pts20060706024 Unternehmen/Wirtschaft, Politik/Recht

"Viel ist oft zu wenig" - Vergleich: Wie auskunftsfreudig sind Österreichs Pensionskassen?

Mercer durchleuchtet die Beitrags- und Leistungsinformationen der überbetrieblichen Pensionskassen


Wien (pts024/06.07.2006/12:15) Experten des auf betriebliche Personenvorsorge spezialisierten Beratungsunternehmens Mercer HR Consulting haben einen Vergleich der Beitrags- und Leistungsinformationen der überbetrieblichen Pensionskassen vorgenommen. Untersucht wurde, ob die geforderte Transparenz Richtung Beitragszahler tatsächlich umgesetzt wird und wie viele Informationen "freiwillig" weitergegeben werden. Die Basis für den Vergleich stellten die kürzlich von den Pensionskassen an ihre Kunden versandten Beitrags- und Leistungsinformationen für das Jahr 2005 dar. Ausgangslage für die Untersuchung waren zum einen die FMA-Mindeststandards für Pensionskassen sowie die Pensionsfondsrichtlinie (RL 203/41 EG) und deren innerösterreichische Umsetzung. Welche überbetriebliche Pensionskasse informiert nun ihre Kunden am Besten?

Die Mercer-Experten haben bei ihrem Vergleich die schriftlichen Leistungs- und Beitragsinformationen der Pensionskassen an ihre Kunden auf die Transparenz in vier Kernbereichen untersucht (siehe auch beiliegende Aufstellung).

Auf den ersten Blick ist aus der Untersuchung klar erkennbar: Der Informationsumfang hat sich bei fast allen Pensionskassen seit in Kraft treten der Verordnung wesentlich vergrößert. Aber nicht immer bringt viel Umfang auch die erwartete Transparenz.

Bereich 1: Ausgewiesene Beiträge und Übertragungen

Bei den Beiträgen und Übertragungen weisen fünf von sechs Pensionskassen diese brutto (inkl. Versicherungssteuer und Kosten) aus, wie es auch die FMA- Mindeststandardverordnung vorsieht. Eine Pensionskasse veröffentlicht nur die Nettobeiträge.

In diese Rubrik fällt auch die Transparenz der Vermögensverwaltungskosten. Obwohl in den FMA-Mindeststandards nicht festgehalten, sehr wohl aber im Bundesgesetzblatt zur Umsetzung der EU-Pensionsfondsrichtlinie explizit verankert, müssen die Pensionskassen die einbehaltenen Kosten von Beiträgen und Vermögen offen legen. Leider halten sich nicht alle Pensionskassen daran.

Die Höhe der Beitragsverwaltungskosten sowie die Kosten zur Dotation der Auszahlungskostenreserve legen nur vier Pensionskassen (Allianz, ÖPAG, VBV und Victoria) offen.

Die Höhe der Vermögensverwaltungskosten wird nur bei drei Pensionskassen (Allianz, VBV, Victoria) ausgewiesen.

Die schon oftmals geforderte Transparenz hinsichtlich Kosten bleibt also trotz gesetzlicher Verankerung von einigen Pensionskassen nach wie vor unbeachtet.

Bereich 2: Höhe der Ansprüche zum Bilanzstichtag

Nur zwei Pensionskassen weisen den tatsächlichen Alterspensionsanspruch zum Stichtag 31.12.2005 aus. Die Höhe der Witwen- und Berufsunfähigkeitspension zum selben Stichtag legen hingegen fast alle Pensionskassen offen.

Bereich 3: Zukunftsbezogene Darstellung der Ansprüche

Der Hauptkritikpunkt der Vergangenheit, hochgerechnete und somit unrealistische Pensionshöhen darzustellen, wurde mit Einführung der FMA-Mindeststandardverordnung abgeschafft.

Die Alterspension soll nun nur mehr unter Einbeziehung des tatsächlichen Rechnungszinses hoch gesteigert werden, optional dazu empfiehlt die FMA die Anwendung der so genannten Korridormethode. Durch Variation des Veranlagungsertrages während der Anwartschaftsphase um einen Prozentpunkt nach oben bzw. nach unten, soll die Unverbindlichkeit der Prognosewerte dargestellt werden.

Diese Korridormethode weisen vier Pensionskassen (APK, BONUS, VBV, Victoria) auf ihren Beitrags- und Leistungsinformationen aus, wobei eine Pensionskasse nur eine einseitige Abweichung darstellt.

Bis auf eine Pensionskasse weisen alle die Pensionsleistungen zumindest für zwei verschiedene Pensionsalter aus, eine Kasse stellt sogar eine Periode von 10 Jahren dar.

Zusätzlich weisen zwei Pensionskassen (ÖPAG und Victoria) als Alternative auch eine Steigerung samt Einrechnung zukünftiger Beiträge aus.

Bereich 4: Veranlagungsstrategie der Pensionskasse

Unter diesem Kriterium sollen vor allem die Transparenz der Veranlagungspolitik, die Veranlagungsergebnisse der Vergangenheit sowie das ausgewiesene Risikopotential bzw. Risikoausmaß (Volatilität) dargestellt werden. Die geforderte Transparenz bei der Volatilität ist bei zwei Pensionskassen gar nicht oder nur zum Teil ersichtlich.

