pts20090528005 Unternehmen/Wirtschaft, Forschung/Entwicklung

Die Krise als Feigenblatt


Wien (pts005/28.05.2009/08:30) Ein Kommentar von Walter L. Hanus, CEO des Engineering-Unternehmens IVM.

Alle reden von der Wirtschaftskrise. Manche freilich nur deshalb, weil sie eine ausgezeichnete Ausrede hergibt. Denn ganz plötzlich können Industriebetriebe problemlos Maßnahmen durchziehen, die noch vor einem halben Jahr undenkbar gewesen wären. Zum Beispiel großflächig Techniker und Fachkräfte in der Fertigung kündigen. Eine solche Massenkündigung von Schlüsselkräften hätte noch im dritten oder vierten Quartal 2008 herbe öffentliche Kritik und zähen Widerstand hervorgerufen. Mit Verweis auf die Krise gilt nun jedoch: Anything goes.

Keine Frage, dass Betriebe in Notzeiten ihren Personalstand senken müssen. Aber gehen wir tatsächlich Notzeiten entgegen? Oder soll das Schreckgespenst "Krise" nur von Management-Fehlern in der Produktentwicklung und in der Fertigung ablenken? Fehlern, die schon seit Jahren absehbar waren? Nicht überall, wo Krise draufsteht, ist auch Krise drin.

Der Schaden ist mehrfach. Ein Großteil der Rezession beruht auf Psychologie. Wenn die Krise als Feigenblatt herhalten muss, um eigene Fehler zu verdecken, dann bestätigt das den Glauben an die Krise. Die Behauptung einer Krise wird zur self-fulfilling prophecy. Deshalb ist die Ausrede mit der Krise besonders verantwortungslos: Sie verstärkt die Angststarre, anstatt sie aufzulösen.

Dazu kommt, dass man Schlüsselkräfte nicht abbauen sollte. Denn gerade hoch qualifizierte Fachleute kann man, wenn man sie später wieder braucht, nicht auf Zuruf zurückholen. Dieser Tage fand gerade eine Kündigungswelle unter Software-Technikern statt - ein betriebswirtschaftliches Hasard. Denn zusammen mit den Fachkräften verlassen auch Know-how und Kreativität das Unternehmen; und das meist für immer. Woher sollen künftige Innovationen und Produktentwicklungen kommen, wenn Forschung & Entwicklung abgebaut wurden? Kurzfristig ist der Betrieb saniert, langfristig ruiniert.

Schaden trägt auch die Ausbildung der Jugend. Seit Jahren leidet Österreich, so wie alle Staaten in West- und Mitteleuropa, unter einem Technikermangel. Seit Jahren gibt es Bemühungen, das Interesse an technischen Berufen zu fördern. Doch wie soll man auf einer Berufsmesse junge Menschen für die Technik begeistern, wenn Massenkündigungen die Schlagzeilen füllen? Dabei sind Techniker nach wie vor sehr gefragt, aber nach außen hin wirkt es anders.

Schaden nimmt schließlich der gesamte Standort Österreich. Denn ohne Schlüsselkräfte kann man auch Schlüsselfunktionen nicht im Land halten, Forschung & Entwicklung wandern nach Fernost ab. Mit den bekannten Folgen für Europa.

Deshalb sind die Industrieunternehmen gefordert, ihre gesellschaftliche Verantwortung nicht zu vergessen. Durchaus mit Blick auf den langfristigen geschäftlichen Erfolg. Denn Forschung & Entwicklung in Europa machen sich sehr wohl bezahlt. Die Politik sollte darauf achten, dass ein gewisses Maß an Wertschöpfung in Europa stattfindet. Dabei geht es nicht um Protektionismus, sondern um aktive Wirtschaftspolitik. Und auch die Konsumenten sollten bewusster kaufen und die Hersteller daran erinnern, dass ihnen "Made in Austria" etwas wert ist.

IVM besteht seit 1979, bietet High-Tech-Dienstleistungen für die Industrie, beschäftigt 265 Mitarbeiter und verfügt über vier Standorte in Wien, Graz, Linz und Salzburg. Zu den Geschäftsfeldern gehört unter anderem die Entwicklung von Software für die Steuerung von Automotoren, für Eisenbahnsysteme und für die Telekom-Branche. Mit dem IVM Campus führt das Unternehmen eine eigene Aus- und Weiterbildungsstätte.

(Ende)
Aussender: IVM Technical Consultants Wien Ges.m.b.H.
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Tel.: +43 1 332 63 38-11
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