pts20091218009 Kultur/Lifestyle, Medien/Kommunikation

Abwrackprämie ist das Wort des Jahres 2009

Interview mit GfdS-Geschäftsführerin Prof. Dr. Karin M. Eichhoff-Cyrus


Wiesbaden/Berlin (pts009/18.12.2009/10:45) Keine andere Wahl stößt beim Thema deutsche Sprache auf ein ähnlich großes Medienecho wie der sprachliche Jahresrückblick "Wörter des Jahres", bei dem naturgemäß das "Wort des Jahres" die größte Aufmerksamkeit erfährt (in Zusammenarbeit mit der Hamburger Firma tolingo - http://www.tolingo.de wurde erstmals das Wort des Jahres zeitgleich in 12 Sprachen übersetzt - die interessanten Ergebnisse sind dieser Pressemitteilung als pdf beigefügt http://img.pte.at/files/binary/4815.pdf).

Die Wahl wird seit 1971 von der Gesellschaft für deutsche Sprache (GfdS) durchgeführt. Die GfdS ist eine politisch unabhängige Vereinigung zur Pflege und Erforschung der deutschen Sprache. Sie hat sich zum Ziel gesetzt, die Sprachentwicklung kritisch zu beobachten und auf der Grundlage wissenschaftlicher Forschung Empfehlungen für den allgemeinen Sprachgebrauch zu geben.

Zu den in der Öffentlichkeit bekanntesten Aktionen zählen neben der Wahl "Wörter des Jahres" auch die Übersicht "Die beliebtesten Vornamen" und alle zwei Jahre die Verleihung des "Medienpreises für Sprachkultur".

Weniger bekannt sind die eigentlichen Arbeitsschwerpunkte der GfdS: Ein Redaktionsstab beim Deutschen Bundestag und ein Redaktionsstab Rechtssprache beim Bundesministerium der Justiz prüfen als interne Beratungsstellen Gesetzentwürfe, Verordnungen usw. auf sprachliche Richtigkeit und Verständlichkeit. Darüber hinaus beantworten Sprachberaterinnen und Sprachberater Fragen von Privatpersonen, Firmen, Behörden und Institutionen zur Rechtschreibung und Grammatik, zu Stil und Ausdruck, prüfen Texte und erarbeiten Gutachten. Wichtige Bereiche sind die Beratung bei Problemen der Vornamengebung sowie bei der Deutung und Herkunft von Familiennamen (weitere Infos und Kontaktdaten, Kosten der Services siehe http://www.gfds.de).

Langjährige Geschäftsführerin der GfdS ist Prof. Dr. Karin M. Eichhoff-Cyrus.

Frau Prof. Eichhoff-Cyrus, welche Wörter sind Ihre Lieblingswörter der vergangenen Jahre? Arzneimittelausgabenbegrenzungsgesetz, Gammelfleisch, Elchtest, Generation @ oder andere Wörter?
Andere Wörter, z. B. das Wort des Jahres 1971 "aufmüpfig" oder auch "die neuen Bundesländer". Dieses Jahreswort von 1990 besteht ja eigentlich aus drei Wörtern, war 1990 neu, und diese Bezeichnung hat sich im Sprachgebrauch durchgesetzt. Auch das Wort des Jahres 1996 finde ich interessant: "Sparpaket". An Beispielen wie "Sparpaket" und "Spargesetz" sieht man, dass das Wort "sparen" in verschiedenen Bedeutungen verwendet werden kann, einmal im Sinne von ansparen, also zurücklegen, und einmal im Sinne von einsparen, also nicht ausgeben. In den Spardiskussionen des Jahres 1996 spielte nur die zweite Bedeutung eine Rolle.

Welcher Personenkreis wählt die Wörter des Jahres aus? Wie ist der Ablauf der Wahl?
Der Hauptvorstand der Gesellschaft für deutsche Sprache und die wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Zentrale. Ausgewählt werden Wörter, die jahrestypisch sind, die neu sind oder neu verwendet werden und auch für eine große Gruppe der Bürgerinnen und Bürger relevant sind, also häufig vorkommen. Allerdings ist eine Zählstatistik nicht die Grundlage. Wir beobachten das ganze Jahr über den öffentlichen Sprachgebrauch anhand der Medien.

Insbesondere die älteren Bundesbürger meinen, dass die deutsche Sprache immer mehr "verkomme". Wie schätzen Sie die Entwicklung der deutschen Sprache in den letzten Jahrzehnten ein?
Die deutsche Sprache unterliegt einem Sprachwandel, wie alle anderen Sprachen auch. Dass die Sprache "verkommt" oder ein sogenannter Sprachverfall beklagt werden müsse, das sehe ich nicht. Die Sprache verändert sich und das ist eine ganz normale Erscheinung.

