Brotwoche 2009: Als die Semmel noch eine Belohnung war
Heimisches Weißgebäck als besondere Spezialität
Wien (pts005/08.10.2009/07:00) Brot und Gebäck sind wertvolle Nahrungsmittel - und dank hervorragender Zutaten sind sie auch schmackhaft. Die Brotwoche 2009, die vom 12. bis 19. Oktober über die Bühne geht, macht darauf aufmerksam, welche Köstlichkeiten die mehr als 1.800 heimischen Bäcker tagtäglich produzieren. Die Brotwochen, die in diesem Jahr unter dem Motto "Meisterliches Handwerk" stehen, sollen der Bevölkerung auch zeigen, wie vielfältig der Geschmack der Produkte aus den Backstuben heimischer Bäckermeister ist.
Eine Semmel aus Meisterhand ist heute kein Luxus mehr. "Doch das war nicht immer so", erklärt Roman Sandgruber, Professor für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte an der Johannes Kepler Universität Linz. Sandgruber, der in diesem Jahr die oberösterreichische Landesausstellung "Mahlzeit!" wissenschaftlich betreut, berichtet, dass eine Semmel im 19. Jahrhundert in Nord- und Mitteleuropa ein Luxusgut war. Weißes Gebäck sei so etwas wie ein Statussymbol gewesen. "In der Stadt war das Gebäck feiner vermahlen und generell heller. Je ärmer die Bevölkerung war, desto dunkler war auch das Brot." Zu ganz besonderen Anlässen wie etwa zum Weihnachtsfest habe es Semmeln gegeben. Semmeln waren auch eine Belohnung für etwas. "Der Heimatdichter Peter Rossegger berichtet darüber, dass er einmal im Jahr nach Mürzzuschlag kam und dort Semmeln bekam", so Sandgruber.
In der bäuerlichen Gesellschaft des 19. Jahrhunderts wurde in der Regel einmal im Monat am Hof Brot gebacken. "Dunkleres Brot hatte hier auch den Vorteil, dass es länger haltbar war", so Sandgruber. Sprüche warnten die Bauern davor, zu viel ofenfrisches Brot zu essen. "Es ging darum, dass man sparsam mit den Nahrungsmitteln umgehen musste. Da frisches Brot gut schmeckt, war man eher dazu geneigt zuviel davon zu essen." In den Städten gibt es Semmeln oder kleines Weißgebäck seit dem Mittelalter. Der Begriff der Kaisersemmel, den viele als Hinweis auf die persönliche Präferenz des Kaisers zurückführen, wurde damals geprägt. Sandgruber geht allerdings davon aus, dass sich der Name Kaiser in Zusammensetzungen wie Kaisersemmel, Kaiserschmarren oder Kaiserfleisch von "a la casa", das heißt "nach Art des Hauses" herleitet und daher die einfache Zubereitung und Hausmannskost meint.
Der Backstil, den es im 19. Jahrhundert in den Städten gegeben hat, war dem heutigen nicht sehr ähnlich. "Das Mehl war um einiges gröber und bis zum Zweiten Weltkrieg war Roggen die dominante Getreidesorte." Am Land sei das Mehl, darunter auch Gerste, Hafer und Mais noch gröber vermahlen gewesen. Der Unterschied zwischen Stadt und Land war damals sehr groß. Das galt sowohl für das Einkommen als auch im kulturellen Bereich. "Es gab auch kaum Landbäcker, die diese Profession hauptberuflich ausgeübt haben, denn jeder Hof hat sein eigenes Brot hergestellt", so der Experte. Feines Gebäck aus Meisterhand zu bekommen, sei heute jedenfalls wesentlich einfacher, bestätigt Sandgruber. Darüber hinaus habe es keine auch nur annähernd so große Vielfalt an Produkten gegeben.
Die Bundesinnung der Bäcker und die Lebensmittelakademie des österreichischen Gewerbes http://www.lmakademie.at möchten im Rahmen der Brot- und Wurstwoche die Kunden stärker für das meisterliche Handwerk und die Regionalität der Produkte sensibilisieren. Das Projekt wird vom Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend (BMWFJ), von der Wirtschaftskammer Österreich, von der AMA- Marketing und von der EU kofinanziert und vom Projektpartner Volksbank unterstützt.
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