pts20090129024 Technologie/Digitalisierung, Medien/Kommunikation

Telekom-Liberalisierung im Europa-Vergleich: Österreich weiterhin nur Mittelmaß

VAT-Thoma: Darf in Österreich nur der TA-Konzern Gewinne machen?


Wien (pts024/29.01.2009/12:52) Nur auf Platz 10 - gemeinsam mit Ungarn - landet Österreich in der gestern veröffentlichten Regulatory Scorecard der European Competitive Telecommunications Association (ECTA), einem jährlichen Vergleich der Telekom-Liberalisierungsfortschritte in 20 europäischen Ländern. "Wenn man die regulatorischen Rahmenbedingungen aus der Nähe kennt, ist dieses Ergebnis sogar ziemlich schmeichelhaft. Tatsächlich tritt Österreich in punkto Wettbewerb und Regulierung auf der Stelle", kommentiert der Präsident des Verbandes Alternativer Telekom-Netzbetreiber Berthold Thoma das Ergebnis der Analyse des Wettbewerbs- und Regulierungsumfeldes im Bereich des Telekommunikationssektors.

In der ECTA-Regulatory Scorecard wird neuerlich aufgezeigt, dass die buchhalterischen Auflagen für den Ex-Monopolisten Telekom Austria nicht ausreichend sind, wodurch keine klare Kostentrennung zwischen Infrastruktur- und Dienstebetrieb gewährleistet ist (letzter Platz im Segment "Pricing conditions"). Das ist besonders problematisch, da auf Basis dieser Daten die Einkaufs-Entgelte festgelegt werden, zu denen alternative Anbieter Leistungen und Infrastruktur vom Ex-Monopolisten zukaufen können. Weiters bestehen besondere Mängel in Österreichs Regulierungspolitik bei den Durchsetzungs- und Sanktionierungsmöglichkeiten der Regulierungsbehörde (Platz 13 von 20). Auch im Bereich der so genannten Wegerechte bei Leitungsverlegungen (letzter Platz) und bei der Effizienz der Verfahrensführung zwischen Betreibern in der Regulierungsbehörde (letzter Platz) gehört Österreich zu den Nachzüglern Europas. Darüber hinaus liegt Österreich im Segment "Technology neutrality" nur auf Platz 12. Hier wirkt sich negativ aus, dass die österreichische Regulierungsbehörde RTR bislang keine Vorkehrungen getroffen hat, den ungehinderten entgeltlichen Zugang zu Glasfaserinfrastruktur des Ex-Monopolisten für alternative Anbieter sicherzustellen. Dieses Thema wird wohl hierzulande in Fachkreisen gerade aktuell diskutiert, die RTR macht jedoch keine Anstalten, die Marktdefinition technologieneutral zu gestalten. Obwohl das Endprodukt, nämlich der Breitbandzugang, unabhängig von der verwendeten Technologie immer dasselbe ist, werden der Telekom Austria bei Verwendung von Glasfaser keine Vorabverpflichtungen auferlegt. Dadurch wird es unmöglich, sie in diesem künftig immer bedeutenderen Umfeld regulatorisch in die Pflicht zu nehmen.

Bedenklich stimmt diese Platzierung Österreichs im Mittelfeld auch insbesondere, weil aus der ECTA-Regulatory Scorecard klar hervorgeht, dass die höchsten Investitionen in jenen Ländern getätigt werden, wo eine starke und unabhängige Regulierungsbehörde ihre Kompetenzen engagiert wahrnimmt und alle Marktteilnehmer entsprechend in die Pflicht nimmt. Und es sind gerade diese Investitionen, die nötig wären, um hochwertige und innovative Dienste und Infrastruktur für die Nutzer und damit den Wirtschaftsstandort zur Verfügung stellen zu können.

Österreich als Kuriosum bei Mietleitungspreisen
Für ein Kuriosum im ECTA-Report sorgt Österreich bei den Wiederverkaufspreisen von Mietleitungen für die Geschäftskundenanbindung (2 Mbit/s 2km). Unter 19 erhobenen Ländern rangiert Österreich an letzter Stelle mit einer Marge von minus 18%, d.h. dass der betreffende Einkaufspreis, den ein alternativer Anbieter an den Ex-Monopolisten zahlen muss, um 18% höher ist als der Preis, den die Telekom Austria selbst einem Endkunden (!) verrechnet. Für VAT-Präsident Berthold Thoma ist dieser kuriose Fall symptomatisch für die Inkonsistenzen und mangelhaften regulatorischen Rahmenbedingungen auf den österreichischen Telekom-Märkten: "Darf in Österreich nur der TA-Konzern Gewinne machen? Welche Renditen werden einem alternativen Anbieter zugestanden? Diese Fragen muss sich die RTR aus unserer Sicht mittlerweile ernsthaft gefallen lassen", so Thoma abschließend.

Verband Alternativer Telekom-Netzbetreiber (VAT)
Der VAT, ein Netzwerkpartner des Fachverbandes der Elektro- und Elektronikindustrie (FEEI), wurde 1997 gegründet und ist die Interessenvertretung der im Zuge der Telekom-Liberalisierung neu in den Markt eingetretenen Betreiber. Zu seinen Mitgliedern zählen Unternehmen aus dem Festnetz- und Mobilbereich. Die dem Verband angehörenden Unternehmen erzielen pro Jahr insgesamt ca. 2,35 Milliarden Euro Umsatz. Von den neuen Betreibern wurden in den letzten Jahren rund 5,5 Milliarden Euro investiert. Die Mitglieder des VAT sind Colt, Hutchison, Orange, T-Mobile, Tele2 und Verizon.

Links:
http://www.ectaportal.com
http://www.vat.at

Rückfragehinweis:

Verband Alternativer Telekom-Netzbetreiber
Mag. Thomas Faast
Geschäftsführer

Mariahilfer Straße 37-39
1060 Wien
T: +43 1 588 39-44
E: faast@vat.at
I: http://www.vat.at

(Ende)
Aussender: VAT - Verband Alternativer Telekom-Netzbetreiber
Ansprechpartner: Claudia Pohl
Tel.: +43 1 588 39-37
E-Mail: office@vat.at
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