pte20250429003 in Forschung

Wissenschaft in den USA oft parteiisch genutzt

Jede Fraktion beruft sich laut Studie der Northwestern University auf für sie passende Erkenntnisse


Mikroskop: Wissenschaft wird zum politischen Spielball (Foto: Konstantin Kolosov, pixabay.com)
Mikroskop: Wissenschaft wird zum politischen Spielball (Foto: Konstantin Kolosov, pixabay.com)

Evanston/Chicago (pte003/29.04.2025/06:00)

Die Spaltung der US-Gesellschaft setzt sich bis hin zur politischen Verwendung wissenschaftlicher Erkenntnisse fort. Demokraten und Republikaner berufen sich auf teilweise völlig andere wissenschaftliche Erkenntnisse, um ihre Politik zu untermauern, haben Forscher der Northwestern University festgestellt. Analysiert worden sind Berichte von Kongressausschüssen, Anhörungen und politische Dokumente von Thinktanks aus dem ganzen Land.

Demokraten lieben Wissenschaft

Danach hat die Zahl der Verweise auf wissenschaftliche Erkenntnisse in der Politik in den vergangenen 25 Jahren zwar stetig zugenommen, doch Demokraten neigten immer wieder dazu, in der Politikgestaltung häufiger auf wirkungsvolle wissenschaftliche Erkenntnisse zu verweisen als ihre republikanischen Kollegen, unterstreichen die Wissenschaftler.

Das Team um Dashun Wang und Alexander Furnas hat systematische Unterschiede in der Menge, dem Inhalt und dem Charakter der wissenschaftlichen Daten beobachtet, die von den politischen Fraktionen in den USA in ihrer Politik zitiert wurden. "Wir haben festgestellt, dass politische Dokumente von demokratisch kontrollierten Ausschüssen fast 1,8 Mal häufiger wissenschaftliche Erkenntnisse zitieren als solche von republikanisch kontrollierten Ausschüssen", so Wang.

Thinktanks würden linksgerichtete wissenschaftliche Erkenntnisse fünfmal häufiger zitieren als rechtsgerichtete. "Thinktanks sind ein wenig erforschter Bereich, der im Gegensatz zu anderen Demokratien einen extrem tiefgreifenden Einfluss in den USA hat. Politikgestaltung, Ideenfindung und Evidenzbildung finden in diesen privaten Institutionen statt. Es war wichtig, sie zusammen mit den offiziellen Regierungsinstitutionen in die Diskussion einzubeziehen", sagt Furnas.

Gleiche Themen neu interpretiert

Den Forschern nach zitiert der Energie- und Handelsausschuss des Repräsentantenhauses unter demokratischer Kontrolle vor allem wissenschaftliche Erkenntnisse zu Abtreibung, Trunkenheit am Steuer, Jugend und E-Zigaretten, Energieerzeugung und Infrastruktur, Waffengewalt sowie psychischer Gesundheit. Als die Republikaner den Ausschuss kontrollierten, zitierten sie eher wissenschaftliche Erkenntnisse zu Krankenversicherungskosten, Luftverschmutzung, Opioiden und Sportverletzungen an High Schools.

Interessant: Aber selbst wenn sie sich auf dieselbe Politik oder dasselbe Thema konzentrieren, zitieren die beiden politischen Lager nicht dieselben wissenschaftlichen Erkenntnisse. "Wissenschaft sollte als politisch neutrale, vertrauenswürdige Informationsquelle angesehen werden. Aber wie unsere Studie zeigt, zitieren verschiedene politische Parteien unterschiedliche wissenschaftliche Quellen, um ihre Behauptungen zu untermauern. Das wirft die Frage auf, ob Wissenschaft selektiv eingesetzt wird, um bereits bestehende Überzeugungen zu stützen", hinterfragt Wang.

Die Forscher haben zudem 3.500 US-Politiker und hohe politische Beamte befragt, wie sehr sie der Wissenschaft vertrauen oder misstrauen. 96 Prozent der demokratischen Eliten vertrauen Wissenschaftlern entweder vollständig oder teilweise, dass sie unvoreingenommene Erkenntnisse verbreiten, verglichen mit 63,7 Prozent der republikanischen Eliten. Das Fazit der Forscher: Die zunehmende politische Polarisierung in den USA könnte das Vertrauen in die Wissenschaft gefährden.

(Ende)
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