Kostenwettbewerbsvorteil der CEE-Länder gegenüber Österreich gesunken
Arbeitskosten, Steuerbelastung und Wettbewerbsfähigkeit
Wien (pts010/18.09.2012/09:30) Kostenwettbewerbsvorteil der CEE-Länder gegenüber Österreich gesunken
- Arbeitskosten in CEE aber immer noch um bis zu 90% unter jenen in Österreich
- CEE bleibt weiterhin interessant für Investoren und wettbewerbsfähig
Die Lohnstückkosten in den mittel- und osteuropäischen Ländern (CEE) sind nach wie vor deutlich niedriger als in Österreich. Sie sind allerdings 2011 in den meisten CEE-Ländern erneut gestiegen. Für die kommenden Jahre wird in fast allen CEE-Ländern ein erneuter Anstieg der Lohnstückkosten erwartet.
Die bestehenden Kostenwettbewerbsvorteile der CEE-Länder gegenüber Österreich werden allerdings nur graduell und langsam sinken. Das sind zentrale Ergebnisse einer Studie, die das wiiw (Wiener Institut für Internationale Wirtschaftsvergleiche) im Auftrag von TPA Horwath 2011 erstmalig durchführte und nun für 2012 aktualisierte.
Arbeitskosten: Österreich an der "Spitze", Bulgarien hat niedrigsten Arbeitskosten
In Österreich lag das Niveau der durchschnittlichen Arbeitskosten (Löhne und Lohnnebenkosten) im Jahr 2011 mit EUR 4.299,- pro Monat wesentlich über jenem aller in der Analyse erfassten mittel- und osteuropäischen Länder. Slowenien kommt mit EUR 1.794,- pro Monat auf durchschnittlich 42% der österreichischen Arbeitskosten. Schlusslicht Bulgarien verzeichnet mit EUR 426,- die niedrigsten durchschnittlichen Arbeitskosten, das entspricht nur 10% des österreichischen Niveaus.
Hohe Bruttoverdienste in Finanz- und Versicherungswesen
Betrachtet man die durchschnittlichen Bruttoverdienste nach Sektoren, so stechen die Lohnniveaus im Finanz- und Versicherungswesen stark hervor. In Österreich liegt das Bruttoverdienstniveau in diesem Sektor um 56% über jenem in der Gesamtwirtschaft. Auch in Slowenien und Kroatien ist der Abstand des Verdienstniveaus zu jenem in der Gesamtwirtschaft mit 42% bzw. 59% mit Österreich vergleichbar.
In allen anderen Ländern ist der Abstand der Verdienste im Finanz- und Versicherungswesen zu jenen in der Gesamtwirtschaft sogar noch wesentlich größer und liegt zwischen 69% in Polen und sogar 133% in Rumänien.
Anstieg der Bruttoverdienste in fast allen CEE-Ländern
Nach krisenbedingten, teilweisen Rückgängen der Bruttoverdienste in einigen der mittel- und osteuropäischen Länder im Jahr 2009 kam es 2010 und ebenfalls 2011 wiederum zu einem stärkeren Anstieg gemessen in EUR. Dies ist sowohl auf Lohnanstiege in lokaler Währung also auch auf Anstiege der Wechselkurse der nationalen Währungen gegenüber dem Euro zurückzuführen. Nur in Kroatien fielen die Bruttoverdienste gemessen in EUR leicht um 0,5% und betragen 2011 EUR 1.049,- pro Monat. In allen anderen Ländern kam es zu Anstiegen, zwischen 2% auf EUR 1.525,- in Slowenien und 7,6% auf EUR 357,- in Bulgarien.
Bruttoverdienstbelastung fast unverändert
Die Bruttoverdienstbelastung, die sich aus der Lohnsteuer und den Sozialbeiträgen der Arbeitnehmer zusammensetzt, hat sich 2011 gegenüber dem Vorjahr in den analysierten Ländern nur leicht verändert. Weiterhin liegt die Bruttoverdienstbelastung in Österreich, Slowenien und Ungarn bei ca. 34%, wobei Ungarn über die Jahre 2008-2011 eine stark fallende Tendenz aufweist. Ein stärkerer Anstieg der Belastung um mehr als einen Prozentpunkt ist in der Slowakei zu verzeichnen, wobei das Land jedoch weiterhin mit 22,9% eine der niedrigsten Belastungsquoten in der Region aufweist.
Höchste Belastung des Faktors Arbeit durch Steuern und Sozialabgaben in Ungarn und Österreich
Die Gesamtbelastung des Faktors Arbeit (Löhne und Lohnnebenkosten) ist in Österreich mit 49,1% vergleichsweise hoch, d.h. die Arbeitnehmer erhalten nur rund die Hälfte der von den Arbeitgebern getragenen Kosten tatsächlich ausbezahlt. Eine gleich hohe Belastung des Faktors Arbeit weist in der Gruppe der analysierten Länder nur Ungarn auf. Hier beträgt sie im Jahr 2011 49,0%. Ein leichtes Absinken der Belastung der Arbeitskosten seit 2000 auf 45% ist in Slowenien zu verzeichnen, ebenso in Kroatien auf 40,9%. In Rumänien ist seit 2000 eine fallende Gesamtbelastung des Faktors Arbeit auf 42,7% durch ein starkes Absenken der Arbeitnehmerbeiträge ausgelöst worden.
