pts20150421014 Forschung/Entwicklung, Produkte/Innovationen

Andreas Manz als Finalist für Europäischen Erfinderpreis 2015 nominiert

"Labor auf einem Chip" revolutioniert Arzneimittelforschung nachhaltig


München/Zürich (pts014/21.04.2015/10:30) - Europäisches Patentamt (EPA) ehrt den Schweizer Pionier der Mikrofluidik und geistigen Vater der Chiplabor-Technologie mit Nominierung für europäischen Innovationspreis
- Andreas Manz revolutioniert Analysetechnik mit "Labor auf einem Chip"
- Manz ebnet Weg für Miniaturisierung von medizinischen, biologischen und chemischen Analysen
- Weltweite Anwendung in Arzneimittelforschung und zur Prävention von Krankheiten
- EPA-Präsident Battistelli: "Andreas Manz hat sich historische Verdienste um die Chiplabortechnik erworben, die sehr viel schnellere und kostengünstigere Labortests möglich macht."

Der Schweizer Forscher und Erfinder Andreas Manz ist vom Europäischen Patentamt (EPA) für den Europäischen Erfinderpreis 2015 nominiert worden. Er ist einer von drei Finalisten in der Kategorie Lebenswerk. Europas wichtigste Auszeichnung für Innovation wird vom Europäischen Patentamt am 11. Juni in Paris verliehen.

Medizinische, biologische oder chemische Analysen in Millimeter kleinen Mikrolaboren so durchzuführen, dass sie innerhalb von Sekunden Ergebnisse liefern - dank des Erfindungsreichtums des Schweizer Wissenschaftlers Andreas Manz (58, gebürtig aus Rüti, ZH) ist dies heute Realität. Der promovierte Chemiker gilt als Pionier auf dem Forschungsgebiet der Mikrofluidik und geistiger Vater der Chiplabor-Technologie ("Lab-on-a-Chip"), mit der sich Laborprozesse im Miniaturformat auf einem winzigen Träger durchführen lassen.

Manz hat mit seiner Erfindung eine technologische Revolution losgetreten, deren Folgeentwicklungen heute weltweit zum Einsatz kommen, beispielsweise in Forschungseinrichtungen, wo Lab-on-a-Chip-Systeme in der Gen- und Zellanalyse breite Anwendung finden, oder in modernen Glucose-Messeinheiten, die Diabetikern den Alltag erleichtern. Nicht weniger bahnbrechend ist die Nutzung der Technologie für Schnelltests zur Prävention von Erbkrankheiten per USB-Stick.

"Andreas Manz hat dank seines Ideenreichtums den Weg für einen tiefgreifenden technischen Fortschritt geebnet", sagte EPA-Präsident Benoît Battistelli bei der Bekanntgabe der Finalisten für den Europäischen Erfinderpreis 2015. "Er hat entscheidenden Anteil daran, dass wir heute immer mehr Anwendungen nutzen können, die Krankheiten schneller und kostengünstiger erkennen. Dadurch ergeben sich ganz neue Möglichkeiten für die frühzeitige Therapie und Prävention von Erkrankungen."

Von der Fliege zum Mikrolabor
Bereits in seiner Kindheit war der Chemiker davon fasziniert, wie die Natur im mikroskopisch kleinen Bereich ein größtmögliches Maß an Effizienz erreicht: Das komplexe Verhaltensrepertoire sowie Form und Funktion von Insekten begeisterten Manz so sehr, dass er zeitlebens daraus Ideen für Miniatur-Analysesysteme entwickelte. Dabei sah er im Verhalten kleiner Mengen von Flüssigkeit auf engstem Raum (Mikrofluidik) einen Schlüssel zu schnelleren und noch kleineren Anwendungen.

