pts20041201059 Politik/Recht, Umwelt/Energie

Gewerbeverein: Realitätsverweigerer beim industriellen Strompreis?

Es gibt offenbar nur eine gefühlte Strompreiserhöhung - meint das WIFO!


Wien (pts059/01.12.2004/20:13) Dieses permanente Lamento über einen überhöhten Strompreis ist doch nur ein Hirngespinst der Industrie, nach dem phönizischen Sprichwort: "Raunzen ist der Gruß der Kaufleute" - mutmaßt der Österreichische Gewerbeverein (ÖGV). Eine WIFO-Studie versucht zu beweisen, dass Strom in der Periode 1999 bis 2003 billiger wurde. Da muss man schon famose Expertisen-Auftraggeber haben, wenn die Industrie selbst auf ihren Rechnungen 1999 20 EUR je MWh fand, nun aber 30.

WIFO-Energieexperte Kratena kommt zum Schluss, dass Dank der Liberalisierung des Strommarktes das BIP von 1999 bis 2003 um 0,3 Prozent und die Beschäftigung um 0,2 Prozent stieg. Laut seiner Expertise wurden durch angebliche Preissenkungen beim Strom die Erhöhung der Energiesteuer und diverse Zuschläge auch mehr als kompensiert. Sogar die Arbeitsproduktivität hätte sich durch die Liberalisierung um 0,3 Prozent erhöht. Und dann noch weiter: Zusammen mit der Dämpfung der Lohndynamik resultiert aus der Strompreisliberalisierung sogar ein entlastender Effekt auf die Arbeitskosten.

Ob der WIFO-Experte je in seinem Leben eine Industrie-Stromrechnung gesehen hat oder gar der leibhaftigen Strommarktliberalisierung persönlich begegnet ist, kann bei diesen hochwissenschaftlichen Schlüssen mehr als angezweifelt werden.

Dass vom Kanzlerberater für Industriefragen über den Wirtschaftskammer-Präsidenten bis hin zum sonst eher trägen obersten Wettbewerbshüter alle die Verteuerung des Saftes in unseren Netzen heftig kritisieren, muss also auf den Effekt einer gefühlten Teuerung zurückzuführen sein, einer Halluzination sozusagen.
Wahr ist aber, was auf den Rechnungen steht. Und da wurde Industrie-Strom von 1999 bis heute um schlichte fünfzig Prozent teurer. Den Großteil davon verdanken wir der ostösterreichischen Stromlösung ÖSL, mit der ein Quasimonopol am Stromsektor mit ausdrücklicher Billigung der EU-Kommission zementiert wurde.
Erinnert wird in diesem Zusammenhang, dass all jene - und die Institutionen, die sie vertreten - die heute die ÖSL zu Recht so massiv anprangern, im Frühling vorigen Jahres in Brüssel bei der Wettbewerbsverhandlung gegen dieses Strommonster absent waren. Es gab nur eine heimische Wirtschaftsinteressensvertretung die kämpfte - den Österreichischen Gewerbeverein.

Nun wissen wir also vom WIFO dokumentiert, dass ja eh alles in Ordnung ist. Wäre wohl eine Studie wert, wie die heimische Industrie und damit der private Verbraucher tatsächlich profitiert hätten, wenn man nicht einem Quasi-Monopol ausgeliefert worden wäre.

(Ende)
Aussender: Österreichischer Gewerbeverein
Ansprechpartner: Herwig Kainz
Tel.: +43/1/587 36 33
E-Mail: h.kainz@gewerbeverein.at
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