Unterdurchschnittlich ist die Gesamtbelastung in Serbien (38%) und in Polen (36,3%), wo es trotz Anstiegs der Lohnsteuern insgesamt zu einem leichten Absinken der Belastung in den letzten 10 Jahren gekommen ist. In Bulgarien ist die Gesamtbelastung des Faktors Arbeit durch Lohnsteuer und Sozialabgaben der Arbeitgeber und Arbeitnehmer in der Gruppe der analysierten Länder mit 33,9% am niedrigsten. Das Niveau ist aufgrund einer bedeutenden Reduktion der Arbeitgeberabgaben zur Sozialversicherung seit 2000 stark gesunken.
"Auch künftig ist in den CEE-Ländern laufend mit weiteren Reformen der Steuer- und Sozialsysteme und damit auch mit Änderungen der Steuerbelastung des Faktors Arbeit zu rechnen. Eine einheitliche Tendenz für alle CEE-Länder gibt es derzeit nicht. In der Tschechischen Republik und auch in Ungarn gibt es zum Beispiel gerade Bestrebungen, die Steuersätze wieder anzuheben, in anderen Ländern werden sie eher tief bleiben", betont Klaus Bauer-Mitterlehner, Partner und CEE-Verantwortlicher bei TPA Horwath.
Insgesamt muss man jedoch darauf hinweisen, dass die zahlreichen jüngsten Reformen der Steuer- und Sozialsysteme auch in der Zukunft zu Änderungen der Steuerbelastung des Faktors Arbeit führen werden (z.B. in der Slowakei, in Ungarn, der Tschechischen Republik usw.). Die Steuer- und Sozialsysteme sind in den meisten CEE-Ländern wesentlich weniger "stabil" als in Österreich. Einen Trend kann man jedoch schon feststellen: "In einer ersten Reaktion auf die Krise wurden in mehreren Ländern die Mehrwertsteuersätze erhöht. Aktuell gibt es Pläne, die Einkommensteuer und die Körperschaftsteuer zu erhöhen." fügt Leopold Kühmayer, Partner und CEE-Verantwortlicher bei TPA Horwath hinzu.
Faktoren: Produktivität, Lohnstückkosten & Wechselkurse
Abgesehen von Löhnen und Lohnnebenkosten (beide zusammen ergeben die Arbeitskosten) und der Steuerbelastung des Faktors Arbeit spielt für die Investitionsentscheidungen und Wettbewerbsfähigkeit eines Landes auch die Produktivität der eingesetzten Arbeitsressourcen eine entscheidende Rolle. Niedrige Arbeitskosten sind in der Regel auch mit niedriger Produktivität gekoppelt; eine vergleichende Analyse muss daher die Lohnstückkosten berücksichtigen.
Die Lohnstückkosten (ULC) in den untersuchten CEE-Ländern sind wesentlich niedriger als in Österreich. Diese sind allerdings 2011 in den meisten CEE-Ländern erneut gestiegen (außer Kroatien, Polen und Slowenien) wobei die Veränderungen vom Jahr 20110 zu 2011 marginal waren. Die untersuchten CEE-Länder sind nach wie vor wettbewerbsfähig, wenn auch die meisten Länder, außer die Slowakei und Slowenien, im Jahr 2011 gegenüber Österreich an Wettbewerbsfähigkeit eingebüßt haben.
Durch den Anstieg der Lohnstückkosten in den meisten Ländern verschlechterte sich in Relation die Wettbewerbsfähigkeit dieser Länder gegenüber Österreich. "Für die kommenden Jahre wird ein erneuter Anstieg der Lohnstückkosten in den CEE-Ländern erwartet (außer Serbien), dieser Anstieg wird steiler als in Österreich sein", fügt Leopold Kühmayer, Partner und CEE-Verantwortlicher bei TPA Horwath, hinzu.
Jene CEE-Länder mit flexiblen Wechselkursen konnten während (2009) und unmittelbar nach der Krise (2010) durch eine Währungsabwertung die produktivitätsbedingten Wettbewerbsverluste bei den Lohn-stückkosten zum Teil kompensieren und größere Jobverluste vermeiden. Dagegen haben CEE-Länder mit fixen Wechselkursen die Beschäftigung stark abgebaut, um Produktivitätsverluste und damit den Anstieg der Lohnstückkosten auszugleichen.
Investorenfreundliche Steuerpolitik
Der Pro-Kopf-Bestand an ausländischen Direktinvestitionen ist 2011 gegenüber 2010 gestiegen. Am meisten in Tschechien und in der Slowakei. Nur in Kroatien und in Ungarn sind die Direktinvestitionen gesunken. Auch die Steuer- und Sozialversicherungsquote (= Gesamtbelastung des Faktors Arbeit in Bezug auf die Gesamtwirtschaft) ist 2010 (letztverfügbare Daten) in Österreich und den meisten CEE-Ländern (außer Rumänien und Slowenien) leicht gesunken.
