Schweizer Führungskräfte sehen sich als mehrheitlich geschickte Verhandlerinnen und Verhandler
Erste umfassende empirische Untersuchung der Schweizer Verhandlungspraxis
Bern/Zürich/Potsdam (pts036/25.05.2023/18:40)
Die Negotiation Academy Potsdam (NAP) hat in Zusammenarbeit mit der BGPartner AG, einer führenden Schweizer Anwaltskanzlei für Wirtschaftsrecht und Verhandlungsführung, die erste, wissenschaftlich fundierte und praxisrelevante Studie zum Verhandlungsverhalten von Schweizer Führungskräften durchgeführt. Sie kommt zum Schluss, dass das Verhandeln vor dem Hintergrund der Digitalisierung und der zunehmenden Komplexität von Geschäftsbeziehungen zunehmend zu einer Schlüsselressource für Schweizer Unternehmen wird. Schweizer Führungskräfte sind mehrheitlich selbstbewusste Verhandlerinnen und Verhandler, zumindest wenn es um die Einschätzung der eigenen Verhandlungsleistung geht. Sie haben die Bedeutung von Verhandlungskompetenz erkannt und verhandeln bevorzugt klassisch von Angesicht zu Angesicht. Defizite bestehen insbesondere im Bereich der Verhandlungsausbildung und der digitalen Verhandlungsführung. Aus Sicht der Studienautoren empfiehlt sich auch für Schweizer Unternehmen, einen verstärkten Fokus auf die Aus- und Weiterbildung von qualifizierten Verhandlungspraktikern zu legen.
Die Ergebnisse der Studie "Wie verhandeln Schweizer Führungskräfte?"[1]wurden am Donnerstag, 25. Mai 2023, im Rahmen einer Veranstaltung im Kongresshaus Zürich vor rund 100 geladenen Gästen präsentiert. Im anschliessenden Podiumsgespräch diskutierten Expertinnen und Experten aus Wirtschaft und Wissenschaft die Studienergebnisse und deren Bedeutung für die Praxis.
Am Podium nahmen teil: Andrea Wucher (Unternehmerin und unabhängige Verwaltungsrätin), Marc Lüthi (VRP und CEO SCB Eishockey AG), Yusuf Savmaz (Member of Executive Committee, BNP Paribas Wealth Management Switzerland) und von Seiten der Studienautor:innen Prof. Dr. Uta Herbst (NAP, Universität Potsdam), Prof. Dr. Markus Voeth (NAP, Universität Hohenheim) sowie Elena Mégevand (Rechtsanwältin, Partnerin und CEO von BGPartner) und Oliver Gnehm (Rechtsanwalt, Partner und VRP von BGPartner).
Sorgfältige Verhandlungsvorbereitung in Szenarien entscheidend
Im Rahmen der erstmals durchgeführten Studie wurden im Herbst 2022 rund 360 Schweizer Managerinnen und Manager mittels einer Online-Umfrage befragt. Voraussetzung für die Teilnahme war, dass Verhandeln ein wesentlicher Teil des beruflichen Aufgabenbereichs ist. Die Befragten kommen aus unterschiedlichen Branchen und verfügen im Durchschnitt über mehr als 13 Jahre Verhandlungserfahrung. Die repräsentative Studie bietet erstmals einen umfassenden Einblick in die Verhandlungspraxis in der Schweiz und liefert eine empirische Grundlage für weitere Forschungen und Initiativen im Bereich Recht und Verhandlungsführung.
Die Ergebnisse zeigen, dass aus Sicht der Schweizer Managerinnen und Manager gute Verhandlungsergebnisse eine intensive Verhandlungsvorbereitung voraussetzen. Über 90 % der Befragten geben an, dass Verhandlungsgeschick für ihre Karriere wichtig ist. Mehr als die Hälfte der Befragten sind allerdings auch der Ansicht, dass viele Verhandlungsführer ihre Verhandlungsfähigkeiten überschätzen. Zudem wurde auch nur etwa die Hälfte der Schweizer Führungskräfte bereits in Ausbildung oder Studium zum Thema Verhandlungen qualifiziert. Unterschiede lassen sich insbesondere in Bezug auf das Alter und die Branche feststellen: Je jünger die Befragten, desto eher war Verhandeln bereits Teil ihrer Ausbildung. Hinsichtlich des Verhandlungstrainings gibt es zum Teil deutliche Branchenunterschiede.
