst die Wirtschaftspsychologin Prof. Dr. Ute Rademacher zusammen. Bewerber erwarten von ihrem potenziellen Arbeitsplatz vielfältige, abwechslungsreiche und wichtige Aufgaben. Allerdings zeichnet sich auch eine Kehrseite der Medaille ab. "Die Bewerber verbinden mit einem Mentoring-Angebot auch ein stärkeres Maß an sozialer Kontrolle und den Verlust von Selbstständigkeit", ergänzt HR-Expertin Prof. Dr. Ulrike Weber. Es entstehen Befürchtungen, die Erwartungen der Mentoren nicht erfüllen zu können oder zu wollen.
Das Streben nach Autonomie steht also im Konflikt mit der Orientierungsfunktion der Mentoren. Aus Sicht der beiden Wissenschaftlerinnen sollten Unternehmen diesen Punkt durchaus ernst nehmen. Denn kaum etwas ist der Generation Y so wichtig wie Selbstbestimmung. Hinzu kommt, dass Mentoren-Programme mit einem erheblichen Organisations- und damit auch Kostenaufwand verbunden sind. Bei der Suche nach Mentoring auf Augenhöhe haben Unternehmen durchaus Spielraum.
Deswegen kann die Sensibilisierung potenzieller Mentoren für die Wünsche und Befürchtungen der Mentees eine hilfreiche Maßnahme oder Vorbereitung auf die Treffen darstellen. Auch Mentoring unter Peers - also zwischen Menschen der gleichen Ebene - ist ein denkbarer Lösungsansatz. Wie sich die Unternehmen auch entscheiden werden - sie kommen nicht umher, das Erfolgsrezept Mentoring individuell auf ihre Zielgruppe und organisatorischen Ziele abzustimmen. Wie dies gelingen kann, zeigt der demnächst im Springer Verlag erscheinende Praxisleitfaden von Prof. Dr. Weber und Prof. Dr. Rademacher.
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