Kritische Fotografie auf der photo::vienna 2015
Nur wenige Fotokünstler wagen sich an die Beschäftigung mit schmerzhaften Themen
Wien (pts016/16.10.2015/15:00) Schöne Landschaften, bunte Detailaufnahmen, hübsche Menschen oder höchstens mal vom Leben gezeichnete Charakterköpfe. Selten wird mehr von Fotografie verlangt. Wirkliche Konzeptarbeiten werden selten präsentiert. Auch auf der diesjährigen photo::vienna im MAK (Museum für angewandte Kunst in Wien). Ethik pro Austria hat sich auf die Suche nach Ausnahmen gemacht, die die (wichtige) Beschäftigung mit dem aktuellen Asylantenthema oder die Aufarbeitung des täglichen oder geschichtlichen Grauens zum Thema haben. Interessant - zwei Fotografen widmen sich auf ganz unterschiedliche Weise dem Thema Mauthausen. Einer davon ist Alois Gmeiner http://www.ideenmanufaktur.info , der seine Fotoarbeiten aus dem KZ, sehr provokant auf simplen weißen T-Shirts präsentiert.
Die Idee hinter dieser Arbeit: Konsumation des Grauens! Kann Grauen, Leid, Entbehrung visualisiert werden? Die klare Antwort von Gmeiner: "Nein, natürlich nicht, dennoch muss sich die Kunst gerade mit diesen Themen stärker auseinandersetzen. Die Beschäftigung mit Ethik und Moral ist wichtig. Die Medien machen das Leid von Menschen viel zu einfach konsumierbar. Wir sehen die Fotos von KZs, die Köpfungen der IS oder einen LKW mit 71 Leichen neben einer Autobahn, und auf der nächsten Seite der Zeitung kommen wieder lustige Promi-News, ein Gewinnspiel oder das Kreuzworträtsel. Ich will, dass sich meine Betrachter mit dem Thema näher beschäftigen, irritiert sind und die Fotomotive durch die ungewöhnliche Präsentationsform neu interpretieren."
Die Fotos von Gmeiner zeigen Orte des Schreckens im KZ Mauthausen. Gmeiner: "Das ehemalige Konzentrationslager in Mauthausen ist Synonym für diese Konsumation von Grauen. Es ist kaum zu fassen, aber im Internet gibt es viele Selfies von Menschen, die sich lächelnd vor den Häftlings-Baracken fotografieren und mit launigen Kommentaren auf Facebook posten. Mauthausen wird heute von hunderttausenden Besuchern konsumiert und ist damit nichts weiter, als eine der vielen touristischen Sehenswürdigkeit, wie viele andere Sightseeinghotspots auf dieser Welt."
Für Gmeiner sind Gedenkstätten wie Mauthausen bereits totfotografiert. Der ehemalige Ort des Schreckens für Hunderttausende ist nur noch eine leere Hülle für die Projektionen seiner Besucher. Und Urlaubsziel auf dem Weg von Salzburg nach Wien. "Es ist eigentlich ein Wahnsinn, aber es gibt natürlich auch einen Museumsshop in Mauthausen. Aus Pietätsgründen natürlich fast kitschlos, aber dennoch - touristischer Konsum nach dem Besuch der Gedenkstätte - muss schon sein." Gmeiner hat genau diese Frage umgetrieben. Wie kann man als Fotograf beim Thema KZ noch Betroffenheit oder gar Nachdenken und Reflektieren auslösen? Fakt ist: Fotos können heute nur noch selten schockieren, aber niemals geben Fotografien oder auch Videos, die Realität des Erlebten, des Grauens wieder. Sie sollen und können aber zum Nachdenken anregen. Genau das will Gmeiner mit seinen Fotoarbeiten erreichen.
KZ Schreckensorte auf T-Shirts!
Die Fotos von Gmeiner zeigen wahre Schreckensorte aus Mauthausen: den Galgenraum, die Genickschussecke, den Leichenraum, den Appellplatz, das Krematorium. Dennoch - eigentlich ist nicht Schreckliches zu sehen - es sind einfach nur Mauern oder eine Ecke mit Holzvertäfelung. Gmeiner: "Erst das Rezipieren des Foto-Titels in Bezug von Fotomotiv zur Präsentation auf den T-Shirts verwirrt die Betrachter. Die Konsequenz: Man betrachtet erneut und beschäftigt sich daher länger mit der Fotografie und - wie ich hoffe, auch mit dem Thema." Gmeiner hat ganz bewusst nur Fotos ausgewählt, die auf den ersten Blick "nichts" explizit Grauenvolles erkennen lassen. Da diese Fotos aber andererseits auf einem Trägermaterial präsentiert werden, das so ganz und gar banal und alltäglich daherkommt und eigentlich meistens mit lustigen oder zumindest schönen Motiven bedruckt ist, ergibt sich daraus eine Irritation beim Betrachter. Aber erst in dem Moment, wenn Titel, Fotografie und Präsentation im Kopf des Betrachters in Einklang gebracht werden.
Aus ethisch moralischer Sicht braucht es gerade in unserer heutigen Zeit mehr Kunst, die Diskussion auslöst, aneckt und unser aller Weltbild in Frage stellt. Ein Besuch der Ausstellung ist aber dennoch sehr empfehlenswert! http://www.photovienna.at
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