Prof. Dr. Rudolf Hoberg, der Vorsitzende der GfdS, vertritt die Meinung, dass wir mit der heutigen Sprache ein Instrumentarium besitzen, "das reicher und differenzierter ist als je zuvor und um das uns frühere Generationen zweifellos beneiden würden". Teilen Sie seine Meinung und wenn ja, warum?
Ja, wir haben heute z. B. einen wesentlich größeren Wortschatz.

Wer legt in Deutschland eigentlich fest, ob ein neues Wort zum "offiziellen Wort" der deutschen Sprache wird? Früher stand dafür der Eintrag im Duden. Wie ist das heute geregelt?
Dafür sorgt in erster Linie die Sprachgemeinschaft selbst. In den Wörterbüchern werden neue Wörter dann aufgenommen. Das wird auch weiterhin in der Dudenredaktion und anderen Wörterbuchredaktionen gemacht.

Beklagt wird seit Jahren ein "Sprachpansch" durch Anglizismen. Ist das ein unaufhaltsamer Trend. Ist die deutsche Sprache noch zu retten?
Die deutsche Sprache muss nicht gerettet werden. Sie hat immer Fremdwörter aufgenommen, früher aus dem Lateinischen, dann aus dem Französischen und jetzt vorwiegend aus der englischen Sprache. Anglizismen gibt es im Übrigen nicht nur in der deutschen Sprache. Da nun mal Englisch heute "Lingua franca", also weltweite Verkehrssprache ist, beeinflusst es alle Sprachen.

Ist die deutsche Sprache weltweit auf dem Rückzug oder auf dem Vormarsch?
Deutsch bewegt sich nach den Befunden mehrerer Untersuchungen hinsichtlich der Anzahl der Muttersprachsprecher zwischen Rang 6 und Rang 11 der Sprachen der Erde. Chinesisch, Englisch, Hindi, Spanisch und Russisch liegen nach allen Zählungen vor Deutsch.

Jede Sprache lebt von ihrem Wandel. Welche Wörter der deutschen Sprache hätten es verdient, wieder häufiger verwendet zu werden?
Wörter, die nicht mehr gebraucht werden oder nicht mehr akzeptiert werden, gelten als "veraltet" und verschwinden aus einer Sprache. Ein Beispiel ist das Wort "Fräulein". Heute wird nicht mehr akzeptiert, dass eine Frau sich erst über einen Mann identifizieren muss, bevor sie mit "Frau" angeredet wird. Bei manchen Wörtern mag man bedauern, dass sie als veraltet gelten, ein Beispiel aus meiner Sicht ist das Wort "Antlitz".

Was sind für Sie die schönsten Wörter der deutschen Sprache?
Darüber hat das Goethe-Institut in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Sprachrat, in dem die Gesellschaft für deutsche Sprache Mitglied ist, nach einem internationalen Wettbewerb ein Buch veröffentlicht. Die ersten drei Plätze bei der Auswahl der schönsten deutschen Wörter belegen "Habseligkeiten", "Geborgenheit" und "lieben".

Die Wörter des Jahres 2009 sind 1. Abwrackprämie; 2. kriegsähnliche Zustände; 3. Schweinegrippe; 4. Bad Bank; 5. Weltklimagipfel; 6. Deutschland ist Europameisterin; 7. Twittern; 8. Studium Bolognese; 9. Wachstumsbeschleunigungsgesetz; 10. Haste mal ´ne Milliarde?

Abwrackprämie - das Wort des Jahres 2009 - wurde von der Hamburger Firma tolingo in 12 Sprachen übersetzt, darunter ins Englische, Finnische, Russische und Arabische. Die Übersetzungen sind dieser Pressemitteilung als PDF beigefügt. Ebenso die Übersetzung des drittplazierten Wortes Schweinegrippe.

In einem weiteren PDF-Anhang zu dieser Meldung findet man Übersetzungen früherer Wörter des Jahres; diese können jederzeit auch über http://www.pressetext.de abgerufen werden. Dazu im Suchfeld auf der pressetext-Startseite einfach "Wort des Jahres" eingeben.

Passend zur Jahreszeit hat tolingo auch einige Weihnachts- und Neujahrsbegriffe übersetzen lassen, siehe dazu im Anhang das PDF Nummer 4 und/oder Infos auf http://www.pressetext.de .

Mehr Infos und Kontakt:
Zentrale der Gesellschaft für deutsche Sprache (GfdS)
Spiegelgasse 13
65183 Wiesbaden
Tel. 0611-99955-0
Fax: 0611-99955-30
E-Mail: sekr@gfds.de
Internet: http://www.gfds.de

tolingo GmbH
Stahltwiete 16
22761 Hamburg
Internet: http://www.tolingo.de
Roman Reimer
Tel. 040-3807878825
Fax: 040-3807878838
E-Mail: roman.reimer@tolingo.com

(Ende)
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Tel.: 0611 - 26 777 26
E-Mail: g.karnebogen@panamedia.de
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