Mehr Ausbildung und Unterstützung erwünscht
Ein Viertel der Schweizer Führungskräfte ist der Meinung, dass ein systematisches Verhandlungsmanagement nach wie vor nur in Grossunternehmen anzutreffen ist, obwohl Einigkeit darüber besteht, dass Verhandlungskompetenz erlernbar ist. Zudem wird nur ein Drittel der Befragten von ihrem Unternehmen angemessen auf Verhandlungen vorbereitet. Hier wünscht sich die Mehrheit der Schweizer Führungskräfte noch mehr Unterstützung durch die Unternehmen. Vor allem die Beratung durch erfahrene Kolleginnen und Kollegen, Schulungen zu Verhandlungsstrategien und Verhandlungstrainings mit professionellen Coaches und Mentoren werden als hilfreich für die Vorbereitung auf eine Verhandlung erachtet.
Schweizer Führungskräfte verhandeln lieber persönlich als digital
Die Corona-Pandemie hat zwar dazu geführt, dass Unternehmen vermehrt auch digital verhandeln. Die Befragten geben jedoch an, dass sie Verhandlungen von Angesicht zu Angesicht besser beherrschen und für erfolgversprechender halten als digitale Verhandlungen. Schweizer Führungskräfte können als selbstbewusste Verhandler charakterisiert werden, die überwiegend gute Verhandlungsergebnisse erzielen, zumindest wenn es um die Einschätzung der eigenen Verhandlungsleistung geht. Gelingt es aus Sicht der Befragten nicht, ein optimales Verhandlungsergebnis zu erzielen, liegt der Hauptgrund auf der eigenen Seite vor allem in zu ambitionierten und damit unrealistischen eigenen Zielen. Auf der Gegenseite machen die Schweizer Verhandlungspraktiker die Machtdominanz und den Verhandlungsstil der Gegenseite dafür verantwortlich.
Verbesserungspotenzial bei Nachbereitung und Kostenkontrolle
Rund 77 % der Schweizer Führungskräfte tauschen sich nach einer Verhandlung mit Kollegen und Vorgesetzten über die gemachten Verhandlungserfahrungen und die erzielten Ergebnisse aus. Der Vergleich mit der deutschen Verhandlungspraxis, wo sich rund 87 % regelmässig über Verhandlungserfahrungen austauschen, zeigt jedoch, dass hier in der Schweiz noch deutliches Verbesserungspotenzial besteht. Zudem fällt auf, dass ein grosser Teil der Schweizer Verhandlungspraktiker kein wirkliches Bewusstsein für die Höhe der Kosten ihrer Verhandlungen hat. Zukünftig gilt es für Unternehmen, neben der Etablierung eines systematischen Verhandlungscontrollings insbesondere der gestiegenen Bedeutung von Claim-Verhandlungen einen entsprechenden Stellenwert einzuräumen.
Grössere Ergebnisqualität und Effizienz in kleinen Teams
Auch wenn die zunehmende Digitalisierung von Verhandlungen in vielen Unternehmen zu Effizienzgewinnen und neuen Optionen in der Verhandlungsführung geführt hat, verhandeln Schweizer Verhandlungspraktiker weiterhin alleine oder in tendenziell kleineren Teams von durchschnittlich 2 bis 3 Personen. Für die Schweizer Verhandlungspraxis gilt es aus Sicht der Studienautoren, die Bedeutung und das Erfolgspotenzial von Teamverhandlungen in Zukunft genauer zu analysieren.
Bedeutung der Verhandlungsführung in der Aus- und Weiterbildung in der Schweiz erkannt
Bei näherer Betrachtung der Ergebnisse fällt auf, dass insbesondere jüngere Führungskräfte deutlich häufiger angeben, dass Verhandlungen Teil ihrer Ausbildung waren. Dies kann als Indiz dafür gewertet werden, dass die Bedeutung von Verhandlungsführung in der Aus- und Weiterbildung in der Schweiz erkannt wurde. Aus Sicht der Studienautoren empfiehlt es sich auch für Schweizer Unternehmen, der Aus- und Weiterbildung von qualifizierten Verhandlungspraktikern einen höheren Stellenwert einzuräumen. Der gestiegenen Relevanz der Verhandlungsführung sollte in Zukunft sowohl von Seiten der Wissenschaft als auch von Seiten der Verhandlungspraxis Rechnung getragen werden.
