"Zeit ist Geld"-Denken macht unzufrieden
Glücksforscher: Geld behindert Beziehungen und Glücksstreben
Taschenuhr: Zeit ist Geld - doch Geld nur Ersatzglück (Foto: pixelio.de/Domnik) |
Toronto/Heidelberg (pte021/08.02.2012/13:45) Wer Zeit vorrangig an ihrem finanziellen Wert misst, büßt dadurch an Zufriedenheit ein. Das behaupten kanadische Forscher im "Journal of Experimental Social Psychology". "Wie wir die Zeit wahrnehmen, bestimmt in hohem Maß das persönliche Wohlbefinden. Menschen, die ständig an Geld denken, empfinden Stress und Ungeduld, sobald sie einmal nichts tun - auch in ihrer Freizeit. Sie können sich kaum mehr über einfache, kleine Dinge freuen", sagt Studienleiter Sanford DeVoe von der Rotman School of Management in Toronto http://rotman.utoronto.ca .
Stressiges Nichtstun
Einen Hinweis dafür haben die Wissenschaftler in einer Versuchsreihe erbracht. Sie baten Studenten, den künftigen Stundenlohn ihres Traumjobs zu berechnen, während anderen diese Aufgabe erspart blieb. Nur wer sich mit dem Geldwert von Zeit beschäftigt hatte, zeigte im Anschluss weniger Zufriedenheit und konnte in den Testpausen das Nichtstun nicht genießen. Entspannen konnten sich diese Versuchspersonen erst dann, als ihnen die Forscher eine kleine Summe für das Musikhören versprachen.
Geiz, Gier und Verschwendung
"Die Beschäftigung mit Geld kann viele negative Gefühle auslösen, die das Glücksstreben behindern - allen voran Geiz, Gier und Verschwendungssucht", erklärt der Glücksforscher Erst Fritz-Schubert http://fritz-schubert-institut.de im pressetext-Interview. Geld belastet Beziehungen: Kommt es ins Spiel, rücken Partner messbar auseinander - für Fritz-Schubert ein Grund, warum man mit Freunden besser keine Geschäfte abschließt. "Reichtum macht nicht immer glücklich", so der Experte.
Damit schwingt jedoch auch mit, dass Geld manchmal durchaus zufriedener macht. Zutreffen dürfte dies laut Studien einerseits, solange Grundbedürfnisse nicht befriedigt sind, also etwa bei Menschen unter dem Existenzminimum. Ist der Wohlstand bereits gegeben, steigt das Wohlbefinden durch Geld jedoch nicht mehr, zeigt die BIP-Entwicklung ab 1970. "Es kommt sehr darauf an, wie viel Geld man bereits auf dem Konto hat und wie sinnstiftend man es einsetzt", betont Fritz-Schubert.
Bindung statt Sportwagen
Um nicht in die Zeit-ist-Geld-Falle zu tappen, rät der Experte einen Blick hinter die Kulissen zu werfen. "Wir beschäftigen uns zunehmend mit dringlichen Dingen, vergessen aber auf das Wichtige und Glücksbringende. Die Technologisierung und Informationsflut etwa geht auf unseren Wunsch nach mehr Effizienz zurück. Wir sparen damit Zeit, nutzen sie aber nicht für Wichtiges, sondern vertreiben sie wieder. Mit ein wenig Überblick kann man dies jedoch durchschauen."
So zeigte Fritz-Schubert in Persönlichkeitstrainings mit Jugendlichen und Erwachsenen, dass hinter dem Wunsch vieler nach einem Sportwagen andere Ziele stecken. "Fast einhellig wollen junge Burschen damit das schönste Mädchen erobern, den Respekt der Eltern und Nachbarn erkämpfen und Spaß am Fahren mit acht Gängen erleben - also Bindung, Anerkennung und Neugier. Bietet man stattdessen immerwährende Freundschaft, Gelassenheit und Humor, erkennen viele, dass sie ihre Absichten dadurch ohnehin verwirklichen würden, ohne dabei die negativen Begleiterscheinungen von Geld als Ersatzglück in Kauf nehmen zu müssen", berichtet der Forscher.
PDF-Download der Studie unter http://www.rotman.utoronto.ca/facbios/file/DeVoe%20and%20House,%20JESP.pdf
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