Ähnlich wie bei den indirekten Steuern zeigt sich auch bei den direkten Steuern wenig Veränderung hinsichtlich ihrer Größe gemessen am BIP sowie ihrer Struktur zwischen den Jahren 2009 und 2010. Folglich ist die Bedeutung der direkten Steuern in Österreich am größten und mit 12,7% leicht höher als der Durchschnitt der EU-27, der 12,4% ausmacht. In den restlichen neun CEE-Ländern ist das Aufkommen an direkten Steuern weit geringer, mit einer Bandbreite von etwas über 8% in Slowenien und Ungarn bis zu den niedrigsten Werten von etwa 5% in Kroatien und Bulgarien.
Signifikante Änderungen gab es nur in Ungarn. Hier sanken zwischen 2009 und 2010 die Einnahmen an direkten Steuern um rund 2 Prozentpunkte (gemessen am BIP), bedingt durch einen starken Rückgang bei den Steuern auf Unternehmensgewinne. Damit ist Ungarn auch mehr oder weniger das einzige Land, in dem es zu einer stärkeren Veränderung in der Struktur der direkten Steuern mit einer wachsenden Bedeutung der Steuern auf persönliches Einkommen und einer sinkenden Bedeutung der Profitsteuern (Steuern auf Einkommen oder Gewinne von Kapitalgesellschaften) kam.
Conclusio
Der Vergleich Österreich - CEE zeigt nach wie vor deutlich: Die Arbeitskosten in Österreich betragen ein Vielfaches von jenen in den untersuchten CEE-Ländern (Bulgarien, Kroatien, Polen, Rumänien, Serbien, Slowakei, Slowenien, Tschechien und Ungarn). Betrachtet man die Relation zwischen Arbeitskosten und Nettoverdiensten, schneidet Österreich am schlechtesten ab, in Bulgarien bleibt netto im Verhältnis am meisten übrig.
Zwischen den verschiedenen Wirtschaftsbranchen gibt es dabei große Einkommensunterschiede - auch in den CEE-Ländern. Nach Branchen betrachtet ist der Spitzenreiter bei den Gehältern durchwegs die Finanz- und Versicherungswirtschaft. Die globale Finanz- und Wirtschaftskrise im Jahr 2009 beeinflusste die gesamtwirtschaftlichen Steuerquoten in den hier behandelten Ländern Mittel- und Osteuropas auf recht unterschiedliche Art und Weise. Während in Serbien, der Tschechischen Republik, Kroatien, Polen, sowie Bulgarien und Rumänien die allgemeine Abgabenquote (i.e. Steuern und Sozialabgaben gemessen am BIP) sank, blieb sie in Ungarn, Slowenien und der Slowakei annähernd konstant, während in Österreich sogar eine leichte Steigerung zu verzeichnen war.
Die Studie
Das wiiw (Wiener Institut für Internationale Wirtschaftsvergleiche) untersuchte in einem internationalen Vergleich
* die Entlohnung und Besteuerung des Faktors Arbeit,
* das Verhältnis der Nettoverdienste zur Kaufkraftparität (KKP)
* die Produktivität und weitere Aspekte der Wettbewerbsfähigkeit sowie
* die Höhe und Zusammensetzung des Steueraufkommens und
* die Abgabenquoten und Abgabenstruktur
in Österreich und neun CEE-Ländern (Bulgarien, Kroatien, Polen, Rumänien, Serbien, Slowakei, Slowenien, Tschechien und Ungarn).
Die Studie wurde im März 2011 erstmalig im Auftrag von TPA Horwath, einem der größten Wirtschaftstreuhandunternehmen in Österreich und CEE, durchgeführt und 2012 um die Kennzahlen aus 2011 bzw. 2010 (zuletzt verfügbare Daten) erweitert.
Zahlen und Fakten zu TPA Horwath
TPA Horwath ist eines der größten Wirtschaftstreuhandunternehmen Österreichs. Neben 11 Standorten in Österreich zählt die TPA Horwath Gruppe 13 Standorte in Bulgarien, Kroatien, Polen, Rumänien, Serbien, Slowakei, Slowenien, Tschechien und Ungarn. Insgesamt beschäftigt die TPA Horwath Gruppe zirka 1.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
Seit 1995 ist TPA Horwath Mitglied von Crowe Horwath International, einer weltweiten Vereinigung von selbständigen und unabhängigen Steuerberatern, Wirtschaftsprüfern und Unternehmensberatern. Das Kompetenznetzwerk umfasst 167 Mitgliedsfirmen mit 650 Standorten in über 100 Ländern und zählt zu den "Top Ten" der weltweit tätigen Beratungsnetzwerke.
Rückfragehinweis:
Für weitere Informationen kontaktieren Sie bitte Isabell Elias, MAS BSc Bakk., Pressesprecherin, Tel. (01) 588 35-217, isabell.elias@tpa-horwath.com
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