pts20170907017 Politik/Recht, Medizin/Wellness

Soziale Ungleichheit in der Zahnmedizin - leider kein Thema im Wahlkampf!

DDr. Gerald Jahl kritisiert Tatenlosigkeit der Politik bei Zahnersatz für Mindestpensionsbezieher


Eggenburg, NÖ (pts017/07.09.2017/10:45) Der Pressetherapeut inforrmiert: DDr. Gerald Jahl, Kieferchirurg, Implantologe, praktischer Arzt und Zahnarzt aus Eggenburg, NÖ http://www.implantat.or.at sieht viele ältere Österreicher extrem benachteiligt: "In der Zahnmedizin sind vor allem ältere und sozial schwächere Schichten stark benachteiligt - mit verheerenden Folgen. Der aktuelle Vorschlag von Frau Bundeministerin Rendi-Wagner, eine Gratis-Mundhygiene für Kinder und Jugendliche einzuführen, ist daher an sich sehr zu begrüßen, trifft aber nicht die wahren Probleme die es jetzt unbedingt zu lösen gilt. Denn gerade in der Zahnmedizin gibt es derzeit wesentlich Wichtigeres politisch zu lösen. Denn, die Zahnmedizin ist unsozial geworden!"

Der Wahlkampf kommt in Österreich in die heiße Endphase, aber für Kieferchirurg DDr. Jahl wird von der Politik über dieses Thema das Mäntelchen des Schweigens gelegt. Vor allem durch den in den letzten Jahren stark erhöhten und vielfach zu hohen Selbstbehalt für einfachen Zahnersatz wie Prothesen.

DDr. Jahl: "Meine Forderung an die Politik muss daher lauten: Bitte vergesst in Österreich nicht auf die ältere Generation, von denen sich viele keinen adäquaten Zahnersatz mehr leisten können und darum auch nicht mehr vernünftig essen können. Und Essen können sollte doch ein Grundrecht sein, zumal über 25 Prozent der Personen über 65 Jahre zumindest in 1 Kiefer komplett zahnlos sind."

Die Zahlen zeigen deutlich die Tendenz: Kostete eine Totalprothese über die NÖGKK 2009 dem Patienten nur knapp über 200 Euro, werden dem Patienten bereits 511,20 Euro Selbstbehalt abverlangt. Es ist ein echter Skandal, denn die Krankenkasse hat 2009 noch fast 600 Euro Zuschuss bezahlt, und der ist jetzt, obwohl es gestiegene Preise gibt, auf rund 300 Euro geschrumpft. Das trifft nicht den Herrn Hofrat oder reiche Politpensionäre aber besonders hart die vielen Tausend Mindestpensionsbezieher aus ganz Österreich. Sie müssen sich ihre Prothese tatsächlich vom Mund absparen. Und das sollte in einem Sozialstaat wirklich nicht sein."

Mangelernährung von Senioren durch schlecht sitzendes Gebiss

Der Großteil an älteren Menschen ist noch immer auf einen altmodischen, herausnehmbaren Zahnersatz, die sogenannten Dritten angewiesen. Auch wenn Sie Probleme bereiten, viele dieser Menschen können sich eine Verbesserung durch Zahnimplantate ohnehin nicht leisten. DDr. Jahl: "Gerade diesen sozial schwächeren Menschen wird das Leben durch diesen viel zu hohen Selbstbehalt wirklich schwer gemacht. Fakt ist, dass über 50 Prozent dieser Art von Zahnersatz nicht optimal funktioniert und dass 30 Prozent der Senioren und 80 Prozent der Heimbewohner mangelernährt sind. Und das im Jahr 2017 in einem Sozialstaat wie Österreich. Eigentlich eine Schande."

"Holen Sie sich, was Ihnen zusteht" - schön wär's!

DDr. Jahl: "Dieser aktuelle Slogan einer Partei ist zwar schön formuliert, trifft aber leider ganz und gar nicht auf die unsoziale Situation in der österreichischen Zahnmedizin zu. Für mich sollte der Selbstbehalt und auch der für Reparaturen abgeschafft werden. Und gerade auch die oft mehrmals jährlich notwendigen Anpassungen und Reparaturen sind unverhältnismäßig teuer geworden. Oder zumindest sollte man den Selbstbehalt einkommensabhängig staffeln und harmonisieren. Der Selbstbehalt für genau diese Art von Therapie wurde in den letzten Jahren einfach stillschweigend massiv erhöht, zum finanziellen und damit auch gesundheitlichen Nachteil der Patienten. Diese 'Gesundheitssteuer' für Kranke und Bedürftige sollte sofort per Gesetz abgeschafft werden!"

Weg mit den viel zu hohen Selbstbehalten für Zahnersatz

Für viele Gesundheitsökonomen, Ärzte und Zahnärzte sind die hohen Selbstbehalte bei Zahnersatz kaum nachvollziehbar. Denn die Gesamtausgaben der Sozialversicherungen für die Zahnheilkunde liegen derzeit bei nur 5,6 Prozent, Tendenz weiter sinkend. Wobei in diesen 5,6 Prozent aber bereits die von den Patienten finanzierten Selbstbehalte beinhaltet sind. Daher kommt zu einer reellen Reduktion der Ausgaben für die Zahnmedizin in Österreich in den letzten 20 Jahren von sechs Prozent auf deutlich unter fünf Prozent.

Die Forderung von DDr. Jahl und vielen seiner KollegInnen: "Leistungen der Zahnmedizin müssen ab sofort sozial gestaffelt rückerstattet werden, vor allem für ältere Menschen, die die Mindestpension beziehen. Das sind wir unseren älteren Mitbürgern schuldig. Auch das Ergebnis der vom Sozialministerium in Auftrag gegebenen 630.000 Euro teuren Studie der London School of Economics empfiehlt einkommensabhängige Staffelung und Harmonisierung. Österreich sollte endlich imstande sein, den zahnärztlichen Kassenvertrag, der aus dem Jahr 1957 ist, an die moderne Zeit anzupassen."

"Es kann doch nicht sein, dass die Patienten dazu beitragen, dass die Krankenkassen seit acht Jahren in Folge Gewinne erwirtschaften", ärgert sich auch MR Dr.Thomas Horejs, Präsident der Österreichischen Zahnärztekammer in einer ganz aktuellen Mitteilung an die österreichische Zahnärzteschaft.

Große nicht nachvollziehbare Unterschiede zwischen den Bundesländern

Noch ein Umstand macht nicht nur Ärzte, sondern auch Patienten sprachlos. Es gibt noch immer enorme und nicht nachvollziehbare innerösterreichische Unterschiede vor allem bei der Höhe der finanziellen Eigenbeteiligung der Patienten. Nicht nur im Bundesländervergleich, sondern auch innerhalb der unzähligen Krankenkassen. Patienten der GKK erhalten beispielsweise keinerlei Zuschuss auf notwendige Implantatbehandlungen, Patienten der BVA bekommen aber immerhin 350 Euro pro Implantat. Eine österreichweite Harmonisierung der Leistungen wäre erstrebenswert und fair, derzeit befindet sich die Zahnmedizin auf einem gefährlichen unsozialen Weg.

(Ende)
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