pte20120620020 Medizin/Wellness, Produkte/Innovationen

Nervenverödung der Niere senkt Bluthochdruck

Nicht-medikamentöser Eingriff bei Therapieresistenz vorteilhaft


Wien (pte020/20.06.2012/13:15) Für Patienten mit hohem Blutdruck, die auf verfügbare Blutdrucksenker nicht reagieren oder sie nicht vertragen, gibt es eine minimal invasive Alternative ohne Medikamente: Durch die Verödung der Nervenbahnen an der Nierenarterie gelingt es, den Blutdruck deutlich und langfristig zu senken. Das berichten Vertreter der österreichischen Gesellschaft für Hypertensiologie http://hochdruckliga.at am heutigen Mittwoch in Wien. Erste Auswertungen stellen der sogenannten "renalen Denervierung" ein gutes Zeugnis aus, die Experten halten Hoffnung besonders für therapieresistente Hypertoniker für "angebracht".

Ausweg bei Medikamentenversagen

Die Palette der medikamentösen Blutdrucksenker ist mittlerweile groß. Ihre Wirkung hängt meist von der richtigen Einstellung und Dosis sowie von der Therapietreue ab. Dennoch bringen bei rund 15 Prozent der Patienten selbst drei oder mehrere Blutdruckmittel gleichzeitig keine Besserung. Für diese therapieresistenten Patienten sind Nervenfasern der Niere ein interessanter therapeutischer Angriffspunkt: Das Organ bildet eine Schaltstelle für Blutdruck-Hormone und tauscht Signale mit dem Gehirn aus, die den Blutdruck über das für Stress zuständige, "sympathische" Nervensystem steigern können.

Beim Nervengewebe der Nierenarterie, über die diese Signale laufen, setzt die noch junge Methode der renalen Denervierung an. Eine kleine Sonde wird dazu unter Narkose mittels Katheter von der Leistenarterie bis in die Nierenarterie vorgeschoben und für je zwei Minuten auf bis zu 70 Grad erhitzt. "Die Nervenenden an der äußeren Gefäßwand werden dabei zerstört, während die Innenwand jedoch unversehrt bleibt", erklärt der Internist Franz Leisch vom AKH Linz http://linz.at/akh . Jeweils vier bis sechs Punkte an beiden Nieren werden in dem insgesamt rund einstündigen Eingriff unter Röntgensicht auf diese Weise behandelt.

Effekte halten lange an

Erste Langzeit-Auswertungen dieses Eingriffes liegen nun vor: Nach einem Jahr sank der Blutdruck der Behandelten laut der Studie "Symplicity HTN-2" um durchschnittlich 28/10 mmHg, nach drei Jahren war der Effekt laut "Symplicity HTN-1" mit minus 33/19 mmHg sogar noch stärker. Gefäßverletzungen oder andere Nebeneffekte blieben aus. "Je länger die Beobachtungsdauer, desto besser die Ansprechrate, die nach drei Jahren bereits 100 Prozent beträgt", erklärt Helmut Brussee, Kardiologe an der MedUni Graz http://meduni-graz.at . Jeder zehnte ausgewählte Patient kommt allerdings aufgrund Nierenstents oder zu dünner Gefäße nicht für die renale Denervierung in Frage.

Als größten Vorteil dieser Behandlungsform sehen die Mediziner, dass sie von Spitzen der Blutdruckbelastung befreit und somit vor Begleiterkrankungen schützt. "Oft kann auch die Medikamentenzahl reduziert werden, jedoch nicht immer", erklärt Hochdruckliga-Präsident Bruno Watschinger. 230 Patienten in Österreich wurden bisher behandelt, weltweit sind es 5.000. "Erste Studien zeigen auch Positiveffekte bei Herzschwäche und Diabetes", berichtet Martin Engleder von der Firma Medtronic http://medtronic.com , der Erfinderin der Simplicity-Denervierungsmethode, gegenüber pressetext.

Gefährlicher als Krebs

Hypertonie - definiert als Blutdruckwerte jenseits 140/90 mmHg - ist weltweites Problem, das in seiner Tragweite deutlich unterschätzt wird. Laut einer Lancet-Erhebung 2008 gibt es über eine Mrd. Hypertoniker, wobei nur etwa die Hälfte davon weiß und nur jeder Dritte Behandlung erhält. Fast jeder siebte aller Todesfälle - in Europa sogar mehr als jeder dritte - geht auf Hypertonie zurück. Dieselbe Ursache ist auch für 7,6 Mio. vorzeitige Todesfälle weltweit und 20 Prozent der Lebensjahre mit Behinderung in Europa verantwortlich.

Obwohl hoher Blutdruck mehr Todesfälle als Krebs verursacht, gilt er weiterhin als Kavaliersdelikt, klagt Watschinger. "Einen Tumor will man sofort entfernt haben, doch hier gilt das 'Bisschen-Syndrom': Ein bisschen zuviel Blutdruck, ein bisschen zuviel Zucker oder ein bisschen zu viele Kilos werden schon nicht schaden, sagen viele. Den Folgen für die Gefäße des ganzen Körpers - von Herzinfarkt bis zu Dialysepflicht und Schlaganfall - könnte man bei Früherkennung gut aus dem Weg gehen." Bei leichten Formen reichen oft Gewichtsreduktion, mehr Bewegung, Nikotinstopp und weniger Salzkonsum als Therapie.

Fotos der Veranstaltung unter http://fotodienst.pressetext.com/album/3033

(Ende)
Aussender: pressetext.redaktion
Ansprechpartner: Johannes Pernsteiner
Tel.: +43-1-81140-306
E-Mail: pernsteiner@pressetext.com
Website: www.pressetext.com
|