[1] Die ausführlichen Ergebnisse der empirischen Studie "Wie verhandeln Schweizer Führungskräfte?" (Autoren: Uta Herbst / Markus Voeth / Yannick Urbitsch / Sabrina Marx / Michael Oryl / Elena Mégevand / Oliver Gnehm / Barbora Hasler-Castell; Herausgeber: Negotiation Academy Potsdam, BGPartner AG Rechtsanwälte, Bern und Zürich) sind als PDF verfügbar. Bitte E-Mail an: media@bgpartner.ch
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Die Negotiation Academy Potsdam (NAP) ist Deutschlands einzige auf Verhandlungen spezialisierte Beratung mit universitärer Anbindung. Die Philosophie der Negotiation Academy Potsdam ist es, dass Verhandelnde durch den Einsatz neuester wissenschaftlicher Methoden bessere Verhandlungsergebnisse erzielen können. Die Negotiation Academy Potsdam hat dazu einen ganzheitlichen, interdisziplinären Methodenansatz für Verhandlungen entwickelt, der kombiniert mit Best Practice Insights seit vielen Jahren erfolgreich eingesetzt wird. Geleitet wird die Negotiation Academy Potsdam von Prof. Dr. Uta Herbst, Professorin für Betriebswirtschaftslehre an der Universität Potsdam, und Prof. Dr. Markus Voeth, Professor für Betriebswirtschaftslehre an der Universität Hohenheim. www.negotiation-academy-potsdam.de
BGPartner ist eine führende, national und international ausgerichtete Schweizer Anwaltskanzlei mit Spezialisierung im Wirtschaftsrecht und in Verhandlungsführung. Die Anwaltskanzlei wurde 1988 gegründet und hat Standorte in Bern und Zürich. BGPartner will Lösungsräume schaffen, die inspirieren und hat sich zum Ziel gesetzt, bevorzugter Partner für intelligente Lösungen in allen Rechts- und Verhandlungsfragen zu sein. Deshalb sind die Anwältinnen und Anwälte von BGPartner nicht nur Experten in wirtschaftsrechtlichen Fragen, sondern verfügen auch über Spezial-Knowhow und eine breite Praxiserfahrung im Bereich der Verhandlungsführung. Getreu dem Leitsatz von BGPartner: «Mastering Law and Negotiation». www.bgpartner.ch
Anhang: Datenerhebung und Studiendesign
Die Befragung wurde im Zeitraum von Juli bis September 2022 in Form einer Online-Umfrage unter der Mithilfe eines Marktforschungsinstitutes durchgeführt. Zuvor festgelegte Bedingung für die Teilnahme an der Verhandlungsstudie war, dass das Verhandeln einen wesentlichen Teil des beruflichen Aufgabenbereichs der Befragten darstellt.
Des Weiteren wurde sichergestellt, dass die Befragten als Schweizer Führungskräfte für verschiedene Unternehmen und in unterschiedlichen Funktionsbereichen tätig sind. Die Unternehmen der Schweizer Führungskräfte entstammen einem breiten Branchenspektrum. Um die Aussagekraft der Ergebnisse stellvertretend für die Gesamtheit der Schweizer Führungskräfte sicherzustellen, orientiert sich die Alters- und Geschlechterverteilung an entsprechend vorgegebenen statistischen Quoten (vgl. hierzu Schweizerische Arbeitskräfteerhebung 2022). Unter Einhaltung der genannten Vorgaben wurden insgesamt 359 vollständige Fragebögen generiert.
Wie setzt sich die Stichprobe zusammen?
Der Grossteil der befragten Schweizer Verhandlungspraktiker ist zwischen 25 und 54 Jahren alt und überwiegend männlich. Überwiegend sind die Befragten in leitenden Positionen tätig und verfügen zudem über Führungsverantwortung.
Die Befragten sind, bezogen auf ihre Verhandlungstätigkeit, als sehr erfahren zu charakterisieren. Was die Unternehmen der Schweizer Verhandlungspraktiker betrifft, sind diese grösstenteils in die Finanzdienstleistungsbranche, den Handel bzw. Einzelhandel sowie in die Telekommunikations- oder IT-Branche einzuordnen. Gemessen an der Mitarbeiterzahl stammen die Unternehmen mehrheitlich aus dem Sektor der kleinen und mittelständischen Unternehmen.
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