Das akademische Fundament für die Umsetzung dieses Grundgedankens legte Manz während seines Chemiestudiums an der ETH Zürich. Der technologische Durchbruch gelang ihm, nachdem er seinen Doktortitel abgeschlossen und als Forscher bei Ciba-Geigy (heute Novartis) begonnen hatte, wo er 1990 das erste miniaturisierte Gesamtanalysesystem (TAS) entwickelte.

Seinerzeit bedeutete dies eine technologische Sensation, denn auf dem nur wenige Millimeter großen "Chiplabor", für welches Manz bereits existierende Mikrochiptechnik aus der Mikroelektronik mit chemischen Trenn-und Nachweisverfahren (Elektrophorese, Fluoreszenz) verbunden hatte, war erstmals eine ganze Sequenz von Laborprozessen auf einem Chip untergebracht. Mit Hilfe des Geräts ließ sich beispielsweise ein kleiner Tropfen Blut in Sekundenschnelle analysieren - ein zuvor undenkbarer Schritt. Heute gewinnt man dank der Manz'schen Innovation Informationen aus medizinischen oder biochemischen Analysen bereits 100mal schneller als zuvor, künftig erscheint sogar der Faktor 10 000 möglich.

Das Chiplabor (Lab-on-a-chip) des Schweizers gilt inzwischen als Synonym für die fortschreitende Miniaturisierung von Analyse-Systemen und Mikrochips mit integrierten Pumpen, Ventilen und Kanälen. Dem Markt der Chiplabortechnologie wird laut einem Marktbericht von 2011 ein Volumen von 7,8 Milliarden Euro bis 2016 prognostiziert. Einem Bericht von 2014 zufolge wird dieser Markt zwischen 2014 und 2019 um 18 Prozent wachsen.

Kleinformatige Analysegeräte für Regionen ohne medizinische Infrastruktur
Die Mikrolabortechnik hat das Potential, in Gegenden mit geringen medizinischen Ressourcen und schlecht ausgestatteten Kliniken schnelle Point-of-Care-Diagnosen vor Ort zu ermöglichen. Diese könnten Millionen von Menschen das Leben retten, weil sich mit ihrer Hilfe Pandemien oder Volkskrankheiten frühzeitig und sogar präventiv bekämpfen ließen. Auf Grundlage der Manz'schen Technologie befinden sich gegenwärtig zum Beispiel Mikrosysteme für die Frühdiagnose von HIV-Infektionen, Malaria, dem Dengue-Fieber oder Erbkrankheiten in der Entwicklung.

Schillernder Erfinder und Forscher
Manz, heute Mitarbeiter des Korea Institute of Science and Technology in Saarbrücken (KIST Europe) und Professor an der Universität des Saarlandes, blickt auf eine lange Karriere als Forscher zurück: Nach Stationen im Forschungslabor von Hitachi in Japan und der Tätigkeit bei Ciba-Geigy nahm er eine Professur am Imperial College in London an, wo er das Zeneca-SmithKline Beecham Centre for Analytical Chemistry leitete. Im Jahr 2003 wechselte Manz nach Deutschland und leitete bis 2008 das Deutsche Institut für analytische Wissenschaften (ISAS) in Dortmund. Sein Erfindungsreichtum ist in rund 40 Patenten dokumentiert.

Über das EPA
Das Europäische Patentamt (EPA) ist mit rund 7 000 Mitarbeitern eine der größten europäischen Einrichtungen des öffentlichen Dienstes. Der Hauptsitz ist in München; Niederlassungen gibt es in Berlin, Brüssel, Den Haag und Wien. Das EPA wurde gegründet, um die Zusammenarbeit europäischer Staaten im Patentwesen zu fördern. Über das zentrale Erteilungsverfahren beim EPA können Erfinder mittels einer einzigen europäischen Patentanmeldung Patentschutz in einigen oder allen EPA-Mitgliedsstaaten erlangen.

http://www.epo.org/learning-events/european-inventor.html

Kontakt:
Rainer Osterwalder
Pressesprecher
Europäisches Patentamt
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