Einiges an Verbesserungspotential gibt es auch beim Ausweis des Veranlagungsrisikos für Anwartschaftsberechtigte. Diese müssen bei zwei Pensionskassen noch deutlicher darauf hingewiesen werden, dass auch Verluste des Veranlagungsvermögens eintreten können, reklamieren die Mercer-Experten.

"Der schon oben angesprochene Umfang der Beitrags- und Leistungsinformationen ist seit der Umstellung enorm angestiegen. Die Fülle an Information bringt jedoch nicht immer ein Mehr an Qualität mit sich", so Dr. Kurt Bednar, Geschäftsführer der Mercer HR Consulting.

Für die Mercer-Experten ergeben sich nach Abschluss des Vergleiches drei "Informationssieger" unter den Pensionskassen:

1. Victoria
2. VBV
3. Allianz

Veranlagung der Pensionskassen:
Endspurt zur Einführung der Risikomanagementverordnung

Für die Mercer-Experten gibt es noch einige Kritikpunkte am Entwurf der Verordnung:

1. Viel Spielraum bei der Umsetzung des Risikomanagements

Die FMA hat in ihrer Verordnung sehr viel Spielraum für die Umsetzung in der Praxis gelassen. Es wird nicht festgehalten nach welchen Modellen das Asset Liability Management (ALM) durchgeführt werden soll. Das heißt, jede Pensionskasse kann im Rahmen der Risikomanagementverordnung mit Leichtigkeit ihr derzeit bestehendes System mit einigen Adaptierungen einsetzen. Dem internen ALM sollte in regelmäßigen Abständen (alle 3 Jahre) zur Kontrolle bzw. Überprüfung ein externes ALM gegenüber gestellt werden.

2. Zu umfangreiches Reporting

Die Verordnung verlangt ein äußerst umfangreiches Reporting, das aus Expertensicht vor allem bei betrieblichen und kleinen überbetrieblichen Pensionskassen (mit nur einigen, wenigen eingesetzten Fonds) kaum umgesetzt werden kann.

Durch die sehr detaillierten Reportings kann es auch passieren, dass bei bestehenden Mandaten (bei großen Investmenthäusern) Fondsmanager die umfangreichen Anforderungen von Österreichischen Pensionskassen kaum abdecken werden, und somit der Mandatserhalt gefährdet wird.

Im "worst case" könnte es aufgrund des umfassenden Reportings zu einer Erhöhung der Management Fees kommen, was wiederum das veranlagte Vermögen der Anwartschaftsberechtigten schmälern würde.

3. Wie ist Risiko laut Verordnung definiert?

Die FMA legt in ihrer Verordnung nicht fest, was sie unter dem Begriff Risiko wirklich versteht bzw. wie das Risiko zu bewerten ist. Bedeutet Risiko den Zielertrag zu verfehlen oder den Mindestertrag zu verfehlen oder heißt Risiko den rechnungsmäßigen Überschuss zu verfehlen?

Die FMA sollte im Text der Verordnung darauf achten, dass Risiko nicht generell als schlecht betrachtet wird. Die Mercer-Experten warnen davor, dass die Verordnung bei den Pensionskassen bewirken könnte, auf volatile Mandate zu verzichten. Dies wäre auch ein Verzicht auf marktgerechten Veranlagungsertrag für die Anwartschafts- und Leistungsberechtigten.

Eine entsprechende Diversifizierung des Risikos sollte als eine der Hauptkomponenten des Risikomanagements gesehen werden.

Mitarbeitervorsorgekassen (MVK): Sparen oder Abheben
Welche Tendenz ist am Markt erkennbar?

Nach Gesprächen mit den acht überbetrieblichen MVK am österreichischen Markt lässt sich folgende Tendenz feststellen:

Von den tatsächlichen möglichen Auszahlungen gibt es derzeit viele mit dem Status "ohne Reaktion". Dies hängt einerseits mit dem Informationsdefizit hinsichtlich der Verfügungsmöglichkeiten, andererseits auch mit der geringen Höhe an angesammeltem Kapital zusammen.

Es darf erwartet werden, dass sich bei den Anspruchsberechtigten mit der Zeit ein Lerneffekt einstellen wird und daher der Auszahlungsanteil in den nächsten Jahren steigen wird.

Zusammengefasst kann festgehalten werden:

* Es gibt bis dato fast keine Übertragungen in andere MVK oder andere Vorsorgeeinrichtungen.

* Die Rücklaufquote an Meldungen von Anspruchsberechtigen hinsichtlich einer möglichen Auszahlung ist derzeit noch relativ gering.

* Etwa die Hälfte der angeschrieben Anspruchsberechtigten entscheiden sich für die Auszahlung des Kapitals.

"In Summe sehen wir nach über drei Jahren 'Bewährungsprobe' der Abfertigung NEU noch Aufholbedarf in Sachen Akzeptanz bei den Anwartschaftsberechtigten. Es wäre zu wünschen, dass es der Arbeitgeber durch Adaptierung des Gesetzes schafft, mehr Arbeitnehmer vom Rucksack-Prinzip zu überzeugen und damit die ursprünglich skizzierte Ergänzung zur gesetzlichen Altersvorsorge zu etablieren", fasst Dr. Kurt Bednar, Geschäftsführer der Mercer HR Consulting, zusammen.

Weitere Informationen bei:
Mercer HR Consulting
Dr. Kurt Bednar
Tel. 01/533 97 66
kurt.bednar@mercer.com

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