pte20110809016 Medien/Kommunikation, Technologie/Digitalisierung

Krawalle in London: Verabredung per BlackBerry

Schwieriger zu überwachen als soziale Netzwerke


BlackBerry: Mittel zur geheimen Kommunikation (Foto: pixelio.de, Kigoo Images)
BlackBerry: Mittel zur geheimen Kommunikation (Foto: pixelio.de, Kigoo Images)

London (pte016/09.08.2011/12:00) Die Plünderer, die London in den vergangenen Nächten in Aufruhr versetzt haben, sind zum Großteil frustrierte Jugendliche. Sie kommunizieren über Mittel, mit denen sie aufgewachsen sind. Nachdem einige britische Politiker schon nach strengerer Überwachung von sozialen Netzwerken rufen, stellt sich jetzt aber heraus, dass sich die Randalierer vorrangig über ihre BlackBerrys verabredet haben, wie der Guardian berichtet.

Überwachung kaum möglich

Laut einer kürzlich veröffentlichten Studie von Ofcom http://www.ofcom.org.uk besitzt etwa ein Drittel aller britischen Jugendlichen einen BlackBerry. Die Geräte bieten einen integrierten Sofortnachrichtendienst, mit dem sich gratis viele Leute auf einmal kontaktieren lassen. Der Dienst ist verschlüsselt, die Empfänger der Nachrichten brauchen einen Code, um die Texte lesen zu können. Eine Überwachung ist also sehr schwierig. "In einer Demokratie sind die neuen Kommunikationswege allgemein nicht kontrollierbar. Das funktioniert nicht einmal in China", meint Politologe Peter Filzmaier im Gespräch mit pressetext.

Insofern sind auch die Rufe nach einer stärkeren Überwachung der sozialen Netzwerke nur populistische Unkenrufe. "Die Forderungen sind zwar verständlich, denn die Leute wollen Sicherheit. Es handelt sich hier aber um eine gesellschaftliche Entwicklung ohne klare Regelungen. Das Recht hinkt der technischen Entwicklung um Jahre hinterher", meint Filzmaier. Vor allem die extreme Vielfalt an Kommunikationswegen macht es Staatsorganen praktisch unmöglich, schnell genug auf Entwicklungen wie die Aufstände in London zu reagieren. Der Blackberry-Hersteller Research in Motion hat angekündigt, die Ermittlungern der Polizei zu unterstützen. Wegen der Verschlüsselung durch die Nutzer ist allerdings fraglich, in wie weit der Hersteller selbst Zugriff auf die ausgetauschten Informationen hat.

Aufstand im Internet

Die Krawalle in London waren aus einer Protestaktion gegen die Erschießung von Mark Duggan durch die Polizei am vergangenen Donnerstag entstanden. Kurz nach dem Zwischenfall tauchten erste Meldungen in sozialen Netzwerken auf, die versuchten Öl ins Feuer zu gießen. Dass sich der Unmut der jungen Generation über solche Kanäle entlädt, ist auch nicht weiter verwunderlich. "Hier handelt es sich um einen Generationenkonflikt. Jugendliche sehen in traditionellen Kommunikationskanälen kein Sprachrohr. Sie bedienen sich anderer Medien, und wenn das nicht genügt, kann es auch zu Gewalt kommen", so Filzmaier gegenüber pressetext.

Bei Twitter konnte man einige Statusmeldungen von plündernden Jugendlichen lesen. Der Großteil der brisanten Information kam dann allerdings über die BlackBerrys, wie Direktnachrichten belegen. "Kommt alle nach XY, die Geschäfte werden brennen, es gibt gratis-Zeug", heißt es dort etwa. Die Behörden haben die Situation nach wie vor nicht im Griff. Durch die neuen Kommunikationskanäle sind nicht nur Privatpersonen und Firmen anfälliger geworden. Auch Staaten haben noch kein Rezept zum Schutz gefunden.

(Ende)
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